Die Europäische Kommission geht die Korruption mit EU-Agrargeldern in Ungarn „nur unzureichend“ an. Diesen Vorwurf erhebt der EU-Haushaltskontrollpolitiker Daniel Freund im Gespräch mit AGRA-EUROPE.
Aus seiner Sicht hätte der Vorschlag zur Anwendung des Rechtsstaatsmechanismus gegen den östlichen Mitgliedstaat auch die Vergabe der EU-Agrarzahlungen umfassen müssen. Stattdessen wolle die Kommission nun nur Gelder aus drei Kohäsionsprogrammen in Höhe von 7,5 Mrd. € einfrieren.
„Zusätzlich besteht die Problematik, dass es in Ungarn keine unabhängige Justiz mehr gibt“, beklagt der frühere Mitarbeiter von Amnesty International. Die dortigen Probleme werde man nicht wirksam angehen können, in dem man sich lediglich auf die Vergabepraktiken bei öffentlichen Aufträgen konzentriere.
Kritik übt Freund auch an der Rechtfertigung von EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn, wonach der Anteil von Ausschreibungen beim Kohäsionsfonds höher sei als bei den Agrargeldern. Dagegen wendet der grüne Europaabgeordnete ein, dass Agrarmittel der Zweiten Säule vielfach auch über Ausschreibungsverfahren vergeben würden.
Im Hinblick auf Ungarn bemängelt der EU-Parlamentarier, dass sich über die Ausschreibung öffentlicher Agrarflächen in den letzten zehn Jahren besonders viele Vertraute des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán Ländereien „unter den Nagel gerissen“ hätten. Viele dieser Akteure seien dann über die Direktzahlungen für diese Flächen zu Millionären oder gar Milliardären geworden. Als Beispiel nennt der deutsche Europapolitiker einen Schulfreund Orbáns, Lőrinc Mészáros.
Als eine der wesentlichen Verantwortlichen macht Freund EU-Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von der Leyen aus. Diese wolle in zwei Jahren wiedergewählt werden. Bei ihrer Wahl im Europaparlament vor gut drei Jahren habe sie es unter anderem mit den Stimmen der ungarischen Fidesz-Abgeordneten gerade so über die Ziellinie geschafft.