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Interview zur Coronakrise

„Jetzt Preissteigerungen in den Raum zu stellen, ist nicht hilfreich“

Der Chef der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, warnt davor, die Coronakrise für Preissteigerungen bei Lebensmitteln auszunutzen. Es gebe derzeit eine große Solidarität für Landwirte.

Lesezeit: 4 Minuten

top agrar: Bauernpräsident Rukwied hat die Verbraucher vorgewarnt, dass Obst und Gemüse wegen der fehlenden Erntehelfer in der Coronakrise knapper und teurer werden. Halten Sie das für berechtigt?

Müller: Wir sind in einer außergewöhnlichen Situation. Bisher sehen wir, dass der Handel, die Landwirtschaft und viele Verbraucherinnen und Verbraucher versuchen, solidarisch und fair miteinander umzugehen. Darum finde ich es nicht hilfreich, jetzt Preissteigerungen in den Raum zu stellen. Die kürzlich beschlossene streng regulierte Einreise von osteuropäischen Erntehelfern könnte etwas Entspannung bringen. Wenn die Kosten in der Landwirtschaft aber steigen, weil tatsächlich nicht ausreichend Erntehelfer verfügbar sein sollten, gehen wir davon aus, dass der Handel die Preise an die Verbraucher weitergibt. Wir werden aber sehen müssen, was das am Ende für das einzelne Produkt ausmacht. Wir sind uns sicherlich mit dem Bauernverband einig, dass niemand diese Krise ausnutzen darf. Wichtig ist jetzt das gemeinsame Signal von Landwirtschaft, Handel und Verbraucherschützern, dass wir keine Abschottung der Märkte wollen und die internationalen Lieferketten aufrechterhalten. Das gilt für Erntehelfer und alle Unterstützungen, die wir in der Landwirtschaft brauchen.

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Wie offen sind die Verbraucher jetzt noch für höhere Lebensmittelpreise?

Müller: Bisher sehen wir eine bemerkenswerte Welle der Solidarität für alle, die wegen der Coronakrise in Probleme geraten. Das gilt auch für Landwirte. Aber diese Solidarität darf nicht über Gebühr beansprucht werden. Keiner weiß, wie lange diese Krise anhält. Wenn es deutlich über den April hinaus gehen sollte, dann werden auch die Budgets der Verbraucherinnen und Verbraucher knapper werden.

"Es gibt Wertschätzung für kurze Wege". - Müller

Die Landwirte hoffen, dass die Coronakrise den Blick auf die heimische Lebensmittelerzeugung wieder schärft. Erwarten Sie eine Rückbesinnung der Verbraucher auf heimische Lebensmittel?

Müller: Die Tendenz, dass regionale Lebensmittel geschätzt werden und einen höheren Preis erzielen können, beobachten wir seit Jahren. Der Handel bestätigt genau diese Zahlungsbereitschaft für regionale Produkte. Es gibt Wertschätzung für kurze Wege, für Lebensmittel, deren Erzeugung ich beobachten kann und die einen wertvollen Beitrag für unsere Kulturlandschaft leisten. Aber Lebensmittelerzeugung und Lebensmittelherstellung sind heute global stark vernetzt und das sorgt auch für eine große Angebotsvielfalt. Deshalb halte ich nichts von Protektionismus.

Wertschätzung haben die Landwirte ganz massiv bei den Bauernprotesten im Herbst und Winter eingefordert. Nun stellt die Landwirtschaft ihre Systemrelevanz heraus. Welchen Eindruck macht das auf die Verbraucher?

Müller: Systemrelevanz ist ein Wort, das derzeit inflationär benutzt wird. Natürlich sind der Gesundheitsbereich, die Banken, der Handel und auch die Landwirtschaft systemrelevant. Ich warne aber davor, diesen Begriff überzustrapazieren. Wir erleben, dass Verbraucher für Landwirte und auch für ihre Lebensmittel hohe Wertschätzung haben. Es fällt ihnen aber schwer nachzuvollziehen, was in der Landwirtschaft heute passiert. Da brauchen wir eine Annäherung.

"Jeder, der einmal auf dem Feld bei der Ernte geholfen hat, wird danach einen anderen Blick auf Lebensmittel haben". - Müller

Erwarten Sie, dass das Verständnis wächst, wenn mehr Erntehelfer aus der Bevölkerung auf die Höfe kommen?

Müller: In der wichtigsten Phase des landwirtschaftlichen Jahres, der Ernte, geht es um Effizienz, Schnelligkeit und Genauigkeit. Ob es da wirklich hilft, zwar hochmotivierte, aber letztendlich ungelernte Erntehelfer einzusetzen, muss jeder Landwirt selbst entscheiden. Doch die Bereitschaft und das Signal der Menschen ist großartig. Womöglich ergibt sich daraus weniger die Möglichkeit, die Ernte zu beschleunigen, sondern gegenseitiges Verständnis und Wertschätzung zu fördern. Jeder, der einmal auf dem Feld bei der Ernte geholfen hat, wird danach einen anderen Blick auf Lebensmittel haben - und eventuell auch den ein oder anderen Euro mehr dafür ausgeben.

Wie sich Müller die Beteiligung der Verbraucher an der Zukunftskommission Landwirtschaft vorstellt, lesen Sie in der nächsten Ausgabe der top agrar.

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