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Hartelt/Schwarz

„Ideologische Verbotspolitik und Schuldzuweisungen schwer zu ertragen“

Die Bauernpräsidenten Eberhard Hartelt und Werner Schwarz zeigen sich verärgert über die neuen Umweltverschärfungen aus Berlin und Brüssel. Die Landwirtschaft werde wieder als Sündenbock gebrandmarkt

Lesezeit: 5 Minuten

Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V. (BWV), Eberhard Hartelt, kritisiert die aktuelle Umweltpolitik in Deutschland und der Europäischen Union. Es sei nur schwer zu ertragen, dass eine ideologisch motivierte Verbotspolitik und einseitige Schuldzuweisungen seine Berufskollegen dazu treibe, ihre Höfe aufzugeben. Es dürfe nicht sein, dass die Arbeit der hiesigen Landwirte, die den weltweit höchsten Standards unterliegt, diffamiert werde.

Als Folge der geplanten Gesetzesvorhaben auf EU- und Bundesebene sieht Hartelt landwirtschaftliche Produktionskapazitäten ins Ausland beziehungsweise in Drittstaaten abwandern und Lebensmittelimporte steigen. Dies könne aber nicht im Sinne der Bevölkerung sein.

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Am Freitag hatte bereits Schwabens Bauernpräsident Alfred Enderle den Rücktritt von Schulze gefordert. Mehr...

Gerade die Auswirkungen der Corona-Pandemie würden zeigen, dass die Schwerpunkte in der Agrar- und Umweltpolitik neu gesetzt werden müssen. „Wir haben gesehen, dass wir auf Vieles verzichten können, aber sicherlich nicht auf Nahrungsmittel. Die Versorgungssicherheit muss daher wieder höchste Priorität genießen.“ Diese Erkenntnis sei wohl bei Manchem noch nicht angekommen oder schon wieder in Vergessenheit geraten.

Nie wurden Pflanzenschutzmittel präziser, Düngemittel effizienter und Medikamente in der Tierhaltung zielgerichteter eingesetzt. Darüber hinaus hat das Engagement der Landwirtschaft für die Artenvielfalt in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich zugenommen: Blühstreifen werden verstärkt angelegt, freiwillige Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen wurden ausgeweitet, der Ökolandbau ausgebaut und zahlreiche Kooperationsprojekte in den Bereichen Wasser- und Biodiversitätsschutz initiiert. „Mit Blick auf diese Entwicklungen, müssen sich die umweltpolitisch Verantwortlichen doch fragen, ob die Gründe für den fortschreitenden Artenrückgang nicht verstärkt außerhalb der Landwirtschaft zu suchen sind“, so Eberhard Hartelt.

Der BWV-Präsident lehnt eine Extensivierung der landwirtschaftlichen Produktion in Deutschland und Europa aber nicht nur aus Gründen der Versorgungssicherheit ab. „Die Reduzierung der Lebensmittelerzeugung auf unseren Gunststandorten führt automatisch zu einer Intensivierung im Rest der Welt unter wesentlich schlechteren Bedingungen und Standards.“ Dabei sehe er auch die Gefahr, dass zur Ausweitung der Anbauflächen wertvoller Regenwald als Hotspot der Artenvielfalt und CO2-Speicher unwiederbringlich verloren geht.

Bei einem sinkenden Selbstversorgungsgrad könne Deutschland als reiches Land zwar seinen Lebensmittelbedarf durch eine Ausweitung der Importe decken, dies käme aber indirekt einem Landraub in ärmeren Staaten gleich. Dies könne nicht das Ziel einer modernen, global denkenden Umweltpolitik sein.

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Werner Schwarz: „Schulze und Jessel machen es sich zu einfach“

Mit ungewöhnlich scharfer Kritik hat auch der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Werner Schwarz, reagiert. Der fortschreitende Artenrückgang werde in dem Bericht kurzschlüssig auf den Rückgang blütenreicher Wiesen und Weiden und eine intensivere Landwirtschaft zurückgeführt.

