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Initiative Tierwohl in der Krise?

Die Initiative Tierwohl (ITW) musste zuletzt harsche Kritik vom Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, einstecken. top agrar hat Bauernverband, PROVIEH und ITW dazu befragt.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Initiative Tierwohl (ITW) musste zuletzt harsche Kritik vom Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, einstecken. Schröder sitzt im Beraterausschuss der ITW. Die Entscheidungen über die Haltungskriterien treffen aber die "Projektgruppen" Schwein und Geflügel - ohne Tierschützer. Und das, ohne die Vorschläge des Beraterausschusses in irgendeiner Weise zu berücksichtigen, behauptet Schröder – und droht mit dem Ausstieg. Hat Schröder damit Recht? Top agrar hat sich beim Bauernverband, bei Provieh und der Initiative selbst umgehört.


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Röring: "Schröder muss uns stärker unterstützen"


Johannes Röring, Veredelungs-Präsident des Deutschen Bauernverbandes, hat kein Verständnis für Schröders Drohung. "Es hat mich genug Überzeugungsarbeit gekostet, dass er überhaupt mitmachen darf", berichtet er. Er wolle den Tierschutzbund am Tisch behalten. Röring, der sowohl im Beraterausschuss als auch in der Projektgruppe Schwein sitzt, bittet den Tierschutzbund um Geduld. Der Beraterausschuss habe erst zwei Mal getagt. Da müsse sich die Zusammenarbeit zwischen den beiden Gremien erst einspielen. Und in der Projektgruppe müsse man sich stets auch mit denen einigen, die den Geldtopf der ITW befüllen, nämlich dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH).


Eine Verhandlung zwischen Bauernverband und Tierschutzbund über einen gemeinsamen Kriterienkatalog für die Schweinemast, wie von Schröder behauptet, habe es nicht gegeben. "Wir hatten mit dem Tierschutzbund eine mögliche Verstaatlichung des Tierschutz-Labels diskutiert und eine mögliche Kombination des Labels mit der ITW. Um den Kriterienkatalog ging es nur am Rande", sagt Röring. Und nimmt Schröder in die Pflicht: Dieser habe sich nie ernsthaft bemüht, mehr Geld vom Handel für die ITW zu bekommen. Er habe nicht versucht, weitere Handelsunternehmen, die Gastronomie, die Caterer oder die Metzgerschaft zur Teilnahme an der ITW zu bewegen.


Deswegen laufe auch Schröders Forderung, dass die Landwirte schnell mehr Kriterien als nur die Grundanforderungen erfüllen sollen, ins leere. Man könne nur die Kriterien umsetzten, für die auch die Finanzierung steht. "Und da macht Schröder bislang keinen Antritt, uns zu unterstützen", bedauert Röring. Wenig nachvollziehen kann Röring Schröders Kritik zum Kriterium Lichteinfall. Mit einer minimalen Lichteinfallsfläche von 1,5 % der Grundfläche bei Altbauten liege man im gesetzlichen Rahmen und müsse nicht über eine baldige Erhöhung nachdenken. "Wir Praktiker wissen, dass zu viel Licht bei einem Dämmerungstier wie dem Schwein nicht unbedingt zu mehr Wohlbefinden führt", erläutert er.


Beim Kriterium Raufutter ist er hingegen gesprächsbereit. Man könne z.B. mit Pellets arbeiten, um Probleme mit Mykotoxinen zu vermeiden. "Wir haben den Raufuttereinsatz nicht kategorisch verneint. Herr Schröder hat hier also keinen Anlass, uns mit dem Austritt zu drohen", sagt Röring. Den Tiergesundheitsindex (TGI) sieht Röring weniger problematisch als Schröder. Die Tiergesundheit lasse durchaus Rückschlüsse auf die Haltung zu und könne ein Management-Indikator für die Landwirte werden. Bislang mangele es aber an einer standardisierten Befunderfassung in den Schlachthöfen. Gleiche Partien würden in unterschiedlichen Schlachthöfen unterschiedlich bewertet. Die Veterinärbehörden von Bund und Ländern hätten Ihr Versprechen, an einer standardisierten Erhebung in den Schlachthöfen mitzuwirken, bislang nicht eingelöst. Und die deutsche Wissenschaft habe noch keine überzeugende Methodik geliefert, wie man die Befunddaten auswerten und interpretieren kann. Das müsse man anpacken. "Dennoch wird der TGI niemals ein Ersatz für die Haltungskriterien der ITW im Stall sein", sagt Röring.


