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Reaktionen auf GAP-Votum

Meinungsvielfalt zwischen "Weiter so" für EU-Landwirtschaft und "Auf dem Weg in eine grünere Agrarpolitik""

Beginnt nun der Überbietungswettbewerb zwischen Rat und Parlament? Oder zeitigt der Trilog eine Abwärtsspirale bei Umwelt-Ambitionen und Klimaschutz"

Lesezeit: 6 Minuten

Das Meinungsbild von Parteien, Nichtregierungsorganisationen, Umweltverbänden, Ministerien und Bauernvertretern könnte unterschiedlicher nicht ausfallen. Die kontrastierenden Bewertungen des Abstimmungsergebnisses im Europäischen Parlament zur GAP spiegeln den tiefen Spalt zwischen Legislative und Exekutive auf europäischer Ebene wider.

Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) ist höchst umstritten aber als einziges voll vergemeinschaftetes Politikfeld in der EU seit über 40 Jahren auch der am demokratisch stärkste legitimierte Part der Brüsseler EU-Politik. In den Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission werden in den kommenden Wochen unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft die letzten Stellschrauben vor Inkrafttreten der Reform mit Bindewirkung für die kommenden sieben Jahre noch zu bewegen sein.

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Die Umweltschutzorganisation WWF wertete die gefassten Parlamentsbeschlüsse als einen Blankoscheck für ein "Weiter so wie bisher" und bemängelte einen fehlenden Aufbruch in eine wirkliche Ökologisierung der europäischen Landwirtschaft:

Christoph Heinrich: "Die Kommission muss einschreiten, um Landwirten und Klima nicht massiv zu schaden"

„Das EU-Parlament verweigert sich einer Erneuerung der Europäischen Agrarpolitik. Nach dem EU-Agrarrat missachten auch die Europaabgeordneten sämtliche Klimaschutz- und Biodiversitätsziele der Europäischen Union. Damit droht dem Green Deal der Kommission die Bankrotterklärung."

"Die EU-Kommission muss eingreifen, denn wir steuern auf die Fortsetzung der bisherigen europäischen Landwirtschaftspolitik zu, die nachweislich der Natur, dem Klima und letztlich auch den Landwirtinnen und Landwirten massiv schadet“, forderte WWF-Naturschutzvorstand Christoph Heinrich in einer Presseerklärung.

Jan Plagge: "Minimalschrittchen des Parlaments reichen nicht aus für grünere Lebensmittelproduktion in der EU"

Auch der Präsident der europäischen Biobetriebe (Ifoam), Jan Plagge, erachtete die EP-Beschlüsse als zu mickrig, um einen wirklichen Wandel und Transition für mehr Nachhaltigkeit in der EU-Landwirtschaft auf den Weg bringen zu können:

"Die kleinen Schritte des EU-Parlaments reichen nicht aus für eine wirkliche grüne Transformation für Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft". Die nächsten zehn Jahre der Dekade sollten nach Ansicht von Plagge stärker genutzt werden, im Kampf gegen Klimawandel und Biodiversitäts-Katastrophe im Sinne einer Transfpormation entschlossen zu handeln.

"Es liegt jetzt in den Händen der EU-Kommission, dass die EU-Gelder in gute landwirtschaftliche Praxis in den Mitgliedsländern umgesetzt werden und mit den nationalen Strategieplänen den Herausforderungen von Biodiversität und Klimakrise Rechnung getragen wird. "

Plagge unterstrich die ungeteilte Beritschaft der europäischen Betriebe des ökologischen Landbaues alle Initiativen des Green Deal - insbesondere die Strategien Farm to Fork und zur Biodiversität - im Sinne des Green Deals zu unterstützen in den bevorstehenden Trilog-Verhandlungen.

Lins & Jahr: "Der Agrarsektor ist dem Pariser Abkommen ausdrücklich verpflichtet"

Ein positives Fazit der am Freitag erfolgten Parlamentsbeschlüsse zogen der Vorsitzende des EP-Agrarausschusses, Norbert Lins (CDU) und der EP-Berichterstatter Peter Jahr (CDU):

"Wir begrüßen die heutige Entscheidung des Europaparlaments ausdrücklich. Die Position des Europaparlaments für eine Agrarreform ist zeitgemäß und innovativ. Zeitgemäß deshalb, weil Öko-Regelungen zu einem sichtbaren Teil der Direktzahlungen geworden sind und weil ein Mindestbudget für grüne Investitionen beschlossen wurde."

