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Laufställe: Mit oder ohne AFP?

In Teil drei unserer Serie gehen wir den Fragen nach: Wie rechnet sich die AFP-Förderung für den Bau eines Boxenlaufstalles? Zahlt sich der Mehraufwand aus?

Lesezeit: 9 Minuten

Familie Meier aus Bayern schwimmt gegen den Strom. Während immer mehr Landwirte aussteigen und in den Nebenerwerb wechseln, gehen die süddeutschen Milchviehhalter den umgekehrten Weg: Damit der Junior in naher Zukunft sein Einkommen vollständig aus dem Betrieb bestreiten kann, wollen sie ihre Milchviehherde aufstocken – und zwar von derzeit 65 Kühe auf 120 Kühe plus Nachzucht. Da der alte Stall zu klein ist, soll ein größerer, moderner her.

Wie viele Landwirte, stellte sich auch Familie Meier die Frage: Lohnt sich die AFP-Förderung? Immerhin bezuschussen die Bundesländer Neubauten mit bis zu 40% der Baukosten. Andererseits sind mit der AFP-Förderung hohe Auflagen verbunden, die sich in den Kosten niederschlagen.

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Zusammen mit Elmar Brügger, Bauberater der Kammer Nordrhein-Westfalen, haben wir daher den Bau eines Standardstalles (ohne Auslauf) mit dem eines AFP-Stalles (mit Auslauf) verglichen. Wie bereits in den ersten beiden Teilen unserer Serie konzentrieren wir uns dabei auf drei Bundesländer, deren Förderbedingungen einen Querschnitt aus allen Ländern darstellen.

Alles hat Grenzen

In Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Thüringen, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen können Landwirte entweder eine Basis- oder die Premiumförderung in Anspruch nehmen. Alle Details zu den Förderbedingungen finden Sie in top agrar 07/2018, Seite 39. Wir haben uns die Konditionen in Sachsen-Anhalt einmal näher angeschaut.

Basisförderung: Landwirte, die sich für dieses Paket entscheiden, erhalten in dem ostdeutschen Bundesland einen Zuschuss in Höhe von bis zu 20% auf die Baukosten. Allerdings hat die Landesregierung einen Förderdeckel eingezogen. Dieser greift bei Baukosten von 2 Mio. € und mehr. Wer einen teureren Boxenlaufstall baut, erhält somit trotzdem nur einen Zuschuss von 400000 € (20% von 2 Mio. €).

Ohne Gegenleistung fließt das Geld hingegen nicht. Stattdessen müssen Sie beim Bau des AFP-Stalles im Vergleich mit einem herkömmlichen Boxenlaufstall einige Auflagen einhalten, die sich deutlich in den Baukosten niederschlagen:

  • Sie benötigen eine spaltenfreie Liegefläche. Alle Tiere müssen gleichzeitig liegen können. Im Fall von Liegeboxen ist für jedes Tier eine Box bereitzustellen.

  • Die Liegeplätze müssen Sie einstreuen (z.B. Stroh) oder aber Sie statten Ihre Flächen mit Komfortmatten aus.

  • Jedes Tier benötigt einen Grundfutterfressplatz, sodass alle Kühe gleichzeitig fressen können. Ausnahme: Wer beispielsweise ein automatisches Anschiebeschild, einen Futterschieber oder einen Futtermischwagen einsetzt, sodass die Tiere ständig Zugang zum Futter haben, kann ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von bis zu 1,5:1 wählen.

  • Pro Großvieheinheit benötigen Sie mind. 5,5 m2 Stallfläche.

  • Bei Stallneubauten müssen die Fressgänge bei Milchkühen mind. 3,5 m und Laufgänge 2,5 m breit sein, damit sich die Tiere stressfrei begegnen können.

In der Premiumvariante sind die Anforderungen als auch die Förderung nochmals höher. Bis zu 40% Zuschuss gemessen an den Baukosten können Sie einstreichen, wenn Sie neben den Basis-anforderungen Folgendes beachten:

  • Für mindestens ein Drittel der Milchkühe benötigen Sie einen Auslauf (4,5 m2 pro Großvieheinheit). Darauf verzichten dürfen Sie nur, wenn Sie im Sommer Ihre Tiere auf die Weide schicken, Ihren alten Stall umbauen oder aufgrund der Lage des Gebäudes ein Auslauf nicht möglich ist. In diesen Fällen müssen Sie allerdings mindestens 7 m2 Stallfläche je Großvieheinheit einplanen.

