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Große Nachfrage nach Schulungen für Nebenerwerbslandwirtschaft

Etliche Bundesländer bieten spezielle Kurse für Nebenerwerbslandwirte an. Die Nachfrage ist riesig, auch weil man im Anschluss die Abschlussprüfung zum Landwirt nachholen kann.

Lesezeit: 8 Minuten

Mittwochabend 19 Uhr. Ein Raum des Bildungszentrums für Gartenbau und Landwirtschaft der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (NRW) ist noch hell erleuchtet. Hier sitzen 30 Zuhörer im Alter von 25 bis 60 Jahren und lauschen gebannt, was Erwin Köster zu sagen hat.

Sie absolvieren den Kurs für Nebenerwerbslandwirte. „Immer mehr Landwirte führen ihren Betrieb im Nebenerwerb. Diese wollen wir mit dem Kurs abholen“, sagt Erwin Köster.

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Von den Teilnehmern des letzten Lehrgangs bewirtschaftet etwa die Hälfte den Betrieb im Nebenerwerb, ein Viertel im Haupterwerb, die restlichen haben keinen Betrieb zu Hause. „Die Motivation ist bei allen Teilnehmern hoch. Einige fahren bis zu zwei Stunden, um mitzumachen“, erzählt der Dozent.

Kurse für Nebenerwerbler und Quereinsteiger

Um Quereinsteiger und Nebenerwerbslandwirte auf das Führen eines Betriebes vorzubereiten, bieten mehrere Bundesländer diese Kurse an, unter anderem Niedersachsen, NRW, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern.

Die Kurse finden in der Regel in den Winterhalbjahren von September bis März an einem Abend in der Woche statt. Die stressige Erntezeit mit ihren Abeitsspitzen wird dabei bewusst ausgelassen, um die Nebenerwerbler zu entlasten. In Niedersachsen gibt es sogar einen Kurs, der einen Winter lang drei Monate in Vollzeit geht.

In Bayern laufen die Kurse für Nebenerwerbslandwirte und Quereinsteiger unter der Bezeichnung „Bildungsprogramm Landwirt“ (BiLa). Die Kurse werden von allen 32 Landwirtschaftsämtern im Freistaat angeboten. Die Module sind frei wählbar und laufen je nach Nachfrage der Teilnehmer ein oder zwei Jahre. Dazu gehören auch die jeweils einwöchigen Tierhaltungs- und Landtechnik-Lehrgänge.

Fachkraft für Landwirtschaft

In Baden-Württemberg bieten vorwiegend die landwirtschaftlichen Berufsfachschulen Ergänzungsangebote für Nebenerwerbslandwirte an. Voraussetzung für die Teilnahme ist ein abgeschlossener Berufsabschluss. Der Unterricht umfasst mindestens 600 Unterrichtsstunden, die vor allem abends und an den Wochenenden stattfinden. Der gesamte Kurs dauert in der Regel eineinhalb Jahre und endet mit der Prüfung zur Fachkraft für Landwirtschaft.

In einigen Landkreisen im Norden und Osten Baden-Württembergs bieten auch die Fachschulen der unteren Landwirtschaftsbehörden Kurse an, mit denen man sich zur Fachkraft für Nebenerwerbslandwirtschaft qualifizieren kann.

In Hessen finden die entsprechenden Kurse ausschließlich an den vier landwirtschaftlichen Fachschulen statt, und zwar jeweils in zwei Winterhalbjahren. In NRW gibt es zurzeit zwei Kurse mit je 30 Teilnehmern für landwirtschaftliche Quereinsteiger.

Produktionstechnik und Betriebsführung

Sich fachliches Wissen anzueignen und die Fähigkeit zu erlangen, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, ist für die meisten Teilnehmer das entscheidende Motiv, die entsprechenden Kurse zu belegen.

Die Inhalte der Qualifizierung sind in allen Bundesländern weitgehend identisch. Die Teilnehmer lernen zum einen die Grundlagen in der Tier- und Pflanzenproduktion, wobei überbetriebliche Lehrgänge in der Tierhaltung in einigen Fällen verpflichtend sind, ansonsten freiwillig besucht werden können. Hinzu kommen soziale und rechtliche sowie förderrechtliche Aspekte, die wichtig für die Betriebsführung sind.

Mit dem Kurs erwerben die Teilnehmer je nach Bundesland auch Sachkundenachweise, zum Beispiel für den Pflanzenschutz oder für das Halten und Töten von Tieren.

