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IAMO

Gesellschaftliche Verantwortung in der Landwirtschaft – wo stehen wir?

Per Onlineumfrage hat das IAMO ermittelt, wie ernst es den Bauernangesicht der öffentlichen Debatten mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung ist. In welchen Bereichen sind sie freiwillig aktiv?

Lesezeit: 5 Minuten

Unsere Autoren: Franziska Schaft, Stephan Brosig Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO)

Die Landwirtschaft muss sich seit geraumer Zeit in der öffentlichen Diskussion mit kritischen Fragen auseinandersetzen. Dabei fallen Begriffe wie Höfesterben, Vormarsch industrieller Produktionsformen, Verödung von Agrarlandschaften und ländlicher Räume, Verlust von Artenvielfalt, Tierwohldefizite, Düngeprobleme oder Treibhausgasemissionen.

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Hinter diesen Fragen verbirgt sich zunehmend auch die Forderung von Bürgern und Verbrauchern nach einem unternehmerischen Handeln, das soziale und ökologische Aspekte zum Nutzen der Gesellschaft ebenso im Blick hat, wie die eigene Rentabilität.

Diese Forderung nach einer stärkeren Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung richtet sich an Unternehmen aus allen Bereichen der Wirtschaft. Ein „Mehr“ an verantwortungsvollem Handeln und gesellschaftlichen Leistungen wird aber vor allem von der Landwirtschaft verlangt, weil sie einerseits unmittelbar auf Boden, Wasser, Luft, Artenvielfalt und Landschaft einwirkt und andererseits erhebliche staatliche Fördermittel erhält.

Umgekehrt wird seitens vieler Vertreter der Landwirtschaft darauf verwiesen, dass landwirtschaftliche Betriebe traditionell freiwillig soziale und gesellschaftliche Aufgaben im ländlichen Raum wahrnehmen und im Rahmen der guten landwirtschaftlichen Praxis ohnehin einer nachhaltigen Wirtschaftsweise verpflichtet sind.

Wie ernst ist es angesichts des skizzierten gesellschaftlichen Wertwandels und der anhaltend hitzigen öffentlichen Debatten den Landwirtinnen und Landwirten mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung? In welchen Bereichen sind sie freiwillig aktiv und warum? Dazu wurde im Spätsommer 2017 eine Onlinebefragung unter deutschen Landwirten durchgeführt über deren Ergebnisse jetzt in einem Beitrag in Berichte über Landwirtschaft berichtet wird.

Wie in Abbildung 1 illustriert, wurde anhand von Beispielen aus acht Handlungsfeldern abgefragt, welche Gemeinwohl-Maßnahmen auf den Betrieben durchgeführt werden. Es ging um freiwillige Maßnahmen, zu denen die Betriebe nicht im Rahmen des Fachrechtes bzw. der Cross Compliance verpflichtet sind und deren Erbringung nicht zwingende Voraussetzung für den Erhalt von Betriebsprämien im Rahmen der ersten Säule der GAP ist.

Zu beachten ist: Die Ergebnisse spiegeln die Selbsteinschätzung des Engagements von 206 Landwirten zu ihrem freiwilligen Engagement anhand beispielhafter Maßnahmen. Es können daraus keine Schlussfolgerungen über tatsächlichen Umfang, Qualität und Nutzen der Aktivitäten oder gar Rückschlüsse auf die Gesamtheit der Landwirtschaft gezogen werden.

Definiert man für jedes Handlungsfeld Größenklassen der Handlungsvielfalt, „wenige Maßnahmen“ „mittel viele Maßnahmen“ und „viele Maßnahmen“, stellt sich die Verteilung der Engagementsstufen wie in Abb. 1 illustriert dar. Dabei beziehen sich die Prozentangaben immer auf die Anzahl der Betriebe, für die die Maßnahmen des betreffenden Handlungsfelds grundsätzlich überhaupt infrage kommen. Die Maßnahmenvielfalt im Bereich „Tierwohl“ ist also z.B. auf die Verbreitung unter den 160 Tierhaltern bezogen.

