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Kontroverse

GAP-Bewertung entfacht Clinch zwischen BMEL und grünen Europaabgeordneten

BMEL versucht sich in Erklärungsversuchen zur GAP. Wie definiert man einen "Systemwechsel"? Deutungsversuche aus grüner und scharzer Sicht wenig überzeugend

Lesezeit: 6 Minuten

Bei dem Versuch die Deutungshoheit und Einordnung der Einigung unter den EU-Agrarministern und den Abstimmungen im EU-Parlament zur GAP in den Medien zu beeinflussen, ist eine offene Fehde zwischen dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) und der grünen Fraktion im Europäischen Parlament (EP) entbrannt.

An alle Korrespondenten in Berlin und Brüssel sowie Agrarjournalisten in der Republik versandte die BMEL-Pressestelle am Donnerstagnachmittag eine Pressemitteilung der besonderen Art.

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Anstatt facts & figures wie üblich darzubieten, wartete die Kommunikationsabteilung von Bundesministerin Julia Klöckner mit Meinungen und Kommentaren auf.

Mit einer persönlichen Einleitung kommt die Presseaussendung konvivial daher:

"Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Debatte um die Einigung des EU-Agrarrats zur Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik bekommen Sie mit. Es ist ein Systemwechsel, der hier unter deutscher Ratspräsidentschaft beschlossen wurde."

In der Presseverlautbarung heißt es dann einführend: "Gerade, wenn es um die so genannten Direktzahlungen (1. Säule) und deren Bindung an Umweltleistungen geht, kommt in der öffentlichen Debatte aber ein Aspekt zur kurz: In der neuen Förderperiode der GAP wird es keine Leistungen mehr ohne Gegenleistung geben:"

Und dann folgt die "line to take" für die Medien, wie es im Fachjargon heißt:

"Zur Erläuterung finden Sie folgend Informationen, die Sie gerne verwenden können:" Im Einzelnen heißt es dort:

BMEL: "Warum Systemwechsel?"

⦁ Alle Direktzahlungen der ersten Säule sind zukünftig an die Umsetzung von Umwelt- und Klimaleistungen geknüpft.

⦁ Allein der Besitz von Fläche berechtigt nicht zum Bezug von Direktzahlungen.

⦁ Es gibt keine Leistung mehr ohne Gegenleistung.

⦁ Beispiele von Umwelt- und Klimaauflagen, die der Landwirt zum Erhalt von Direktzahlungen erfüllen muss: Erhalt Dauergrünland, Bewirtschaftungsauflagen zum Schutz von Feuchtgebieten und Moorflächen, Anlage von Brachflächen und Schutz von Landschaftselementen zur Sicherung der Biodiversität

Diese Sicht der Dinge wollten die Grünen im EU-Parlament so nicht stehen lassen und warteten ihrerseit am Freitag noch vor den Parlamentsabstimmungen zur GAP mir ihrer Sicht der Dinge auf und antworteten im direkten Dialog auf die BMEL-Aussendung wie folgt.

Martin Häusling" Behauptungen vom Systemwechsel unklar und halbgenau"

In der vom Büro des agrarpolitischen Sprechers der Grünen im EU-Parlament, Martin Häusling, versandten mail an die Medien heißt es im Prolog:

"Das BMEL sendet aktuell ein Schreiben herum, das die Behauptung des Systemwechsels untermauern soll. Dabei wird vieles nur unklar und halbgenau dargelegt. Wir haben uns die Mühe gemacht und mal ein paar Fakten zusammengestellt. Und dann folgt der grüne "Faktencheck" aufgelistet im Namen von Martin Häusling:

"Fakt ist: Auch aktuell müssen alle Landwirte verpflichtend Greening-Auflagen einhalten und zwar auf der ganzen Fläche. Bis zu 30% der Gelder können abgezogen werden, wenn die Auflagen nicht eingehalten werden u.a. 7% ökologische Vorrangflächen (öVf): Der Vorschlag des Rates für die öVf lautet, soweit bekannt: 5%. Greening: Grünlandschutz; Frucht-Diversifizierung sowie ökologische Vorrangflächen (öVf).

Häusling: "Unterschied zum aktuellen Stand: Künftig können die Betriebe Maßnahmen aus FREIWILLIGEN Eco-Schemes durchführen. Die Länder müssen diese Maßnahmen anbieten. Was das sein wird, steht noch gar nicht genau fest. Der Rat hat nun sogar vereinbart, dass dieses Angebot erst nach 2 Jahren voll greifen soll".

