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Kommen auf Deutschland Milliardenforderungen wegen Nitrat zu?

Die frühere deutsche Düngeverordnung ist nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs keine ausreichende Umsetzung der EU-Nitratrichtlinue. Das Urteil bezieht sich allerdings nicht auf die im vergangenen Jahr verabschiedete neue Düngeverordnung

Lesezeit: 6 Minuten

Die frühere deutsche Düngeverordnung ist nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs keine ausreichende Umsetzung der EU-Nitratrichtlinue. Das Urteil bezieht sich allerdings nicht auf die im vergangenen Jahr verabschiedete neue Düngeverordnung. Nacht Ansicht von EU-Abgeordneten, europäischen Naturschutzorganisationen und der Wasserwirtschaft hat auch diese bisher keinen durchschlagenden Erfolg erzielt. Berlin sollte nachbessern, fordern sie


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Der von den Luxemburger Richtern erhobene Vorwurf lautet, dass die Bundesregierung zu wenig gegen die Nitratbelastung des Grundwassers unternommen habe. Das EuGH erachtet die hohen Nitratwerte in erster Linie als Folge des großflächigen Einsatzes von Düngemitteln in der Landwirtschaft.


Die EU-Kommission hatte 2016 Klage eingereicht, daraufhin wurden die Dünge-Vorschriften in Deutschland geändert. Die von Berlin auf den Weg gebrachte neue Düngeverordnung war allerdings nicht Gegenstand des Verfahrens, sondern die Vorgänger-Version. Reaktionen aus Brüssel auf das EuGH-Urteil gegen Deutschland wegen Verstoßes gegen EU-Recht:


 „Die Bundesregierung hat Jahre lang die Augen vor zu viel Nitrat im Wasser verschlossen und Gesundheitsrisiken ausgeblendet. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner darf sich nicht hinter Ausnahmeregeln für Dünger verstecken und muss einen Gesetzesvorschlag für den Schutz von Umwelt und Gewässern vorlegen“, forderte der agrarpolitische Sprecher der Grünen im EU-Parlament, Martin Häusling, nach Bekanntwerden des EuGH-Urteils am Donnerstag.


 „Das Urteil ist klar und unmissverständlich: Das Landwirtschaftsresort hat die drängenden Probleme der übermäßigen Ausbringung von Gülle und Kunstdünger jahrelang ausgeblendet. Angedrohte Strafzahlungen in sechsstelliger Höhe scheinen als Druckmittel nicht auszureichen, um Deutschland zum Handeln zu bewegen“ sagte Häusling.


Aufgrund einer verfehlten Politik, seien bedrohliche Nitratkonzentrationen im Oberflächen- und Grundwasser zu verzeichnen.“ Ich bin empört darüber, dass die Bundesregierung ihrer Verantwortung nicht gerecht wird und zusieht, wie die Gesundheit gefährdet wird. Wasserverbände machen schon seit Langem wiederholt darauf aufmerksam, dass ein "Weiter-So" die Verbraucherinnen und Verbraucher teuer zu stehen kommt, wenn Denitrifikationsanlagen zur Trinkwasseraufbereitung zum Einsatz kommen müssen“.


Zwar sei das Düngerecht reformiert worden, diese Reform spreche Deutschland aber nicht von seiner Schuld frei, den Gesundheitsschutz vernachlässigt zu haben.


Häusling: „Klöckner vernächlässigt wissenschaftlichen Sachverstand im eigenen Ministerium“


Häusling hält Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner vor, den eigenen Sachverstand des BMEL in den Wind zu schlagen. Erst zu Beginn diese Woche habe Professor Friedhelm Taube von der Christian-Albrechts-Universität Kiel, vom Institut für Pflanzenbau, als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik (WBA) beim BMEL darauf hingewiesen, dass die seit 2018 gültigen Verschärfungen nicht ausreichten, um das Grundwasser in Deutschland ausreichend vor Einträgen zu schützen. Im Gegenteil, zu viele Ausnahmeklauseln, wie beispielsweise bei Düngeobergrenzen, ermöglichten einen laxen Umgang bei der Ausbringung von Dünger.


Auch sozialdemokratische Europaabgeordnete appellieren an die nun mehr 100 Tage im Amt befindliche Agrar-Ressortchefin Klöckner, den Ankündigungen Taten folgen zu lassen.


„In Deutschland werden die Grenzwerte noch immer an über einem Viertel der Messstellen überschritten, wobei einige Regionen besonders belastet sind“, sagte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. Als Mitglied des Umweltausschusses im Europäischen Parlament widersprach er Klöckner, die in einer am Donnerstag in Berlin verbreiteten Pressemitteilung erklärt hatte, dass dasTrinkwasser „im Übrigen gesundheitlich unbedenklich und von sehr guter Qualität“ sei.