In NRW kommt der Qualifizierung noch aus einem anderen Grund eine große Bedeutung zu. „Wer den Kurs absolviert, bekommt ein Abschlusszertifikat, das die erfolgreiche Teilnahme bescheinigt. Dieses Zertifikat kann im Erbfall beim Landwirtschaftsgericht hilfreich sein bei der Frage, welcher Erbe wirtschaftsfähig im Sinne der Höfeordnung ist“, erläutert Dozent Köster.

Eva Krug, Christian Klosterkamp sowie ihr Mitschüler Stefan Belting besuchten den letzten Kurs in Münster. Sie sind sich einig, dass der Kurs ihnen auch im Umgang mit Verbrauchern und Kritikern weiterhilft. „Wir sind als Nebenerwerbler die Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern, weil wir außerhalb der Landwirtschaft mit vielen Leuten in Kontakt kommen“, sagt Stefan Belting.

Berufsabschluss ist möglich

Unter bestimmten Voraussetzungen sind die Teilnehmer der Nebenerwerbskurse berechtigt, an der Abschlussprüfung für den Beruf Landwirt teilzunehmen. Die Voraussetzungen, um zur Prüfung zugelassen zu werden, unterscheiden sich in den Bundesländern in einigen Details.

Von dieser Möglichkeit machen viele Kursteilnehmer Gebrauch. „2021 kamen allein 371 Bewerber für den Berufsabschluss Landwirt aus BiLa-Kursen und 322 haben die Prüfung erfolgreich abgeschlossen“, sagt Reiner Luber vom Referat Bildung im bayerischen Landwirtschaftsministerium.

In NRW und Niedersachsen absolvieren mehr als die Hälfte der Teilnehmer der Kurse für Nebenerwerbler auch die Abschlussprüfung zum Landwirt, in Hessen sogar 90%.

Das Interesse an den Kursen für Nebenerwerbslandwirte ist in allen Bundesländern, die sie anbieten, hoch. „Die Nachfrage übersteigt das Angebot in manchen Regionen um ein Vielfaches, sodass Wartelisten geführt werden müssen“, heißt es zum Beispiel aus dem Landwirtschaftsministerium in Stuttgart.

Das liegt zum einen daran, dass der Anteil an Nebenerwerbsbetrieben in manchen Regionen, wie etwa in Baden-Württemberg, hoch ist. Zum anderen werden viele dieser Betriebe stabil geführt: „Wir dachten, dass bei der Übergabe der Nebenerwerbsbetriebe die nächste Generation die Landwirtschaft aufgibt. Sie führt sie aber sehr oft im Nebenerwerb weiter“, sagt der Gebietsleiter der Fachschulen in Hessen, Martin Grenzebach. Zudem schreitet der Strukturwandel voran, sodass weiterhin viele Vollerwerbsbetriebe in den Nebenerwerb wechseln.

Der Run auf die Ausbildung für Nebenerwerbsbetriebe könnte sogar noch zunehmen, weil die Junglandwirte-Förderung im Rahmen der GAP ab 2023 deutlich ansteigt, aber an strengere Bedingungen geknüpft wird.

Wer keinen landwirtschaftlichen Berufsabschluss hat, muss nachweisen, dass er an agrarwirtschaftlichen Bildungsmaßnahmen von mindestens 300 Stunden teilgenommen hat, es sei denn, er war mindestens zwei Jahre auf einem oder mehreren landwirtschaftlichen Betrieben tätig. Letzteres ist über Arbeits- oder Gesellschaftsverträge nachzuweisen.

Zu wenig Dozenten

Wegen der hohen Nachfrage wollen die hessischen Fachschullehrer das Konzept der Kurse überarbeiten, um noch mehr Interessenten unterzubringen. Das Problem ist vor allem der Mangel an Dozenten: „Für unsere Fachschullehrer sind die Kurse neben dem Tagesgeschäft regelmäßig Überstunden. Wir prüfen, ob wir daher noch jemanden für die Kurse einstellen können“, so Fachschullehrer Grenzebach.

Auch in Nordrhein-Westfalen ist die Nachfrage höher als das Angebot. „Wegen der starken Nachfrage könnten in NRW noch mehr Kurse zustande kommen. Vermutlich fehlen hier auch die Dozenten dafür“, nimmt Erwin Köster, der selbst pensionierter Berufsschullehrer ist, an.

