Kritik an der europäischen Agrarexportpolitik hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geübt. Ein Umstülpen der EU-Agrarpolitik an sich, hält er aber für unmöglich. Stattdessen ruft er die Mitgliedstaaten zu mehr Entwicklungshilfe auf.
Die EU-Agrarpolitik als Fluchtursache für Menschen aus Afrika abzustempeln hält EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker für zu kurz gesprungen. „Viele wissen, dass es unmöglich sein wird, die EU-Agrarpolitik völlig umzustülpen, daher wird diesem Aspekt besondere Aufmerksamkeit geschenkt“, sagte Juncker in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung. Aus seiner Sicht ist das Argument vorgeschoben. Dennoch sieht Juncker in der Agrarexportpolitik der EU Veränderungsbedarf. „Wahr ist, dass wir in Sachen europäischer Agrarexportpolitik einiges überdenken müssen“, sagte er weiter.
Um die Entwicklung der Landwirtschaft auf dem afrikanischen Kontinent zu unterstützen, setzt Juncker auf einen Treuhandfonds, um Betriebe anzusiedeln. „Wir haben einen Treuhandfonds von 44 Milliarden Euro aufgelegt, um kleine und mittlere Betriebe dazu zu bringen, in Afrika zu investieren, damit die Menschen vor Ort Arbeit finden. Wenn die Mitgliedstaaten, was sie versprochen hatten, auch 44 Milliarden aufbrächten, könnte man nicht nur reden, sondern etwas tun“, so Juncker. Die EU-Mitgliedstaaten forderte er zu mehr Konsequenz beim Einzahlen in den Fonds auf. „Stattdessen wird von allen Regierungsdächern Europas herabgeschrien, dass wir uns um die Fluchtursachen in Afrika kümmern müssten“, sagte Juncker.
Weiter als Juncker in der Bewertung geht die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Maria Heubuch. „Die rücksichtslose Exportorientierung der europäischen Landwirtschaftspolitik führt dazu, dass Afrika in Dumpingprodukten wie Milchpulver und Hähnchenteilen versinkt, während in Europa täglich Bauernhöfe schließen“, sagte sie. Aus ihrer Sicht müsse die Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) ab ihrer nächsten Reform auch die Bekämpfung von Fluchtursachen zum Ziel haben. „Politikkohärenz für Entwicklung“ sei eine Vorgabe des Vertrages von Lissabon, der auch für EU-Agrarkommissar Phil Hogan gelte, so Heubuch weiter. Sie forderte weiter ein Monitoring-System, das die Auswirkungen der EU-Agrarpolitik auf Entwicklungsländer systematisch analysiert und dabei die Effekte auf afrikanische Kleinbauern und -bäuerinnen besonders im Blick hat.