Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

News

Kragen geplatzt: Landwirt hält Verbrauchern schonungslos Spiegel vor

Einen amüsanten, informativen und sehr lesenswerten Artikel hat das Portal www.fragdenlandwirt.de veröffentlicht. Dieser hat es jetzt sogar in die Huffington Post geschafft. Unter dem Titel „Liebe Verbraucher“ prangert "Bauer Willi" schonungslos das widersprüchliche Kaufverhalten der Bürger an. Hier seine Wutrede...

Lesezeit: 5 Minuten

Einen amüsanten, informativen und sehr lesenswerten Artikel hat das Portal www.fragdenlandwirt.de veröffentlicht. Dieser hat es jetzt sogar in die Huffington Post geschafft und müsste eigentlich in allen Zeitungen erscheinen. Unter dem Titel „Liebe Verbraucher“ prangert "Bauer Willi aus dem Rheinland" schonungslos das widersprüchliche Kaufverhalten der Bürger an.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Der Artikel beginnt mit dem Satz: „Heute habe ich dermaßen die Schnauze voll.“ Bauer Willi (Name ist der Redaktion bekannt) bezieht sich dabei auf den aktuellen Preis für Pommes-Kartoffeln, für die der Erzeuger umgerechnet 1 Cent/kg erhält. Gleichzeitig kündigten die Hersteller von Dünger an, die Preise deutlich anzuheben. „Konsequenz: Mir werden in diesem Jahr wohl 25 % Gewinn fehlen“, so der Landwirt. Daher wendet er sich in sympathischer Offenheit an den Verbraucher.


Wie Alois Wohlfahrt von "Frag den Landwirt" auf Nachfrage von top agrar online erklärt, steht das Telefon seit einer Woche nicht mehr still. Täglich hätten 30.000 Leser den Artikel aufgerufen. Zahlreiche Zeitungen und Medien würden nachfragen. Bauer Willi möchte dennoch anonym bleiben, wie er uns gegenüber betonte. Er legt zudem Wert darauf, dass dies seine persönliche Meinung ist.


Hier die Wutrede im Original-Wortlaut:


Zig Ansprüche aber Hauptsache billig


„Du, lieber Verbraucher, willst doch nur noch eines: billig. Und dann auch noch Ansprüche stellen! Deine Lebensmittel sollen genfrei, glutenfrei, lactosefrei, cholesterinfrei, kalorienarm (oder doch besser kalorienfrei?) sein, möglichst nicht gedüngt und wenn, dann organisch.


Aber stinken soll es auch nicht, und wenn organisch gedüngt wird, jedenfalls nicht bei dir. Gespritzt werden darf es natürlich nicht, muss aber top aussehen, ohne Flecken. Sind doch kleine Macken dran, lässt du es liegen.

Die Landschaft soll aus vielen kleinen Parzellen bestehen, mit bunten Blumen und Schmetterlingen. Am liebsten wäre es Dir wahrscheinlich, wenn wir noch mit dem Pferd pflügen würden. Sieht doch so nett aus und Pferde findest du so süß! Und die Trecker würden dich auch nicht beim Joggen auf unseren Wirtschaftswegen behindern.


Null Ahnung


Du hast keine Ahnung und davon ganz viel. Ist dir eigentlich bewusst, dass wir Landwirte von unserer Hände Arbeit leben müssen? Dass auch wir Anspruch auf Urlaub haben, (den wir selten genug machen), dass auch wir Kinder haben, die genau wie deine, ein Smartphone haben wollen und Designerklamotten? Und studieren wollen? Wie sollen wir das denn leisten, wenn wir unsere Produkte verramschen (müssen)?

Erkläre du mir mal, wie ich anders reagieren kann, als mit noch mehr ausgefeilter Technik einen noch höheren Naturalertrag zu erwirtschaften. Klar kann ich auf Bio umstellen, aber da bekomme ich genau das an Mehrerlös, was ich an Minderertrag habe. Und von einem „guten Gefühl" allein kann ich nicht leben. Darüber lässt sich gut reden, wenn man davon keine Familie ernähren muss.


