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GAP 2020: Mehr Klarheit und Wahrheit gefragt

KOMMENTAR: Nicht Frust und Verzagen, sondern proaktive Konzepte der Landwirte sind gefragt, Es gilt Ökonomie und Ökologie zu versöhnen. Jetzt ist die Landwirtschaft am Zug

Lesezeit: 5 Minuten

Kommentar aus Brüssel zum Jahresbeginn 2020 von top agrar EU-Korrespondent Thomas A. Friedrich

Das Jahr 2020 ist ein Schicksalsjahr für die europäische Landwirtschaft und damit auch für die deutschen Bauern. In Brüssel werden die Weichen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP 2020) und das EU-Budget für das kommende Jahrzehnt gestellt.

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Trotz massiven Bauernprotesten, grünen Kreuzen und weit verbreitetem Frust steht ein Gezeitenwechsel an. Es ist an der Zeit, dass die Landwirtschaft mehr Marktwirtschaft wagt. Denn von Brüssel haben die Bauern in Zukunft immer weniger zu erwarten.

Der Brexit und die Neuwahl der Kommissionsspitze haben in den vergangenen Monaten die Arbeit in Brüssel nahezu lahmgelegt. Mittlerweile ist klar: Großbritannien verlässt am 31. Januar die EU. Die neuen Posten in Parlament, Kommission und Rat sind neu besetzt. Brüssel ist somit wieder voll arbeitsfähig.

Das ist längst überfällig, denn vor allem Europas Landwirte erwarten klare und verlässliche Signale, in welche Richtung sich die europäische Agrarpolitik in Zukunft entwickeln wird.

Fest steht: Die Zeichen stehen auf Veränderungen. Daran lassen auch die Neujahrsansprache von Kanzlerin Angela Merkel und die Losung der neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen keinen Zweifel. „Den Wandel wagen“, so lautet die gemeinsame Botschaft.

Neue Prioritäten in der EU ziehen Veränderungen in den traditionellen Politikbereichen nach sich. Davon ist vor allem die Landwirtschaft betroffen. Wie immer im Leben sind damit Chancen und Risiken verbunden.

· Der Austritt Großbritanniens aus der EU wird im neuen Jahrzehnt Spuren hinterlassen. Bis Ende des Jahres wollen Brüssel und London die Beziehungen der EU zum Vereinigten Königreich (UK) neu regeln. Die gute Nachricht für die Landwirtschaft: Bis Jahresende bleiben die Geschäftsbeziehungen mit zollfreien Warengrenzen wie bisher. Die schlechte: Ob bis Ende 2020 tatsächlich ein unterschriftreifes Handelsabkommen zwischen EU und UK zustande kommt, bleibt abzuwarten. Ende offen.

· Ursula von der Leyen will im März mit ihrem „Green Deal“ die EU auf Klimaneutralität einschwören. Bleibt es bei den Kommissionsplänen, soll der CO2-Ausstoß in einem ersten Schritt bis 2030 von 40 % auf bis zu 55 % sinken . Das Vergleichsjahr bildet 1990. Das wird nicht ohne Folgen für die europäischen Landwirte bleiben. Vor allem Kanzlerin Angela Merkel kann hier maßgeblich die Debatte mitbestimmen. Denn zur Jahresmitte übernimmt Deutschland für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft.

· In die deutsche EU-Ratspräsidentschaft fallen auch die Entscheidungen über die Ausgestaltung des mehrjährigen Finanzrahmens (2021-27) und die GAP-Reform. Die Kanzlerin lässt bisher nicht erkennen, dass sie den Landwirten beispringen will. Vielmehr ist zu erwarten, dass sie mehr Geld für die Bewältigung der Probleme durch die Migration einfordern wird und die Forschung vorantreiben will. Die Landwirtschaftsministerinnen Julia Klöckner und die in Wien wieder ins Amt gekommene Elisabeth Köstinger ziehen derweil am anderen Ende des Seils und machen sich für die beabsichtigte Rücknahme der Agrarkürzungen stark.

Als Hoffnungsträger für deutsche Landwirte könnte ausgerechnet Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch einen Wandel herbeiführen. Denn als größter Agrarproduzent in der EU sind die Franzosen mehr denn je auf eine Gegenfinanzierung aus Brüssel angewiesen. Starke Einschnitte wird er seinen Landwirten kaum verkaufen können. Dann müsste Macron im Gegenzug allerdings zum Beispiel der Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nord-Mazedonien und Albanien zustimmen. Dies hatte er im Dezember beim EU-Gipfel in Brüssel jedoch kategorisch abgelehnt.

· Brüssel wird die Agrarhilfen weiter eindampfen, auch weil das Gesamtbudget der EU durch den Brexit um mindestens zehn Mrd. Euro jährlich sinkt. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird dies die Landwirtschaft schon in der kommenden Siebenjahresperiode des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR 2021-2027) mit Einschnitten in der 1. und 2. Säule treffen. Gut, wer diese unbequemen Wahrheiten aus Brüssel in sein betriebswirtschaftliches Kalkül als Betriebsleiter bereits zu Beginn des neuen Jahrzehnts einkalkuliert.

· Zwar wird nach einer Prognose der EU das Durchschnittseinkommen europäischer Landwirte im neuen Jahrzehnt steigen. Die Prognosen für die einzelnen Betriebszweige fallen allerdings unterschiedlich aus. So ist nach Einschätzung der EU-Analysten mit einem Verfall des Schweinefleischpreises am Markt zu rechnen. Ebenso gehen die Autoren von sinkenden Preisen für Weizen, Mais und Sojabohnen bis 2025 aus. Das dürfte vor allem die Ergebnisse der Betriebe in den Staaten vor der Osterweiterung (EU-15) unter Druck setzen. Die EU kann allerdings weiter darauf hoffen, beim weltweiten Export von Milcherzeugnissen die Nase vorn zu haben.

Angesichts solcher Signale bleibt der Landwirtschaft nur eines: mehr Marktwirtschaft wagen. Denn von Brüssel haben sie in Zukunft immer weniger zu erwarten.

Gefordert sind aber auch die Verbraucher und der Handel. Die Landwirtschaft braucht faire Abnehmer und Konsumenten, die bereit sind, tiefer in die Tasche zu greifen. Wenn die GAP-Milliarden aus Brüssel geringer ausfallen in Zukunft, werden zum Ende des neuen Jahrzehnts die Verbraucher an der Einkaufskasse stärker die Einkommen der Landwirte sichern müssen.

Ohne Gegenleistung wird die Landwirtschaft aber keine Wertschätzung und Entgegenkommen erwarten dürfen. Grüne Kreuze, Treckerdemos und Mahnfeuer sind das falsche Signal. Europas Landwirte müssen ihre Kritiker Ernst nehmen.

Warum geht die junge Landwirte-Generation Europas nicht in die Offensive, um proaktiv an der Neugestaltung mitzuwirken? Es wäre an der Zeit „grüne Tische“, zu organisieren, um Zukunftskonzepte für die Herausforderungen der Digitalisierung und des „Green Deal“ gemeinsam mit allen Beteiligten für die EU zu entwickeln.

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