  • Jedes Tier benötigt einen Grundfutterfressplatz. Alle Tiere müssen gleichzeitig fressen können. Wenn Sie hingegen ein automatisches Anschiebeschild, einen Futterschieber oder einen Futtermischwagen einsetzen und die Tiere ständig Zugang zum Futter haben, ist ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von max. 1,2:1 zulässig. Wer einen Melkroboter einsetzt, kann das Tier-Fressplatz-Verhältnis auf 1,5:1 ausweiten.

Immerhin: In einem AFP-Boxenlaufstall müssen Sie nicht wie bei einem Mast- oder Sauenstall mit Mehrarbeit im Vergleich zu einem Standardstall rechnen. Was Sie allerdings bedenken sollten: Der AFP-Stall ist größer und nimmt somit mehr Platz ein als ein herkömmlicher Stall.

Für unsere Berechnungen haben wir einen typischen Stall für 120 Kühe gewählt, wie er derzeit oft gebaut wird. Lesen Sie dazu auch den Kasten auf dieser Seite.

Wenn Sie einen Standardstall bauen, der den gesetzlichen Vorgaben entspricht, müssen Sie mit Kosten in Höhe von 8792 €/Platz rechnen. Wollen Sie die Anforderungen aus dem Basisprogramm einhalten, zahlen Sie 236 € pro Platz mehr (9028 €, Übersicht). Hinzu kommen rund 16250 € (135 €/Platz) für den Betreuer, den Sie einschalten müssen, wenn Sie sich für ein AFP-Programm entscheiden.

Teure AFP-Ställe

Wer sich an die Auflagen hält, kann rund 226000 € Zuschuss einkalkulieren. Darin enthalten ist auch ein Zuschuss für den Betreuer von rund 10000 €. Zieht man von den Kosten für den AFP-Stall ohne Auslauf den Zuschuss ab, bleibt eine Summe von rund 857000 €, die sie aus eigener Tasche finanzieren müssen. Ein herkömmlicher Boxenlaufstall ist dann mit etwa 1055000 € deutlich teurer.

Die Förderung macht sich somit bezahlt. Für den AFP-Stall müssten Sie ca. 198000 € oder 1650 € pro Platz weniger einplanen als für den Standardstall.

Wer die doppelte Fördersumme erhalten will, muss die Anforderungen nach der Premiumförderung einhalten, was Sie rund 700 €/Platz mehr kostet als bei einem herkömmlichen Boxenlaufstall (ohne Auslauf). Dennoch zahlt sich auch in diesem Fall die Förderung aus. Zwar kostet der AFP-Stall mit Auslauf etwa 85000 € mehr, berücksichtigt man allerdings den Zuschuss von 400000 €, bleibt ein Plus von rund 315000 € (2625 €/Platz).

In den Bundesländern Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein erhalten Landwirte keine Basisförderung. Dort steht ihnen die Premiumvariante offen – teils mit deutlichen Einschränkungen. Aus dieser Gruppe haben wir Nordrhein-Westfalen und Bayern herausgesucht.

Nordrhein-Westfalen: Angenommen der gleiche Stall wie aus dem Beispiel für Sachsen-Anhalt wird in Nordrhein-Westfalen gebaut. Dann sähe die Rechnung ähnlich aus. Das Ergebnis fällt dennoch schlechter als in Sachsen-Anhalt aus. Denn hier liegt der Förderdeckel nicht bei 2 Mio. €, sondern die Landesregierung in Düsseldorf hat diesen bei 750000 € eingezogen. Zudem erhalten Sie beim Bau eines Stalles nur einen Zuschuss von 25% auf die Baukosten, da dieser gestaffelt ist und sich nach der Größe des Stalles richtet. Für „kleinere“ Ställe mit bis zu 100 Plätzen beträgt er 30%. Bei 101 bis 150 Kühen verringert sich der Wert auf 25%, bei mehr als 151 Kühen fällt er auf 15% (die Werte werden derzeit überarbeitet, noch gelten die aktuellen Sätze).

Es lohnt sich

Trotz dieser Restriktionen zahlt sich die Förderung auch in diesem Fall aus: Der AFP-Stall mit Auslauf ist rund 112000 € oder 936 €/Platz günstiger als ein herkömmlicher Stall.

Bayern: Hier sind die Förderbedingungen strenger als in NRW. Die CSU hat den Förderdeckel von ursprünglich 750000 € auf 400000 € gesenkt. Hinzu kommen ca. 1,75% höhere Baukosten. Das Ergebnis fällt bei Weitem nicht so üppig aus wie in Sachen-Anhalt oder Nordrhein-Westfalen. Der Vorteil für den AFP-Stall mit Auslauf gegenüber dem Standardstall schrumpft auf rund 23500 € (196 €/Platz).