In allen Handlungsbereichen gibt eine deutliche Mehrheit an, dass ihr Unternehmen freiwillige gesellschaftliche Leistungen erbringt. Der höchste Anteil engagiert sich im Handlungsfeld „Tierwohl“: 93% der nutzierhaltenden Betriebe geben an, mehr für das Tierwohl zu tun, als vorgeschrieben ist. Hier ist auch eine besondere Vielfalt von Maßnahmen, wie z.B. bessere Haltungsbedingungen und schonende Tiertransporte, zu beobachten. 45% der hier aktiven Betriebe setzen drei oder mehr Aktivitäten (entspr. „viele Maßnahmen“) um, wobei die meisten Betriebe bei den Haltungsbedingungen ansetzen.

Das Tierwohl ist nach der mehrheitlichen Meinung der befragten Landwirte eine Frage des persönlichen Engagements, auch in finanzieller Hinsicht: Die überwiegende Mehrheit (90%) der tierhaltenden Betriebe gibt an, dass öffentliche Zuschüsse die Mehrkosten für freiwillige Tierwohlmaßnahmen nicht bzw. nur teilweise decken, und nur 16% sind der Meinung, dass der Mehraufwand durch verbesserte Abnehmerpreise komplett kompensiert wird.

Auch in den Handlungsfeldern „Mitarbeiterinteressen“ und „Gemeinwesen“ hält die Mehrheit der befragten Unternehmen ein Mehr an Verantwortung für relevant und engagiert sich: 87% der Betriebe mit Fremdarbeitskräften, geben an, bei mindestens einer der abgefragten Maßnahmen in großem oder sehr großem Ausmaß aktiv zu sein.

Am häufigsten wird die Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen, die Zahlung übertariflicher finanzieller Leistungen oder die Ausbildung genannt. Zudem engagieren sich 81% der befragten Betriebe in der Region und Gemeinde. Hier zählen die Übernahme ehrenamtlicher Aufgaben, Mitarbeit im örtlichen Vereinsleben sowie Pflege von Wegen und Straßenräumdienste zu den an den häufigsten genannten Aktivitäten.

Freiwillige Maßnahmen im Handlungsfeld Biodiversität werden in großem Umfang gefördert, wohingegen die Landwirte sich in anderen Bereichen - wie beispielsweise bei der Pflege der Kulturlandschaft (Landschaftselemente) oder beim regionalen sozialen Engagement (Gemeinwesen) - überwiegend auf eigene Kosten beteiligen.

Wichtige Motive für das Engagement der befragten Landwirte sind ein berufsethischer Anspruch, der sich auch in ressourcenschonendem Umgang mit der Produktionsgrundlage widerspiegelt, sowie vor allem die Imagepflege, z.B. gegenüber der der örtlichen Bevölkerung, aber auch der breiten Öffentlichkeit.

Eine Betrachtung der vom einzelnen Betrieb erbrachten Maßnahmenvielfalt im Durchschnitt der acht Handlungsfelder zeigt, dass nahezu alle befragten Landwirte gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen (Abbildung 2). Lediglich zwei der insgesamt 206 Befragten geben an, keine der insgesamt 53 abgefragten freiwilligen Maßnahmen durchzuführen. Das Ausmaß der Aktivitätenvielfalt variiert erheblich; es liegt maximal - nämlich bei drei Betrieben - bei 67% der abgefragten Maßnahmen.

Die Studie liefert keine objektive Messung der zweifellos umfangreichen Leistungen, die die Landwirtschaft freiwillig und vielfach auf eigene Kosten zugunsten der Gesellschaft erbringt. Eine solche Messung ist methodisch kaum zu bewerkstelligen, so wünschenswert sie gerade als Beitrag zur agrarpolitischen Diskussion wäre. Die Arbeit zeigt aber exemplarisch eine Verbreitung gesellschaftlich verantwortungsbewusster landwirtschaftlicher Tätigkeit auf, die in einer ausgewogenen Diskussion nicht übersehen werden darf.

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