Schulze und Jessel blieben die Antwort schuldig, warum die zahlreichen mit enormen Mittelaufwand von Bund und Ländern betriebenen Naturschutzprogramme, die genau diesem Verlust entgegenwirken sollen, offenbar wirkungslos bleiben. Auch die umfangreichen freiwilligen Blühstreifenprojekte der Landwirte blieben ebenso unerwähnt wie eine mögliche Begründung, warum auch diese keinen Effekt haben sollen. „Es gibt sonst wohl keinen Ressortverantwortlichen, der solch eine Misserfolgsbilanz vorlegen dürfe, ohne sich selbst und das Versagen seiner Politik rechtfertigen zu müssen“, so Schwarz. Da sei es natürlich einfacher einer angeblich immer intensiveren Landwirtschaft einseitig die Schuld zuzuweisen, ergänzt der Landwirt aus Rethwisch bei Bad Oldesloe.

Dies sei auch von den Tatsachen her fragwürdig. „Die Viehbestände sinken seit Jahren, die Düngermengen ebenfalls und der Aufwand an Pflanzenschutzmitteln sei ebenfalls rückläufig“, begründet der Verbandsvorsitzende. Ein Verursachungsbeitrag der Landwirtschaft werde nicht generell bestritten. Es gebe aber inzwischen hinreichende Hinweise auf andere maßgebliche Ursachen des Artenrückgangs. Wiesen und Weiden seien wie die Blühstreifenkalte Standorte.

Trockenheit und Beutegreifer nicht erwähnt

Der anerkannte Zoologe Prof. Dr. Werner Kunz, Düsseldorf weise darauf hin, dass außerhalb der landwirtschaftlichen Flächen die für viele Insekten notwendigen trocken-warmen Standorte verschwunden seien und plädiere für die künstliche Schaffung von Offenlandbiotopen. Beim Rückgang der Vogelwelt ignoriere Schultze die wiederholten Hinweise von Landwirten und Jägern auf die Rolle der Beutegreifer. Nicht nur der heimische Fuchs sondern auch zugewanderte Arten wie Marderhund und Waschbär sowie verwilderte Katzen bereiten vielen Wildvogelgelegen ein Ende.

Hinzu kämen der nicht regulierte Überbestand an Krähenvögeln und die Überpopulation an Gänsen, die im Frühjahr auf vielen Grünlandstandorten Wiesenvögeln keine Lebenschancen mehr ließen.

„Wichtigstes Anliegen“, so Schwarz, sei es, eine umfassende und ehrliche Ursachenanalyse gemeinsam mit der Landwirtschaft auf den Weg zu bringen, die auch die Gründe für das Versagen der Naturschutzpolitik liefern müsse. „Die Bauern sind die einseitigen Schuldzuweisungen leid“, so der Bauernpräsident, vor allem weil sie immer wieder feststellten, dass auf vielen ihrer intensiv bewirtschafteten und kurz gehaltenen Flächen die bedrohten Arten vorkommen, während dies auf den zugewachsenen Naturschutzflächen nicht der Fall sei.

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Hintergrund

Hintergrund der Kritik ist zum einen die Vorstellung des Berichtes zur Lage der Natur durch Bundesumweltministerin Svenja Schulze und der Präsidentin des Bundesamtes für Umwelt, Beate Jessel. Dabei wurde die intensive Landwirtschaft als alleinige Verantwortliche für den Rückgang der Artenvielfalt zu Unrecht an den Pranger gestellt. Als Konsequenz soll noch in diesem Jahr ein Insektenschutzgesetz verabschiedet werden, in dessen Fokus umfangreiche Einschränkungen für die Landwirtschaft stehen.

Zum anderen präsentierte EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans die Farm-to-Fork-Strategie als einen der Hauptbausteine des Europäischen Green Deal. Demnach sollen bis 2030 der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Antibiotika um 50 Prozent und von Düngemitteln um 20 Prozent reduziert werden.

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