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Kartoffel-Kartell konnte 10 Jahre lang Bauern und Verbraucher schädigen

Ein Kartoffel-Kartell soll Bauern und Verbraucher um mehr als 100 Mio. Euro geschädigt haben. Die großen Supermarktketten mussten demnach überhöhte Einkaufspreise für Kartoffeln und Zwiebeln zahlen. Die Landwirte wurden bei den Preisen für Pflanzkartoffeln abgezockt.

Lesezeit: 4 Minuten

Ein Kartoffel-Kartell soll Bauern und Verbraucher um mehr als 100 Mio. Euro geschädigt haben. Die großen Supermarktketten mussten demnach überhöhte Einkaufspreise für Kartoffeln und Zwiebeln zahlen und dürften diese zumindest teilweise an ihre Kunden weitergegeben haben. Die Landwirte wurden bei den Preisen für Pflanzkartoffeln abgezockt.


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Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat das Bundeskartellamt am Dienstagmorgen neun große Kartoffel-Abpackbetrieben durchsucht; bekannt wurde dies erst jetzt. Gegen fünf weitere Firmen wurden Bußgeldverfahren eingeleitet. Vorangegangen waren offenbar wochenlange, verdeckte Ermittlungen. Die Unternehmen sollen die Preise schon seit zehn Jahren abgesprochen haben. Marktinsider beziffern den Schaden auf einen dreistelligen Millionenbetrag.



Und so soll das Kartell funktioniert haben: Zu Beginn hätten sich einige große Firmen der Abpack-Branche darauf verständigt, den Preis abzusprechen. Nach und nach seien die anderen Verarbeiter in Deutschland dazugestoßen. Wenn Branchengerüchte stimmen, sollen sich am Ende zwischen 80 und 90 % der großen und größeren Abpacker bei den Preisen verständigt haben. Und die restlichen, die nicht zum Kartell gehörten, sollen davon profitiert haben. Zeitweise soll die Gewinnmarge rasant in die Höhe gestiegen sein und sich mitunter verzehnfacht haben, heißt es.


Wie die Süddeutsche weiter schreibt, soll dabei viel auf Vertrauen basiert haben. Ein Anführer habe vor den Bestellungen der großen Discounter-Ketten die Kollegen angerufen und den Wochenpreis ausgemacht. Die Angebote sollen sich dann nur um einen oder ein paar Cent unterschieden haben.



Zu recht fragt die Zeitung daher, warum die geringen Preisunterschiede eigentlich keinem Händler aufgefallen sind. Zudem sei es offenkundig beim Preis seit einer Weile nicht mehr darauf ankommen, wie das Wetter ist und wie die Ernte ausfällt oder wie sich Angebot und Nachfrage zueinander verhalten: Der Preis soll vergleichsweise hoch geblieben sein.


Grauzone Erzeugergemeinschaften: Beispiel Milch Board


Wie der Spiegel ergänzt, gibt es allerdings gerade bei landwirtschaftlichen Produkten wie Kartoffeln eine Grauzone des Kartellrechts. Das Agrarmarktstrukturgesetz erlaubt es Bauern demnach ausdrücklich, sich in sogenannten Erzeugergemeinschaften zusammenzuschließen und die eigenen Produkte gemeinsam zu einem einheitlichen Preis anzubieten.


Wann genau aus einer solchen legalen Erzeugergemeinschaft ein illegales Kartell wird, ist durchaus umstritten. Der Spiegel erinnert in diesem Zusammenhang an das Milch Board. 2009 hatte das Kartellamt hierbei eine Grenze eingezogen und erklärt, man werde die neue Erzeugergemeinschaft erst dann überprüfen, wenn sie mindestens 50 % der deutschen Milchproduktion vertrete. Eine Grenze von 80 % der Michproduktion, wie sie das Milch Board anstrebe, sei allerdings nicht vertretbar.


Im aktuellen Kartoffelfall greift das Privileg der Erzeugergemeinschaften aber ohnehin nicht. Denn nach derzeitigem Kenntnisstand fanden die Absprachen ja nicht zwischen den Kartoffelbauern selbst statt, sondern zwischen deren Kunden, den Verarbeitungsbetrieben. Im Gegenteil: Die Bauern sollen selbst zu den Geschädigten zählen, weil sie auch für ihre Pflanzkartoffeln überhöhte Preise zahlen mussten.


AbL: Beim Kartoffel-Kartell auch die Macht der Handelskonzerne untersuchen


Anerkennung für das Kartellamt kam daher von der AbL. Die Arbeitsgemeinschaft verwies darauf, dass mehrere Landwirte seit langem ein undurchsichtiges und marktbeherrschendes Gebaren großer Kartoffelzucht- und Kartoffelhandelsunternehmen kritisierten.


Notwendig sei ein neuer Umgang des Lebensmittel-Einzelhandels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und deren Anbietern. Das Kartellamt sei gut beraten, auch den Druck der fünf großen Lebensmittel-Handelskonzerne auf die Kartoffelpreise und die Qualitätskriterien in den Blick zu nehmen sowie mögliche Preisdumping-Angebote in den Supermärkten unterhalb des Einstandspreises.


Zu diesem Druck des Handels auf Lieferanten und in der Folge davon auch auf Landwirte komme oft auch noch die Forderung des Handels, nur noch von einem einem oder wenigen Abpackbetrieben beliefert zu werden – dies verstärke die Konzentration in dieser Branche zusätzlich, so die AbL weiter. Insofern gebe es in Teilen der Landwirtschaft durchaus auch Verständnis für eine mögliche „Gegenwehr“ bzw. preisstützende Absprachen der Abpacker gegenüber der Macht der Lebensmittelhandels-Konzerne. 

 

Getrennt von diesen Abpack- und Handels-Strukturen bei Speisekartoffeln sei die Frage der Macht weniger Kartoffel-Zuchtkonzerne gegenüber den Kartoffelbauern zu bewerten. Die Züchtergruppen Europlant, Norika und Saka bestimmten in Deutschland die Strukturen bei Pflanzkartoffeln - oft zum Nachteil der Kartoffelbauern, die ja für den Anbau von späteren Speisekartoffeln das Saatgut von diesen Züchtern kaufen müssten - und auch zu Lasten der Pflanzkartoffel-Erzeuger, die das Basis-Saatgut der Züchter in deren Auftrag und unter deren Kontrolle zu verkaufsfähigen Mengen vermehrten.

 

Die AbL forderte daher deutlich mehr Markttransparenz und eine stärkere Bündelung der Interessen der Kartoffelbauern gegen Zucht- und Großhandelskonzerne. (ad)

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