Röring hofft, den Tierschutzbund im Krisengespräch am 8. September zur weiteren Mitarbeit in der ITW bewegen zu können.  "Sein Label ist ja bislang mehr Show als ein Fortschritt für den Tierschutz. Schröder weiß: Nur wer mitmacht, kann auch mitreden", appelliert Röring.


Provieh: "Die ITW braucht mehr Mumm"


Der Verein Provieh, Initiator und Mitbegründer der Initiative Tierwohl, ist heute ebenfalls auf eine Rolle im Beraterausschuss reduziert. "Dass die Tierschützer bei den Entscheidungen der ITW nicht mehr mit am Tisch sitzen, ist ein Armutszeugnis!", sagt Stefanie Pöpken, Agraringenieurin und Fachreferentin des Vereins.  Sie sorgt sich wie der Deutsche Tierschutzbund, dass die Tierschützer nur noch als Alibi an der ITW mitwirken sollen. "Die ITW sollte den Mumm haben, die Tierschützer mitentscheiden zu lassen", fordert sie. Schon Anfang Juli hatte Provieh die ITW als "Greenwashing" bezeichnet. Auch Provieh hatte einen Vorschlag für einen künftigen Kriterienkatalog ausgearbeitet, der anschließend nicht einmal im Beraterausschuss diskutiert wurde.


Angela Dinter, Fachreferentin mit dem Schwerpunkt Schlachtung und Tiertransporte, teilt Schröders Kritik am Tiergesundheitsindex. Man solle den Index auf dem Werk "Tiergerechtigkeit bewerten" des KTBL (Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft) basieren, fordert sie. Gleichzeitig fürchtet sie, dass die Schlachtunternehmen über die Erfassung der Befunde zu viel Einfluss auf den Schlachtpreis nehmen können.


Ein Ausstieg aus dem Beraterausschuss der ITW kommt für die Tierschützer aus Kiel aber nicht infrage. Als Ausschussmitglied habe man immerhin Einblick in die ITW und könne Schwachstellen kritisieren, argumentiert Pöpken. "Sonst tut es ja keiner", sagt sie.


ITW: "Vielfältige Ansprüche an die Initiative“


Der Geschäftsführer der Initiative Tierwohl, Dr. Alexander Hinrichs, muss alle Interessensgruppen unter einen Hut bringen: Die Landwirte, den LEH, die Wissenschaft und die Tierschützer wie zum Beispiel den Deutschen Tierschutzbund. Das wird vermutlich nicht leichter, wenn einer der Beteiligten plötzlich öffentlich ein Ultimatum an alle anderen stellt. Laut Hinrichs setzen sich sowohl der Beraterausschuss als auch die Projektgruppe mit den Anforderungen an die Ausgestaltung der ITW auseinander. Einige Empfehlungen des Beraterausschusses für die Weiterentwicklung für den Zeitraum ab 2018 sind bereits in dem aktuellen Entwurf berücksichtigt worden: "Die Erhöhung der Grundanforderungen und eine höhere Beteiligung der tierhaltenden Betriebe sind Schritte, die auch von dem Beraterausschuss empfohlen wurden und von der Projektgruppe als notwendig erachtet werden", berichtet er.


"Die Diskussion über die künftige Architektur der ITW läuft und ist sehr vielschichtig ", so Hinrichs weiter. Auch hierzu gibt es Empfehlungen des Beraterausschusses die aktuell diskutiert und geprüft und dann anschließend wieder mit dem Gremium rückgekoppelt werden. Der Beraterausschuss ist dabei ein wichtiger Impulsgeber für die Projektgruppe, in der letztlich die Entscheidungen getroffen werden und die selbst mit hohem Engagement arbeitet.

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