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Behörde bestimmt über Voraussetzungen

Für die landwirtschaftliche Ausbildung gilt, wie für andere Berufsausbildungen, das Berufsbildungsgesetz. Dieses regelt u.a., wer die Abschlussprüfung absolvieren darf. Nach §45 Abs. 2 dürfen auch Quereinsteiger teilnehmen, die keine Ausbildung in dem Beruf durchlaufen haben. Sie müssen aber nachweisen, dass sie die eineinhalbfache Zeit, die in der Ausbildungsdauer vorgeschrieben ist, in dem Beruf gearbeitet haben.

Die landwirtschaftliche Ausbildung dauert in der Regel drei Jahre, sodass die Quereinsteiger viereinhalb Jahre in Vollzeit (40 Stunden-Woche) als Landwirt gearbeitet haben müssen.

Sind die Bewerber nebenberuflich in der Landwirtschaft tätig, verlängert sich die vorgeschriebene Praxiszeit entsprechend. Wer beispielsweise 20 Stunden in der Woche auf dem Betrieb leistet, hat erst nach neun Jahren Praxiserfahrung die Voraussetzung erfüllt. Das Gesetz gibt zwar eine grobe Praxiszeit vor, doch ob ein Bewerber zur Prüfung zugelassen wird, entscheiden die Bundesländer selbst. Denn das Gesetz regelt auch, dass die prüfende Behörde (Landwirtschaftskammer, Landesbetrieb, Landwirtschaftsamt etc.) von der Mindestzeit absehen kann, wenn der Prüfling durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft machen kann, dass er die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat.

So rechnen einige Bundesländer die Kurse für Quereinsteiger auf die Praxiszeit an: In Hessen zu einem Drittel der Praxiszeit, in Niedersachsen fällt ein Jahr Vollzeit-Praxis weg. Ebenfalls erkennen in Hessen und Niedersachsen der Landesbetrieb bzw. die Landwirtschaftskammer zum Teil auch Praxiszeiten während des Studiums an. „Diese müssen aber plausibel sein. Wer in München studiert, kann keine Praxiszeiten unter der Woche in Hessen absolvieren“, erklärt Fachschullehrer Martin Grenzebach. NRW dagegen rechnet in der Regel keine Praxiszeiten an, die Quereinsteiger während einer anderen Ausbildungsphase, wie in der Schulzeit, einer anderen Ausbildung oder dem Studium, geleistet haben.

In Bayern müssen die Teilnehmer der BiLa-Kurse einen außerlandwirtschaftlichen Berufsabschluss und mindestens 48 Monate landwirtschaftliche Berufspraxis seit dem ersten Berufsabschluss nachweisen. Außerdem müssen sie die entsprechenden Pflichtmodule (230 Stunden) belegen und am einwöchigen Tierhaltungslehrgang teilnehmen.

Unterschiedliche Anforderungen für die Zulassung zur Prüfung haben die Bundesländer auch an die Betriebe der Nebenerwerbler. Einig sind sie sich, dass es keine Hobbylandwirtschaft sein darf und die Betriebsleiter die Absicht haben, Gewinne zu erzielen. Ab welcher Grenze das gilt, regeln die Bundesländer unterschiedlich.

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Kommentar: Angebote schaffen

Die Zahl der Nebenerwerbslandwirte steigt. Diese arbeiten tagsüber Vollzeit im Beruf, wollen aber trotzdem den Betrieb ordentlich führen. Dafür brauchen sie Fachwissen und Know-how in der Betriebsführung. Der Bedarf an maßgeschneiderten Fortbildungsmöglichkeiten für Nebenerwerbler ist daher hoch, wie der Ansturm auf die Kurse zeigt.

Da in Bayern alle Landwirtschaftsämter BiLa-Kurse anbieten können, gibt es dort bisher keinen Engpass. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen müssen Landwirte oft warten, bis sie ihren Bildungshunger stillen können, Gründe sind vor allem der Mangel an Lehrpersonal. Hier sollten sich die Verantwortlichen neue Konzepte überlegen. Hessen beweist Weitblick, indem sie daran arbeiten, noch mehr Teilnehmer aufzunehmen.

Einige Bundesländer bieten noch gar keine Kurse für Nebenerwerbler an, wie Schleswig-Holstein oder Sachsen. Während der Anteil an Nebenerwerbsbetrieben in Schleswig-Holstein mit 45% der geringste in Deutschland ist, wirtschaften in Sachsen fast zwei Drittel der Betriebe im Nebenerwerb. Hier könnten sich die Sachsen ein Beispiel an anderen Ländern nehmen und über Kursangebote nachdenken.

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