Uta Ruge ist Autorin von „Bauern, Land – Die Geschichte meines Dorfes im Weltzusammenhang“. Für die Märzausgabe der top agrar schrieb sie folgenden Blick von außen:
Als mein Buch herauskam und in den verschiedenen Zeitungen besprochen wurde, stellte ich fest, dass fast immer eine kleine Verdrehung oder ein Fehler in den Texten war. Ach, die Medien …
Fühlen wir uns nicht alle, die einen Moment ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit geraten, missverstanden und falsch dargestellt? Ob LehrerInnen, PolizistInnen oder Pflegende – die Betroffenen wissen es besser, haben es anders erlebt, finden ihre berufliche Problematik falsch verstanden und in den Medien höchstens mal so halbwegs richtig dargestellt.
Dasselbe gilt natürlich für Bauern und Bäuerinnen und überhaupt für die Landwirtschaft – besonders jetzt, in Zeiten der gesellschaftlichen Transformation von einer verbrauchenden zu einer auf Nachhaltigkeit verpflichteten Wirtschaft. Meistens schlägt man auf diesem Felde ohnehin den Sack und meint den Esel. In diesem Fall schlägt man die Landwirte und meint die Käufer billiger Lebensmittel – also sich selbst. Das ergibt automatisch viel Verrenkung.
Die Landvolkfahne, die bei einigen Bauern-Demos mehr mediale Aufmerksamkeit erregte als die Forderungen der Landwirte selbst, zeigt ein weiteres Problem. Denn nicht nur Brot, Butter und Ei müssen zuerst zu Markte gehen, bevor sie auf unseren Frühstückstischen landen. Auch Wörter und Bilder müssen es tun. Die krasse Verbilligung, ja Entwertung der Rohstoffe ist selbst an Zeitungen und Sendern nicht spurlos vorüber gegangen.
Zwar sind sie nicht unbedingt billiger geworden. Aber die Arbeitsbedingungen von Reportern, Journalisten und Redakteuren sind unter Druck geraten und oft prekär geworden – durch das Internet und die Kultur des Klicks. Da zahlt sich gründliche Recherche bald nicht mehr aus und auch nicht, den Besuch vor Ort zu wagen, das Gespräch mit den Betroffenen zu suchen. Der eine klickt vom anderen ab, Irrtümer und Vorurteile schreiben sich fort, vor allem dann, wenn sie einen gewissen Unterhaltungs- oder Skandalwert haben, denn so werden besonders viele Klicks geerntet, und nach denen richten sich Werbeeinnahmen.
Was lernen wir daraus? Martialische Fahnen sind ein Geschenk an die Klick-Kultur. Sogar große Trecker, die ihre Größe nicht selbst erklären, können es sein. Aber jedes Missverständnis kann zum Anfang eines Gesprächs werden. So machen die Bauern nicht nur satt, sie können auch sprechen! Und zuhören können sie auch, wenn man ihnen mal zugehört hat.
Deshalb ziehe ich den Hut vor den Landwirten, die bei ihren Demos, Blockaden und Mahnwachen mit allen das Gespräch suchen und selbst die Medien als Gesprächspartner noch nicht aufgegeben haben. Und ich ziehe den Hut vor jenen Journalisten, die nicht nur Fahnen fotografieren.
Hinweis: Gastkommentare geben nicht in allen Bereichen die Meinung der Redaktion wieder. Wir veröffentlichen sie dann, wenn wir sie für einen interessanten Diskussionsbeitrag zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft halten. Wie stehen Sie dazu? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar unten.
von Rudolf Rößle
Fanschal
Symbolik hilft nicht weiter, da haben sie recht.
