Die als künftige Bundeslandwirtschaftsministerin gehandeltestellvertretende CDU-Bundesvorsitzende, Julia Klöckner, will die Bestimmungen für die Nutzung von konventionellen Pflanzenschutzmitteln für Ökolandwirte lockern. Damit provoziert sie Widerstand. Zum Tierwohl und Tierschutz fordert Klöckner mehr Forschung.
"Um ihre Ernte zu sichern, würden viele Ökolandwirte gerne punktuell auf konventionelle Pflanzenschutzmittel zurückgreifen. Dürfen sie aber nicht", sagte die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner im Interview dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Manchen Bauern kostet das die Existenz - und viele hält es davon ab, den Weg in den Ökolandbau zu wagen", betonte Klöckner, die als nächste Bundeslandwirtschaftsministerin gehandelt wird. Klöckner forderte: "Wir müssen Ökolandwirten in schlechten Phasen den Gebrauch konventioneller Pflanzenschutzmittel erlauben können, aber dazu bedarf es weiterer Forschung." Sie räumte allerdings ein, dass es für diesen Schritt der Zustimmung der Branche und der Verbände bedürfe. Klöckner stellte weiter klar, dass sie den konventionellen und den ökologischen Anbau nicht gegeneinander ausspielen wolle. "Beides hat seine Berechtigung", sagte sie.
Zudem sprach sich die CDU-Politikerin aus Rheinland-Pfalz gegen "Maximalforderungen beim Tierschutz, die in kürzester Zeit nicht so umzusetzen sind" aus. Diese führten nur dazu, dass "Ställe in Deutschland verschwinden und Tiere unter schlechteren Bedingungen im benachbarten Ausland gehalten werden", sagte sie. Das Tierwohllabel verteidigte sie und wandte sich im dem Interview dagegen, dass geltende Standards in der Nutztierhaltung zu niedrig seien. "Wer noch höhere Anforderungen möchte, soll das auch erkennen können, auch warum es dann teurer ist", sagte sie. Allerdings räumt Klöckner Nachbesserungsbedarf bei den Haltungsbedingungen ein: "Ich finde es unerträglich, wenn Puten aufgrund ihres Gewichts nicht mehr stehen können. Das ist nicht tiergerecht", sagte sie dem RND.
Auch zur konventionellen Ferkelkastration und dem Töten männlicher Küken müsse es Alternativen geben. "Wir wollen hierfür die wissenschaftliche Forschung im Sinne des Tierwohls fördern", kündigte Klöckner an. "Zum Beispiel lässt sich schon im Ei das spätere Geschlecht des Tieres erkennen, dann muss man doch keine Tiere schreddern", sagte sie.
Als generellen Maßstab für ihre Agrarpolitik bezeichnete Klöckner eine "nachhaltige, bäuerliche, familiengeführte und flächendeckende Landwirtschaft". "Es gibt Regionen in Deutschland, da bestimmen große, nicht inhabergeführte Großkonzerne das Bild, die es auf EU-Gelder abgesehen haben. Das ist nicht die Landwirtschaft, die ich mir wünsche", sagte Klöckner. Regional verwurzelte Höfe dürften nicht "nach und nach dichtmachen".
Der Agrarsprecher der Grünen, Friedrich Ostendorff, äußerte sich „irritiert“ zu diesem ersten Interview von Klöckner zur Agrarpolitik, seit sie als künftige Bundeslandwirtschaftsministerin gehandelt wird. „Die konventionelle Landwirtschaft und der Ökolandbau müssen sich einander annähern, jedoch nicht durch eine ‚Konventionalisierung‘ der Ökolandwirtschaft, sondern durch eine umweltverträglichere konventionelle Landwirtschaft“, sagte Ostendorff.
Klöckners Einschätzung zur Tierhaltung hält Ostendorff für zu wenig fundiert. „Es ist keine progressive Erkenntnis, dass Nachbesserungsbedarf bei den Haltungsbedingungen von Nutztieren besteht, sondern eine längst belegte Tatsache“, sagte er. Es müsse „schon mehr kommen" dazu, wie der Umbau der Tierhaltung erreicht werden soll, forderte er.