Formulare für „jeden Scheiß“


Und was mir noch gewaltig auf den Zeiger geht: Für jeden Scheiß, den ich mache, kann ich ein Formular ausfüllen, werde von Satelliten überwacht ob meine Feldgrenze auch auf den Zentimeter genau eingehalten wird, muss jedes Kilo Dünger aufschreiben, damit das von Kontrolleuren nachgerechnet werden kann. Dafür, dass meine Produkte auf Rückstände untersucht werden, bezahle ich selbst. Natürlich findet man nichts, aber ist ja Vorschrift. Wie bei BSE damals. Noch heute werden dafür jährlich 400 Mio. ausgegeben.


Weißt Du, wie viele Menschen an BSE in Europa gestorben sind? Keiner, nicht ein einziger! Wieviel waren es bei der Vogelgrippe, wie viele bei der Schweinepest? Aber wir kontrollieren uns zu Tode. Was ist eigentlich aus dem Waldsterben geworden? Im kollektiven Gedächtnis bleiben immer nur die (oft vermeintlichen) Katastrophen hängen. Und wir Bauern sollen es wieder gewesen sein. Da ist keiner, der es wieder zurechtrückt. Wir Bauern dürfen die Scherben alleine zusammenkehren.


Lebensmittel nichts mehr wert


Und dann noch was: dir sind Lebensmittel nichts wert. Sonst würdest Du nicht so viel wegschmeißen. Und: Mindesthaltbarkeitsdatum heißt nichts anderes, als dass es bis zu diesem Datum mindestens haltbar ist. Ich esse den Joghurt auch noch eine Woche danach. Mindesthaltbarkeitsdatum bei Haferflocken: Was soll der Schwachsinn? Leute, das ist gequetschtes Getreide. In den ägyptischen Pharaonengräbern hat man Getreidekörner gefunden, die waren 3000 Jahre alt. Wahrscheinlich muss ich demnächst bei meiner selbstgemachter Marmelade auch noch einen Stempel drauf machen...


Regionale Weintrauben im Winter?!


Du sagst, du würdest regional einkaufen? Stimmt doch nicht! Wer kauft denn jetzt, im Januar (!) die Weintrauben aus Chile, den Spargel aus Südafrika, die Mangos aus Brasilien und Äpfel aus China? Du doch! Sonst würden die beim REWE das längst nicht mehr anbieten. Aber unsere Möhren bleiben liegen. Schon mal was von Wirsing gehört, oder Weißkohl? Nein, Artischockenherzen müssen es sein.

Falls du dein Essen überhaupt noch selbst zubereitest! Es gibt in der Tiefkühltheke ja so viele leckere Fertiggerichte mit so viel leckeren Zutaten wie E 222 = Natriumhydrogensulfit oder E 310 = Propylgallat. Da klingt ja schon der Name eklig.


Auch sonst behauptest du viel: dass Du auf Qualität achtest, dir die Inhaltsstoffe auf der Packung jedes Mal durchliest, auf Nachhaltigkeit achtest und überwiegend fair einkaufst. Alles Quatsch: was du liest sind die Wurfzettel vom Discounter: 10 Eier für 1 Euro. Jetzt aber schnell los, bevor die weg sind. Freiland-Eier sind teurer? Egal, die billigen sind ja nur zum Backen.“

 

Soweit aus dem Artikel von „Bauer Willi“. Wenig später entschuldigte sich der Landwirt allerdings für seinen Ton. Er sei "vielleicht doch etwas über das Ziel hinausgeschossen. Aber es gibt Tage, da bekommt man nur schlechte Nachrichten und gestern war so einer", erklärt er. Er entschuldigt sich darin für die Pauschalkritik. Hier lesen Sie die vollständige Antwort von Bauer Willi.

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.