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von Thomas Gaul
An der Sache vorbei
Es wäre schon sinnvoll, wenn sich die Landwirte mal mit der Geschichte der Landvolkbewegung und dem historischen Kontext der Fahne beschäftigen würden. Die berechtigten Proteste jedenfalls sind kein Grund, sich unter der historisch belasteten Fahne zu versammeln. Da macht es den ... mehr anzeigen Kritikern tatsächlich allzu leicht, die sich auf solche Symbole stürzen. Ich bezweifle, ob es auf solchem Wege gelingt, miteinander ins Gespräch zu kommen. Bezeichnenderweise geht Frau Ruge auf die Hintergründe gar nicht ein, sondern betreibt nur wohlfeile Journalismuskritik. Thema verfehlt, Frau Ruge! weniger anzeigen
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von Dirk Schulze-Gabrechten
Volle Zustimmung, Herr Gaul! Besser kann man die Problematik in ein paar Sätzen nicht darstellen. Da hätte ich klarere Aussagen von Frau Ruge erwartet. Ihr Buch "Bauern, Land" , das ich momentan lese, kann ich allerdings nur jedem empfehlen.
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von Rudolf Rößle
Neue Werbespots
Regional und der Güterzug ist beladen. Bei uns : Kaufen sie regional so kaufen sie ein Stück Baden-Württemberg. Direktvermarktung und Bio als Imageträger werden hier stark eingesetzt. Für die schöne Heimat muss nicht geworben werden, das hat der Tourismusverband schon perfekt ... mehr anzeigen vorgemacht. Bei uns wird tatsächlich immer mehr halbseitige Berichte gedruckt in den Tageszeitungen aus Höfen der Region. Da muss man auch den Schreibern mal danken, dass diese neutral und wertschätzend sind. Bei SWR Leute war mal ein ehemaliger Bildchefredakteur. Zuerst wird die Überschrift ge-erfunden und dann ein passender Text dazu gedichtet. Die Schlagzeile entscheidet. Lese ich nun den Text oder nicht. Wenn der Text aber Schlagzeilen lastig ist, ist es ein Bericht für die Tonne. weniger anzeigen
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von Stefan Lehr
Kernsatz
Der Kernsatz in dem ganzen Artikel ist fuer mich folgender: "Und zuhören können sie auch, wenn man ihnen mal zugehört hat." Der zweite Satzteil ganz besonders! Beim gegenwaertigen Verhalten der Medien, Politiker und anderer Gesellschaftsteilnehmer ist das UNS einmal Zuhoeren WOLLEN ja ... mehr anzeigen leider nicht vorhanden. Daher kommt dann eine solche Fahne ganz recht, um wieder vom Kernthema abzulenken. Denn, wenn man den LandwirtenInnen mal wirklich zuhoeren wuerde, dann erschliesst sich bei den meisten Menschen erstmal ein Aha-Erlebnis. Das habe ich bei fast allen Diskussionen mit Nichtagrariern festgestellt. Ansonsten darf ich mich bei Frau Ruge fuer die anerkennenden Worte bedanken und hoffe Sie traegt diese aus unserer Fachwelt hinaus in den Alltag der Gesellschaft. weniger anzeigen
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von Andreas Gerner
Die Schwarze Fahne erzielt das Gegenteil
Leider wird die von vielen falsch wahrgenommen. Und wer den Eindruck hat, kommt eben nicht mal eben über die Straße rüber und erkundigt sich, sondern denkt sich seinen Teil und will mit den vermeintlich extremen, oder gar ausländerfeindlichen lieber nicht sprechen. Selbst wenn die ... mehr anzeigen Insider das mit historischen Daten klarstellen könnten. Der erste Eindruck sitzt. Ins Gespräch kommen wir besser mit wirksamen Aktionen. So könnte man öffentlich symbolisch einen Baum (z.B. Christbaum) verbrennen. Stellvertretend für die Millionen Regenwaldbäume, die demnächst gebrandrodet werden, um die Produktionslücke zu schließen, die durch die Zwangsextensivierungen durch das Insektenschutzgesetz aufgerissen wird. Das bringt uns doch ins Gespräch, die Leute kapieren, dass wir die wahren Umwelt-und Insektenschützer sind und die Medien, vielleicht sogar FFF oder Greenpeace stellen sich auf unsere Seite. Die altbackene Fahne tut niemandem einen Gefallen. Warum nicht endlich umstylen? Der Pflug ist toll, der Hintergrund wird Grün und das Schwert wird eine Antenne oder ein Smartphone. Warum auch nicht? John Deere hat in den letzten Jahrzehnten zig mal sein Markenemblem umgestylt. Fendt hat ein paar mal die Farbtöne gewechselt. Und alle ändern laufend das Design der Hauben. Geht dabei was verloren? Nein. Denn TRADITION IST NICHT DAS BEWAHREN DER ASCHE; SONDERN DIE WEITERGABE DES FEUERS. weniger anzeigen
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von Christoph Zielinski
TOP
Ein schöner Beitrag. Besonders der Schluss gefällt mir.