Berücksichtigt man den Aufwand für die Förderung, relativiert sich das Ergebnis. Denn das Ausfüllen der Anträge und Erstellen der Unterlagen für die Genehmigungsbehörde kostet Zeit. So müssen Sie nicht nur einen Einkommens- und Eigenkapitalsnachweis erstellen, sondern auch zwei Buchführungsabschlüsse zusammen mit dem Antrag einreichen.

Bedenken sollte man auch die Zweckbindung. Wer einen AFP-Stall baut, darf diesen zwölf Jahre lang nicht umwidmen. Verstoßen Sie dagegen, müssen Sie einen Teil des Zuschusses zurückzahlen. Ein Eigentümerwechsel oder eine Hofübergabe sind nur mit vorheriger Zustimmung der Bewilligungsstelle möglich. Ausnahme: Hält sich der neue Eigentümer an die AFP-Auflagen, ist ein Wechsel unproblematisch.

Der Zwölfjahreszeitraum beginnt außerdem erst nach der Endabrechnung des Stalles – und die kann sich hinziehen. Manchmal liegt diese nach Monaten oder sogar erst einem Jahr vollständig vor. Aus den theoretischen zwölf Jahren wird in der Praxis somit ein deutlich längerer Zeitraum.

Meiers haben sich bewusst gegen die Förderung entschieden. Der finanzielle Vorteil erscheint ihnen zu klein im Verhältnis zu den Vorgaben. Sie wollen auch in Zukunft flexibel bleiben, was die betrieblichen Entscheidungen angeht. In anderen Bundesländern wäre die Entscheidung der Meiers vermutlich anders ausgefallen.

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Die Daten zum AFP-Stall

Bei den Kalkulationen haben wir uns an einem Boxenlaufstall (mit Auslauf) mit 120 Plätzen orientiert. Dieser verfügt über einen Gruppenmelkstand und Vollspalten, einem Selektionsbereich und einem Güllekeller mit 2,20 m Tiefe (Zirkulationssystem). Hinzu kommen ein Büro- und ein Technikraum.

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Kommentar: Bitte nachbessern!

Ein Kommentar vom Redakteur dieses Artikels, Diethard Rolink:

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Das trifft auch auf die AFP-Förderung zu. Nach wie vor ist der Grundgedanke hinter der Förderung aktueller denn je und trifft den Zeitgeist: Mit den teilweise üppigen Zuschüssen wollen die Bundesländer eine nachhaltige, umweltschonende, tiergerechte und zugleich wettbewerbsfähige Landwirtschaft fördern. Die damit verbundenen Auflagen in einigen Bundesländern wirken aber wie aus der Zeit gefallen. Sie passen nicht zur Wirklichkeit auf den Betrieben. Nur ein paar Beispiele:

  • Warum eine Großvieheinheitengrenze in einigen Bundesländern taggenau eingehalten werden muss, ist nicht nachvollziehbar. Schließlich kann es vorkommen, das durch Zu- und Verkäufe für eine kurze Zeit ein paar Tiere mehr im Stall stehen – ohne im Schnitt eines Jahres die Grenze zu überschreiten.

  • In einigen Regionen können Landwirte nur einmal im Jahr einen Antrag einreichen. Diejenigen, die diesen Termin verpassen, müssen somit zwölf Monate lang warten und unterliegen faktisch einem Baustopp. Das erinnert an Planwirtschaft.

  • In Bayern hält mehr als jeder zweite Betrieb seine Kühe in einer Anbindehaltung. Nicht wenige würden gerne einen Boxenlaufstall bauen. Doch der Ex-Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) hat die Förderung auf 120000 € gedeckelt. Gekniffen sind nun vor allem Betriebe, die mehr als 50 Kühe halten. Denn mit steigenden Baukosten stellt sich schneller als in anderen Bundesländern die Frage: Steht die in Realtion zu den Baukosten niedrige Fördersumme in einem akzeptablen Verhältnis zu den Auflagen?

  • Das ein AFP-Stall zwölf Jahre lang nicht umgewidmet werden darf, liegt nahe. Andernfalls würde man dem Betrug Tür und Tor öffnen. Aber was ist, wenn ein Betriebszweig dauerhaft unwirtschaftlich wird? Wer die Landwirtschaft fördern will, darf ihr nicht zusätzliche Klötze ans Bein binden. Eine Härtefallregelung würde manch einem die Scheu vor der Förderung nehmen.

Wer eine moderne Landwirtschaft fördern will, sollte als Erstes die Nebenbedingungen der Förderung überarbeiten. Das würde nicht nur den Landwirten entgegenkommen, sondern auch den Verbrauchern. Schließlich fordern diese eine tiergerechte Landwirtschaft. Diesem Wunsch wollen viele Betriebe nachkommen. Dazu benötigen Sie aber auch eine Unterstützung – ohne wirklichkeitsfremde Auflagen.

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