Nach Ansicht des Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH), Prof. Nils Wahl, können landwirtschaftliche Erzeugerorganisationen und ihre Vereinigungen durchaus Kartellverstöße begehen, die dem EU-Recht widersprechen.
In seinen Schlussanträgen am vergangenen Donnerstag wies Wahl darauf hin, dass dies dann gelte, wenn zwischen Erzeugerorganisationen und anderen Akteuren des Marktes Absprachen über den Preis oder die auf den Markt gebrachten Mengen getroffen oder Informationen ausgetauscht würden. Es sei das Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), den Erzeugerorganisationen besondere Rechte einzuräumen, um etwa die Produktionskosten zu drosseln oder eine nachfragegerechte Erzeugung sicherzustellen, erklärte der Generalanwalt.
Zudem komme ihnen bei der Bündelung des Angebots der Erzeugnisse ihrer Mitglieder eine Schlüsselrolle zu. Allerdings dürfe es zu solchen Aktivitäten, wie etwa Preisabsprachen, nur innerhalb der Organisationen kommen und nicht zwischen ihnen.
Im aktuellen Fall hatten französische Wettbewerbsbehörden im Jahr 2007 im Sektor der Erzeugung und Vermarktung von Chicorée aus ihrer Sicht kartellrechtswidrige Aktivitäten zwischen Erzeugerorganisationen aufgedeckt. Gegen die Beteiligten war eine Geldbuße in Höhe von etwa 4 Mio Euro festgesetzt worden. Die Betroffenen fochten dies jedoch an und argumentierten, es sei ihre Aufgabe, eine nachfragegerechte Erzeugung sicherzustellen und dafür die Erzeugerpreise zu regulieren.
Der mit der Sache befasste Cour de Cassation hatte den Europäischen Gerichtshof um Klarstellungen zu dieser Frage ersucht. Die Schlussanträge des Generalanwalts sind für die Richter bekanntlich nicht bindend. Allerdings folgen diese häufig den Auffassungen des Generalanwalts.