 Deutschland, aber auch andere EU-Mitgliedstaaten, müssen den Nitrateintrag stärker reduzieren, um die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, um die Kosten für Trinkwasser zu minimieren, und um die schädlichen Folgen der Überdüngung vor allem in den Meeren in den Griff zu bekommen“, betonte Wölken


Noichl: „Intensives Landwirtschaftsmodell gegen die Wand gefahren“


Die agrarpolitische Sprecherin der SPD im EU-Parlament, Maria Noichl, warnte die Bundeslandwirtschaftsministerin davor, das EuGH-Urteil auf die leichte Schulter zu nehmen und forderte ein Überdenken der landwirtschaftlichen umweltschädigenden Praxis:


„Die Nitratwerte in Deutschland machen deutlich, dass unser vielerorts intensives Landwirtschaftsmodell gegen die Wand gefahren ist“, so Noichl,



Es geht augenscheinlich auf Kosten der nachhaltig wirtschaftenden Betriebe, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Umwelt. Die kommende Reform der EU-Agrarpolitik muss daher genutzt werden, um nachhaltiges und umweltschonendes Wirtschaften in Zukunft zu belohnen". Dazu gehöre neben einem größeren Beitrag für Umwelt- und Klimaschutz auch eine gesellschaftlich akzeptierte Tierhaltung.


Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes hat zunächst einmal feststellenden Charakter.  Noch werden keine milliardenschweren Strafzahlungen fällig. Berlin und Landwirtschaftsministerin Klöckner wird eine letzte Frist vor Sanktionen eingeräumt.


„Deutschland ist jetzt in der Pflicht, zusätzliche Maßnahmen einzuleiten, um den Nitrateintrag zu reduzieren und saftige Strafzahlungen in Milliardenhöhe zu vermeiden“, so Tiemo Wölken


Greenpeace: "EU muss Subventionierung von Agrar-Fabriken stoppen"


EU-Greenpeace Landwirtschaftsdirektor Marco Contiero erachtet die „industrielle Massentierhaltung“ für das Hauptproblem der Nitratbelastung in Deutschland. „Das von der industriellen Landwirtschaftspraxis herrührenden Nitrat-Problematik stellt nicht nur ein deutsches sondern ein zutiefst europäisches Problem dar“. Die EU müsse endlich die Subventionierung von Agrar-Fabriken stoppen und dem Gesundheitsschutz Vorrang einräumen.


Deutschland sei nun aufgefordert, durchgreifende Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um den EuGH-Bescheid zu erfüllen. Werde dies nicht erfolgen, drohen milliardenschwere Strafzahlungen gegenüber er deutschen Bundesregierung. Kommt keine Abhilfe auf den Weg, drohe Deutschland in einer zweiten Stufe ein Vertragsverletzungsverfahren, dass in diesem konkreten Fall milliardenschwere Strafzahlungen wegen Verstoßes gegen die EU-Wasserrichtlinie nach sich ziehen würde,


EU-Wissenschaftler rechneten unlängst vor, dass die Nitratgrundwasserbelastungen in der gesamten EU für die Wasserwerke rund 320 Milliarden Euro an zusätzliche Kosten bei der Gewässerreinhaltung verursachten.


BDEW: "EuGH-Urteil ist eine Ohrfeige mit Ansage für die deutsche Landwirtschaftspolitik"


Auch der Bundesverband der Deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BDEW) schlug nach dem Luxemburger EuGH-Urteil erneut Alarm: „Die Verurteilung Deutschlands durch den Europäischen Gerichtshof ist eine Ohrfeige mit Ansage für die deutsche Landwirtschaftspolitik. Das Urteil bestätigt die bisherigen Einschätzungen der Wasserwirtschaft. Im Unterschied zu anderen EU-Mitgliedstaaten ist die EU-Nitratrichtlinie in Deutschland auch 25 Jahre nach Inkrafttreten nicht umgesetzt worden. Auf den permanenten Bruch europäischen Rechts kann in Deutschland niemand stolz sein“, sagte Martin Weyand, BDEW-Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser.


Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner räumte in ihrer am Donnerstag verbreiteten Presseerklärung ein, das nun Zeit zum Handeln gekommen sei, die Situation in Deutschland auf EU-Niveau zu bringen: „Das BMEL wird mit der Europäischen Kommission kurzfristig in einen Dialog treten, um zur Frage der hinreichenden Umsetzung des Urteils und der Nitrat-Richtlinie im Gespräch zu bleiben“. Die Zeit drängt, denn in Brüssel wird bereits an einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in Sachen Wasserqualität gearbeitet.

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