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Neue Geschäftsmodelle suchen

In-Vitro-Fleisch: Professor prophezeit Ende der klassischen Tierhaltung

Im Reaktor kultiviertes Fleisch wird nach Ansicht von Prof. Lin-Hi bald günstiger sein als echtes Fleisch. Die Landwirte und die gesamte vor- und nachgelagerte Branche verlieren ihr Geschäftsmodell.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Hersteller von In-Vitro-Fleisch aus dem Bioreaktor machen große Fortschritte. Experten wie Professor Nick Lin-Hi von der Uni Vechta sprechen inzwischen offen aus, dass die Tierhaltung zur Ernährung bald nicht mehr wie in heutigen Ausmaßen benötigt wird.

Wichtig wird nun die Frage, wie man mit den fundamentalen Veränderungen umgeht, die das mit sich bringen wird. Denn für die deutschen Bauern sind die aktuellen Durchbrüche in der Forschung schlechte Nachrichten, erklärt Prof. Lin-Hi im aktuellen Spiegel-Podcast. „Wir reden hier faktisch über eine der größten Revolutionen der Menschheitsgeschichte. Die Erzeugung von tierischen Lebensmitteln im Labor ist ein gesellschaftlicher Meilenstein. Und er ist erforderlich vor dem Hintergrund der nachhaltigen Entwicklung“, so der Forscher.

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Wenn man sich die Zahlen ansieht, kommt man laut dem Fachmann zu dem Schluss, dass sich die globalen Klimaschutzziele nicht ohne radikale Innovationen erreichen lassen. Der klassische Fleischverzehr soll in den kommenden Jahren sogar noch weiter ansteigen. Laut Lin-Hi ist in der Öffentlichkeit bei uns derzeit noch gar nicht bewusst, wie überlegen die Fleischherstellung aus dem Reaktor sei. „Wir reden über ein Produkt, was am Ende des Tages ein besseres Produkt ist“, sagt er.

Preis wird ausschlaggebend sein

Lin-Hi glaubt fest daran, dass sich gezüchtetes Fleisch am Ende nicht wegen der Nachhaltigkeit, sondern wegen des Preises durchsetzen wird. „Wir haben es hier mit einer Technologie zu tun, die Wertschöpfungsketten verkürzt. Und immer dann haben wir auch verringerte Kosten. D.h. man darf damit rechnen, dass die Erzeugung von kultiviertem Fleisch unter den Produktionskosten der heutigen Fleischerzeugung liegen wird. Und dann irgendwann werden sie auch im Frischeregal billiger zu kaufen sein. Und genau deshalb, weil Konsumierende preisorientiert einkaufen, wird das der Punkt sein, wo sich dieses Produkt im Massenmarkt durchsetzen wird.“

Laut Lin-Hi werden derzeit 75 % der weltweiten landwirtschaftlichen Fläche für die Erzeugung von Tierfutter etc. genutzt. Erste vorsichtige Studien würden nun nahelegen, dass kultiviertes Fleisch bis zu 90 % dieser Flächen freigeben könnte. „Wir reden hier wirklich darüber, dass wir in der Lage sind, Tierbestände drastisch zu reduzieren.“

Flächen könnten Wert verlieren

Der Professor weiß aber auch, dass solch eine große Transformation nicht geräuschlos verlaufen wird. Bei der aktuellen Agrarreform vermisst er diesen Ansatz. Sie erwecke den Eindruck, als wolle man die bisherige Landwirtschaft nur ein wenig und vor allem langsam und geräuschlos anpassen.

„Das wird es aber nicht. Wir haben eine andere Art der Wertschöpfung und Dinge, die morgen weniger relevant sein werden. Und einer dieser Faktoren ist die Fläche. Sie ist nun einmal einer der zentralen Vermögenswerte der Landwirte. So stellt sich die Frage: Wie sieht denn das künftige Geschäftsmodell der Landwirte aus? Wenn kultiviertes Fleisch in den Markt kommt, dann ist es nicht mehr wichtig, dass wir morgen die gleiche Art der Landwirtschaft haben werden, wie wir es heute haben.“

Neue Geschäftsmodelle für die Landwirtschaft

Laut Prof. Lin-Hi kommt da natürlich kein Jubel auf, sondern es ist erst einmal eine Bedrohung für jeden einzelnen Landwirt. Daher bekomme er als Rückmeldung auf seine Thesen durchaus auch das „ein oder andere nicht so nette Wort“. Er würde daher mit den Akteuren gerne schauen, ob es nicht einen Weg gibt, in die Zukunft zu gehen. Es müsse darum gehen, für die Landwirtschaft eine neue Rolle in der künftigen Wertschöpfungskette zu finden. So könnten Bauern z.B. auf ihren Feldern einen Teil der für das Invitro-Fleisch benötigten Nährmedien herstellen.

Das ist jetzt vielleicht das letzte Jahrzehnt der klassischen Nutztierhaltung

Man könne auch darüber reden, Geschäftsmodelle komplett neu zu denken: Öffentliche Güter schaffen, CO2 mit den Flächen speichern, der Landwirt von heute wäre dann flapsig gesagt ein Landschaftswirt, so der Professor weiter. Die Bauern müssten also mit neuen Geschäftsmodellen einen Fuß in die Tür bekommen. Und weil es einen Zeitdruck gibt zur Klimawende, dürfe es auch keine Tabus geben.

Ganze Agrarsektor verliert Geschäftsmodell

„Wir sollten uns darauf einstellen, dass das vielleicht jetzt das letzte Jahrzehnt der klassischen Nutztierhaltung ist“, so Lin-Hi auf die Frage zum Zeithorizont. Wir würden hier über eine Revolution in ganz unterschiedlichen Bereichen reden, die wir alle noch erleben werden. Er denkt hier auch an die vor- und nachgelagerten Bereiche, wie den Futtermittelhersteller, den Stalleinrichter, die Verarbeiter. Sie alle müssten neue Geschäftsfelder finden, weshalb das ein Politikum sei.

„Das sind alles Geschäftsmodelle, die es in Zukunft so womöglich nicht mehr geben wird. Und natürlich sind wir dann in einem Bereich, wo wir über Arbeitsplätze und Fördermöglichkeiten diskutieren werden. Die typischen politischen Reflexe auch. Wir reden alle über Nachhaltigkeit. Aber wir wissen auch: So wie wir heute leben, werden wir keine nachhaltige Entwicklung erreichen.“

Der Fachmann mahnt daher Veränderung an. Das gezüchtete Fleisch sei dabei eine Technologie, die den Verbrauchern eine nachhaltige Fleischnutzung ermögliche, ohne Verzicht und dazu noch günstiger. Wenn das nicht gelinge, dies im Markt zu etablieren, dann werde die Menschheit auch keine Wende zur Nachhaltigkeit schaffen.

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