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von Wilhelm Grimm
Ich glaube nicht, dass der Normalbürger sich darüber aufregt,
das muss man schon gezielt hoch ziehen. Die Niedersachsen haben vor etwa 30 Jahren in Kiel gegen den damaligen EU- Kommissar Mannsholt mit schwarzer Beflaggung demonstriert, darüber hat sich niemand aufgeregt. Wer will, findet immer ein Haar in der Suppe. Die Medien haben aber Lust, das ... mehr anzeigen muss man nicht unbedingt provozieren, aber mehr Gelassenheit bei Nebensächlichkeiten wäre angebracht, von allen Seiten. weniger anzeigen
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von Gerhard Steffek
Martialische Fahnen sind ein Geschenk an die "Klick-Kultur"!
Mögen diese Fahnen meinetwegen ein Geschenk an die Klick-Kultur sein, solange sie aber zum Nachdenken anregen und dazu führen ins Gespräch miteinander zu kommen, dann erfüllen sie doch ihren Zweck. Auf einen groben Klotz bedarf es mitunter eines groben Keiles. Wenn diese Fahne und ... mehr anzeigen ihre Symbolik diesen Keil darstellt, ein Schwert und ein Pflug haben ja auch eine "keilende", trennende Wirkung, die alte Strukturen aufbricht, warum dann nicht. Ist die Aufregung jetzt darüber so groß, weil dadurch einige aus ihrem Dornröschenschlaf oder ihrem Wolkenschloß aufgeschreckt wurden? Meinen möchte man es. Also, Chapeau denen, die die Fahne spannten! weniger anzeigen
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von Andreas Gerner
Der Unterschied ist,
dass die besagte Fahne dazu animiert, ÜBER uns zu reden. Nicht MIT uns. Von "Zweck erfüllt" kann dann keine Rede sein
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von Christoph Zielinski
Es hätte auch anders gehen können:
Diese Mittel zu wählen um zu provozieren halte ich für den falschen Weg. Landwirtschaft hat soviel mehr zu bieten als "braun angehauchtes" aus den zwanziger Jahren. Ich meine wir lieben doch unseren Beruf, viel mehr Eindruck würden beispielsweise Berichte über den Preisverfall unserer ... mehr anzeigen Produkte machen. Das muss nur richtig kommuniziert werden. weniger anzeigen
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von Gerd Uken
Bauernprotest
Sowohl die schreitende wie auch die öffentlich rechtlichen hatten es nicht für nötig über die Demo in Berlin zu berichten erst nach drei Wochen plötzlich der Oberste Vertreter des DBV mit seinem Pflug vorm Brandenburger Tor in Position stellte da tauchte es überall auf. Obwohl der ... mehr anzeigen Alleinvertretungsverband an der ganzen Demo gar nicht beteiligt war. Dafür aber bestimmt bei der Anhörung gefragt wurde. Das alleinige Demonstrationsrecht in Berlin hat Alf Schmidt- und das noch immer weniger anzeigen
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von Rainer Hoffmann
DBV
Rukwied setzt noch einen drauf ,er kommt bzw hält/schiebt direkt zwei Pflugschare .
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von Rudolf Rößle
Da
Sie es so schön geschrieben haben: Noch ein Wort : Und es fand sich kein Ochs noch Pferd, dass sich einspannen ließ.
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