Ein Scheitern der reformierten Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) befürchtet der agrarpolitische Sprecher der Grünen/EFA im Europaparlament, Martin Häusling. „Dass die Eco-Schemes auf betrieblicher Ebene auf Freiwilligkeit basieren, wird dazu führen, dass die Landwirte in den Gunstlagen diese nicht anwenden werden, weil es sich schlichtweg für sie nicht lohnt“, so der Grünen-Politiker im Interview mit dem Nachrichtendienst Agra-Europe. Aktuell werde für Weizen doppelt so viel bezahlt wie vor zwei Jahren. Landwirte würden daher auf die Öko-Regelungen verzichten und stattdessen die Produktion intensivieren.
Häusling: EU-Kommission setzt sich nicht durch
Zweifel hat Häusling auch daran, inwieweit die EU-Kommission ihre Richtlinien für die neue GAP gegenüber den Mitgliedstaaten durchsetzen wird. Die Brüsseler Behörde habe zwar in ihren Stellungnahmen zu den nationalen Strategieplänen deutliche Vorgaben gemacht, die aber von den Mitgliedstaaten ignoriert würden. „Frankreich hat in seiner Antwort auf die Schelte der Kommission relativ deutlich reagiert, indem es gesagt hat, dass diese das gern kritisieren darf, man es aber trotzdem so machen wird“, erklärte der Europaparlamentarier. Die EU-Kommission habe vieles am Ende einfach akzeptiert und wirke auch gegenüber anderen Mitgliedstaaten „hilflos“.
Zu viel Macht bei den Mitgliedstaaten?
Die Macht sei an die Mitgliedstaaten abgegeben worden, und die Regierungen nutzten das jetzt aus, so Häuslings Fazit. Er geht davon aus, dass darunter auch die Wettbewerbsgleichheit in der Gemeinschaft „massiv“ leiden wird.
Scheindebatte um Stilllegung
Das Ringen um das Aussetzen der Vorgaben zur Stilllegung und zum Fruchtwechsel ist für Häusling insbesondere hinsichtlich der Brachen in großen Teilen eine „Scheindebatte“. Nach seiner Einschätzung wird das Aussetzen der Stilllegungspflicht keine spürbaren Auswirkungen auf die Lebensmittelversorgung haben.
Viele Vorrangflächen lägen auf Grenzertragsstandorten und die erhofften Erträge würden nicht erreicht. Hinzu komme, dass auf Gunstlagen sowieso nicht stillgelegt werde. Die dortigen Betriebe pachteten sich Flächen in den Grenzertragsstandorten dazu und hätten so das Problem für sich gelöst. Laut Häusling befinden sich die meisten Stilllegungsflächen in der EU derzeit in Spanien und Portugal, weil es sich da bei vielen Agrarflächen ohnehin um Halbwüsten handele. Daher seien die extrapolierten zusätzlichen Erträge „Fantasterei“. Weniger ablehnend steht der Europaparlamentarier der Ausnahme für den Fruchtwechsel gegenüber: „Damit kann ich - solange es bei einer einjährigen Aussetzung bleibt - leben.“ Es gebe auch eine Studie, die dieser Maßnahme eine höhere Wirksamkeit als dem Aussetzen der Stilllegungspflicht attestiere.