Und dann wieder die BMEL-Auflistung mit der Einlassung: "Allein der Besitz von Fläche berechtigt nicht zum Bezug von Direktzahlungen. Es gibt keine Leistung mehr ohne Gegenleistung."

Häusling kontert wie folgt: "Fakt ist: Das ist auch jetzt nicht der Fall. Das hat aber nichts mit Nachhaltigkeitskriterien zu tun. Man muss schon jetzt aktiver Landwirt sein und die oben aufgeführten Leistungen erbringen, um Direktzahlungen zu erhalten.

BMEL: "Jeder Euro aus der Förderung der GAP ist an Auflagen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit gebunden"

Das Bundeslandwirtschaftsministerium erklärt seine Sicht der Dinge zur Konditionalität wie folgt und zieht folgendes Fazit:

"Fazit: Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Säule der GAP gilt: Jeder Euro aus der Förderung der GAP ist an Auflagen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft gebunden.

Martin Häusling: "Das ist schlicht falsch, denn 20% Eco Schemes werden erst in 4 Jahren wirksam"

Dem widerspricht an dieser Stelle der hessische Biobauer und Europabgeordnete vehement: "Das ist schlicht falsch. Wie oben ersichtlich, sind es bei den Direktzahlungen höchstens 20 % der Gelder, das erst nach 2 weiteren Jahren (also nach der Verschiebung, das macht insgesamt 4 Jahre) und auch das nur freiwillig.

Außerdem wurden die Ziele der Biodiversitäts-Strategie und der Farm to Fork Strategie nicht mit in den Ratsbeschluss einbezogen: 50% weniger Pestizide, 20% weniger Nährstoffverluste; 50% weniger Antibiotikaeinsatz."

Sven Giegold: "Eco Schemes kommen bisher als Black Box daher"

In einer Web-Pressekonferenz legten die grünen Europaabgeordneten Sven Giegold und Martin Häusling am Freitagnachmittag während der Auszählungen zu den GAP-Abstimmungen im Parlament nach.

Ihre Kritik richtete sich insbesondere auf den Umstand, dass der von der Von der Leyen-Kommission als zentrale politische Ausrichtung ihres fünfjährigen Mandats proklamierte Green Deal keine Berücksichtigung finde. Dieser Green Deal mit den für die europäiche Landwirtschaft betreffenden Strategien "Farm to Fork und zur Biodiversität fänden im EU-Agrarrat und in den Mehrheitsvoten des EU-Parlaments in dieser Woche keine Berücksichtigung.

"In den Kompromissen von Rat und Parlament sind die Leitlinien des Green Deal nicht eingearbeitet, sagte der Grünenabgeordnete Sven Giegold.

Rund ein Dutzend von den Grünen in die Parlamentsabstimmungen zur GAP eingebrachten Änderungseinträge zur Verlinkung von GAP-Reform und Green Deal seien von den Mehrheitsverhältnissen abgeschmettert worden. "Die Eco Schemes kommen bisher als Black Box daher", so Giegold.

"Die gefaßten Beschlüsse zur GAP sind das Gegenteil von Green Deal und zementieren sieben weitere Jahre Verlust an Artenschutz zulasten von Klimaschutz und Biodiversität", so Giegold. Der grüne Finanzexperte resümierte das Freitagsabstimmungsarathon pessimistisch: "Der heutige Tag ist ein ganz schwarzer Tag für Europa".

Der agrarpolitische Sprecher der Fraktion Martin Häusling zeigte sich persönlich enttäuscht von den sozialdemokratischen EU-Abgeordneten. Sie hätten durch ihren "Seitenwechsel" Mehrheiten von grünen Anträgen zunichte gemacht.

Martin Häusling: "Die Landwirtschaft hat eine Gesamtverantwortung für die Umwelt"

Aber Häusling will die Hoffnung dennoch nicht sinken lassen und erwartet von der EU-Kommission noch im Trilogverfahren die Wende zum Besseren: "Die Landwirtschaft hat eine Gesamtverantwortung für die Umwelt. Wir haben noch großen Spielraum bei der Umschichtung der Gelder zwischen 2. und 1. Säule".

Dies habe letztlich die EU-Kommission in ihren Händen bei der Überprüfung der nationalen Umsetzungspläne. Und auch den einzelnen Mitgliedstaaten würden mit der neuen Flexibiltät Spielräume für Nachhaltigkeit verschafft, die es zu nutzen gelte, so Häusling.

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