Laut dem Vorsitzenden der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Anton Hofreiter, hat die Agrarpolitik der letzten Jahre weder der Umwelt noch den Landwirten geholfen: „Viel zu viele Landwirte mussten ihre Höfe aufgeben. Die Preise sind im Keller und werden von Aldi, Lidl und Edeka diktiert.“ Den von Julia Klöckner angekündigten Systemwechsel sehe man nicht. Im Trilog zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) müsse in Sachen Umwelt und Biodiversität „das Maximum rausgeholt werden“. In Deutschland solle die GAP sinnvoll umgesetzt werden. Das fordern die Grünen auch in einem Antrag an den Bundestag mit dem Titel „Landwirtschaft eine Zukunft geben – EU-Agrarpolitik neu ausrichten und ambitioniert umsetzen“.
Künast: Gemeinwohlprämie statt Direktzahlungen
Den Umbau der Agrarpolitik machten sie am Freitag zum Thema einer Diskussion unter dem Motto „Gutes essen ist grün!“ zur digitalen grünen Woche, die Hofreiter mit seinen Forderungen einleitete. Renate Künast und Harald Ebner, beide sitzen für die Grünen im Bundestag, plädierten für mehr Bio-Landwirtschaft und eine zügige Ökologisierung der konventionellen Landwirtschaft, um auch diese umweltverträglicher zu machen. Für Ex-Agrarministerin Künast sei klar, dass die GAP die zentrale Stellschraube für die angepeilte Agrarwende ist. Die Grünen fordern daher innerhalb von zwei GAP-Perioden (14 Jahre) den vollständigen Umbau der europäischen Agrarpolitik. „Wir müssen weg von Direktzahlungen hin zu einem Punktesystem, durch das Gemeinwohlleistungen der Landwirte entlohnt werden“, so Künast.
Wir müssen weg von Direktzahlungen hin zu einem Punktesystem, durch das Gemeinwohlleistungen der Landwirte entlohnt werden." - Renate Künast
Wissenschaftler fordert „echte Entlohnung der Landwirte“
Grundsätzliche Zustimmung fand sie beim Berliner Professor für Agrarökonomie, Harald Grethe: „Wir wissen schon lange, was zu tun ist. Der Begriff der multifunktionalen Landwirtschaft wurde bereits in den 90er Jahren geprägt.“ Das Problem sei, dass Umweltleistungen von Landwirten auf klassischen Märkten nicht honoriert würden, so Grethe. Ein Punktesystem für Gemeinwohlleistungen könne dabei unter Umständen helfen.
Absage an Protektionismus
Eine Absage erteilte Ebner Bestrebungen zur Abschottung von Agrarmärkten. Auch Wissenschaftler Grethe hält Protektionismus vom globalisierten Marktumfeld und vor allem vom europäischen Binnenmarkt für unmöglich. Klar ist für Ebner jedoch eines: „ Wir müssen den doppelten Irrsinn beenden, der die Einfuhr von Produkten erlaubt, deren Produktion hier verboten ist.“ Beim Im- und Export dürften keine doppelten Standards gelten.