Der EU-Agrarkommissar, Janusz Wojciechwoski, hat am Mittwoch vor dem Agrarausschuss des Europaparlamentes eine Reihe an Krisenmaßnahmen vorgestellt, die die EU-Kommission im Bezug auf den Krieg in der Ukraine ergreifen möchte. „Die Ernährungssicherheit muss wieder an erster Stelle unserer Politik stehen“, sagte der Pole in Brüssel. Mit Blick auf den EU-Green Deal stellte er fest: „Kapazitäten zur Lebensmittelproduktion müssen in Europa erhalten bleiben.“ Daher plane die EU-Kommission folgende Maßnahmen:
- Interventionen im Fleischsektor: Die EU-Kommission prüft die Möglichkeiten für die Private Lagerhaltung von Schweinfleisch. Eine Reihe von EU-Mitgliedstaaten hatten das seit Monaten gefordert. Laut Kommission könne so ein „Signal der Unterstützung“ an den Schweinsektor gesendet werden.
- Krisenreserve: Gemeinsam mit den EU-Mitgliedstaaten und dem Europaparlament möchte die EU-Kommission die Krisenreserve der Gemeinsamen Agrarpolitik aktivieren. So sollen kurzfristig mindestens 500 Mio. € für die europäische Landwirtschaft zur Verfügung stehen.
- Ausnahme bei ÖVF: Wojciechowski zieht offenbar in Erwägung, ökologische Vorrangflächen (ÖVF) im Jahr 2022 für die Produktion von proteinreichen Kulturen freizugeben. Aktuell prüfe man die Bereitschaft der EU-Mitgliedstaaten das dann auch tatsächlich umzusetzen.
- Öffentliche Beihilfe ermöglichen: EU-Mitgliedstaaten sollen die Möglichkeit bekommen, weitere öffentliche Mittel als Sektorhilfen für die Landwirtschaft bereitzustellen. Vorbild könnten laut Wojciechowski die Corona-Hilfen sein.
Bericht zur Ernährungssicherheit
In der kommenden Woche wird die EU-Kommission einen Initiativbericht zur Ernährungssicherheit vorlegen. Darin will der Kommissar die geplanten Krisenmaßnahmen genauer ausführen und einen Zeitplan vorlegen.
Parlamentarier gespalten
Die Mitglieder des EU-Agrarausschusses zeigten sich angesichts Wojciechowskis Ankündigungen gespalten. Einige Parlamentarier begrüßten die Vorschläge des Kommissars und eine Fokussierung auf die Produktion von Nahrungsmitteln. Das andere Lager sehen die Ziele des Green Deal in Gefahr und befürchten eine falsche Entwicklung der Agrarpolitik.
Lins: „Jede Tonne Weizen in EU ist eine Tonne Weizen gegen Putin“
Der Ausschussvorsitzend, Norbert Lins (CDU), begrüßte die Vorschläge des Kommissars. „Jede Tonne mehr an Weizen in der EU dieses Jahr ist nicht nur eine Tonne mehr für die Ernährungssicherheit in der EU und die Bekämpfung des Hungers in der Welt. Es ist auch eine Tonne mehr gegen Putin“, sagte er. Es sei gut, dass Wojciechowski dem Drängen der Europaabgeordneten nachgekommen sei und konkrete Maßnahmen zur Wahrung der Ernährungssicherheit angekündigt hat.
Häusling: „Das ist der Krise nicht angemessen“
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Martin Häusling, zeigte sich enttäuscht von den Vorschlägen des Agrarkommissars. „Russland setzt Weizen als Waffe ein und wir stellen uns hin und sagen: ‚Wir müssen gucken, dass wir unserem Schweinesektor über die nächsten Wochen helfen“, empörte sich Häusling. Man dürfe die Krise nicht missbrauchen, um den Green Deal oder die Farm-to-Fork-Strategie infrage zu stellen, so Häusling.