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Jetzt die Lehren aus der Düngeverordnung ziehen

Das Debakel bei der Düngeverordnung darf zur EU-Agrarreform nicht passieren. Landwirte sollten jetzt ihr Angebot an die Gesellschaft formulieren, kommentiert Stefanie Awater-Esper.

Lesezeit: 5 Minuten

Die erneute Verschärfung der Düngeverordnung ist ein Paradebeispiel für Politikversagen. Dennoch könnte sie einen Wendepunkt in der Agrarpolitik markieren. Der Berufsstand und die Bundesregierung haben sich nämlich bei der Reform der Düngeverordnung schon weit vor 2017 verzockt. Die gewählte Strategie des Verschleppens von Maßnahmen hat sich als ein Bumerang für die Landwirte erwiesen. Politik und Branche haben sich damit selbst und den Bauern noch viel mehr geschadet. Das ist fatal und das haben die vielen gewissenhaft wirtschaftenden Landwirte und Landwirtinnen nicht verdient.

Die in der Landwirtschaft oft geäußerte Argumentation mit den fehlerhaften Messstellen trägt nicht vollumfänglich. In NRW hat die von Agrarministerin Heinen-Esser in Auftrag gegebene Untersuchung ergeben, dass 10 Prozent der Messstellen fehlerhaft sind. Das muss die Landesregierung dringend beheben. Die Fehlerrate ist aber nicht so hoch, dass die Landwirte der Regierung ein komplettes Versagen bei den Messstellen vorhalten können. In anderen Bundesländern dürfte es nicht viel anders aussehen. Auch als die Bundesregierung die Dichte des Nitratmessnetzes im Jahr 2016 erweitert hat, ergab sich bei den Nitratwerten und deren Tendenzen kein wirklich entlastendes Bild.

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"Die Strategie des Verschleppens von Maßnahmen hat sich als Bumerang erwiesen."

Der Berufsstand und die Bundesregierung sollten die Fehler bei der Düngeverordnung in der anstehenden Reform der EU-Agrarzahlungen nicht wiederholen. Es ist jetzt höchste Zeit, konstruktiv zu diskutieren, wie die EU-Agrarzahlungen künftig an die Landwirte verteilt werden. Statt sich dahinter zu verstecken, dass die Höhe des EU-Agrarbudgets noch immer nicht feststeht. Wie können die gesellschaftlichen Anforderungen für mehr Artenvielfalt und Tierwohl besser in das landwirtschaftliche Geschäftsmodell eingebunden werden?

Zu glauben, alle Leistungen, die die Landwirtschaft für Umwelt und Tierwohl erbringt, könnten vollständig mit dem Preis für die Agrarprodukte, also über den Fleisch-, den Butter- oder den Weizenpreis erwirtschaftet werden, ist naiv. Trotzdem wollen die Menschen, dass die Bauern Leistungen

  • für den Klimaschutz, die Bindung von CO2 und die Reduktion von Methan Emissionen,
  • für die Biodiversität, vielfältige Fruchtfolgen, der Erhalt einer großen Zahl von Pflanzenarten, die Insekten Nahrung geben,
  • für den Erhalt von Dauergrünland, die Vermeidung von Verbuschung durch Mähen und Beweidung,
  • für das Bereitstellen von Nistplätzen für Vögel,
  • für die Weidehaltung von Rindern, Schafen, Ziegen, Hühnern evtl. sogar Schweinen,
  • für das Tierwohl in den Ställen mit Platz, Auslauf und artgerechter Fütterung,

liefern. Also muss die Politik das über Steuergelder und Prämien für Landwirte finanzieren. Andernfalls verschwindet die bisher noch vielfältige Struktur an Landwirtschaftsbetrieben.

Viele Landwirte sind bereit, auch mit Landschaftspflege, Naturschutz und Tierwohl Geld zu verdienen. Sie dürfen nicht nur entschädigt werden, sondern es muss sich für sie lohnen. Mit den Erfahrungen der vergangenen Jahre sind die Landwirte zu Recht noch skeptisch, ob so etwas über die Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) gelingt. Umso wichtiger ist, dass sich Landwirte, Agrarpolitiker und Agrarverwaltung jetzt schrittweise an ein neues Prämiensystem zum Geldverdienen mit Umwelt- und Tierwohlleistungen herantasten. Der Umbau bietet die Chance, vom Image der Subventionsempfänger weg zu kommen. Und er verbessert das Ansehen in der Gesellschaft. Das schafft auch mehr Zufriedenheit mit dem Beruf.

"Landschaftspflege, Naturschutz und Tierwohl müssen sich lohnen."

In der Agrarpolitik hat sich in den letzten zehn Jahren einiges verändert. Wer genau hin hört, hört nicht mehr den Ruf nach einer ersatzlosen Streichung der pauschalen Flächenprämien. Gefordert wird ein Umbau der Zahlungen. "Es war noch nie so einfach, Geld in den Parlamenten für Tierwohl zu beschaffen", sagt Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. Das Stichwort Artenvielfalt lässt sich da wohl hinzufügen. Die nächste EU-Finanzierungsperiode läuft von 2020 bis 2027. Eine vorausschauende Politik sollte schon jetzt die übernächste Förderperiode in den Blick nehmen, damit sie 2027 nicht wieder von vorne anfangen muss. Die Landwirte bekämen damit mehr Verlässlichkeit.

Die Bürger und Verbraucher schauen im Moment sehr genau hin, was die Bauern tun. Manche Landwirte glauben, dass das nur eine vorrübergehende Entwicklung ist. Wenn der nächste wirtschaftliche Abschwung komme, erledige sich das mit dem gesellschaftlichen Druck ganz von allein, heißt es. Diese Haltung ist gefährlich. Kommt der Abschwung, dann sparen die Verbraucher als erstes bei den Lebensmitteln. Die Bauern sind damit die Ersten, die das mit sinkenden Einnahmen über den Markt spüren. Gibt es dann kein vernünftiges System an Agrarzahlungen, hat niemand etwas gewonnen.

"Der Bauerntag ist die ideale Gelegenheit zu diskutieren, welches Angebot die Landwirte der Gesellschaft machen können."

Kommende Woche ist Bauerntag in Leipzig. Das Treffen ist die ideale Gelegenheit zu diskutieren, welches Angebot die Landwirte der Gesellschaft machen können, um landwirtschaftliche Produktion und gesellschaftliche Erwartung besser in Einklang zu bringen. Sich an der Opferrolle zu laben und die Gesellschaft zu beschimpfen, bringt niemanden weiter.

Nach dem Kraftakt Düngeverordnung sollten sich Landwirtschaftsministerin Klöckner und Umweltministerin Schulze jetzt zusammenraufen und sich auch auf Kompromisse zur GAP, zu Glyphosat und zum Pflanzenschutz grundsätzlich einigen. Der Versuch, mit Blick auf die Wähler kurzfristig politisches Kapital aus der Agrarpolitik zu schlagen, ist unklug. Das hat die Düngeverordnung gezeigt. Wenn man die Augen zu lange vor etwas verschließt und nicht zu Kompromissen bereit ist, kommt es später umso schlimmer.

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