Der Agrarsektor sei mit der Reform ausdrücklich dem Pariser Abkommen verpflichtet. Lins und Jahr nannten dafür Belege: "30% der Direktzahlungen sind explizit und obligatorisch für Öko-Regelungen reserviert."

Ebenso müssten 35% der Mittel für die ländliche Entwicklung für klima- und umweltbezogene Maßnahmen ausgegeben werden, so Lins und Jahr in ihrer gemeinsamen Erklärung. Dies seien wichtige Schritte auf dem Weg in eine grünere Agrarpolitik und weitaus ambitionierter als die Position, die die Mitgliedstaaten Anfang der Woche verabschiedet hätten.

Das Europaparlament habe besonderes Augenmerk auf die gerechte Verteilung der Agrarmittel gelegt und spreche sich auch für eine Deckelung der Direktzahlungen auf 100.000 Euro mit teilweisem Ausgleich der Arbeitskosten aus. "Diese Deckelung aussetzen kann nur der Mitgliedstaat, der mindestens 12% der Direktzahlungen für kleine und mittlere Landwirtschafts- und Familienbetriebe umverteilt. Diese Betriebe werden damit mehr als bisher von zusätzlicher Unterstützung profitieren", fassten Lins und Jahr als deutliche Fortschritte für eine nachhaltigere Landwirtschaft zusammen.

Martin Häusling: "Komplette Realitätsverweigerung gegenüber dem Zustand der Ökosysteme"

Dieser Bewertung konnte sich der grüne agrarpolitische Sprecher, Martin Häusling, nicht anschließen und übte vor allem Kritik an den sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien im EU-Parlament, die über lange Zeit eine "rot-grüne" Koalition bei den Änderungsanträgen für eien grünere nachhaltige Landwirtschaft aufrecht erhalten hatte, aber zuletzt ins konservative Lager umgeschwenkt und Merhehiten gegen fortschrittlichere Kräfte verhindert hatten.

„Was Konservative, Sozialisten und Liberale im Europaparlament heute abgestimmt haben, zeugt von kompletter Realitätsverweigerung gegenüber dem Zustand unserer Ökosysteme. Wer den unambitionierten Vorschlag des letzten Agrarkommissars kennt, hätte nicht für möglich gehalten, wie sehr die Agrarlobbyisten im Parlament diesen noch verwässern könnten, aber es ist passiert. Das Ergebnis ist in manchen Bereichen sogar ein klarer Rückschritt in Sachen Ressourcen-, Klima- und Tierschutz im Vergleich zum jetzigen Status Quo.

Der fortschrittlichere Standpunkt des EP-Umweltausschusses sei nach Ansicht von Häusling im Zuge der Verhandlungen blockiert, ausgebootet worden. "Die Sozialisten, mit denen wir in den letzten Monaten gute Kompromisse erarbeitet hatten, sind auf den letzten Metern zu den Konservativen und Liberalen übergelaufen, da hilft es auch nichts, wenn nun Teile von ihnen gegen den schlechten Gesetzestext gestimmt haben. Der „Pferdewechsel“ so Häusling habe dieses Ergebnis erst emöglicht gemacht.

Peter Liese: "Parlament deutlich ambitionierter bei Kappung und Umweltschutz"

Der umweltpolitische Sprecher der Europäischen Volkspartien (EVP) und Arzt Peter Liese betonte das ambitioniertere Niveau des Parlaments beim Thema Kappung:

Der Parlaments-Vorschlag weiche deutlich von dem Papier ab, dass der Ministerrat in der Nacht zum Mittwoch beschlossen habe. Insbesondere beim Thema Kappung und beim Thema Umweltschutz setzen die Abgeordneten andere Akzente.

„Wir haben beschlossen, dass, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, jeder Mitgliedstaat verbindlich ab 60.000 Euro pro Betrieb die Zahlungen für die Betriebe reduzieren muss und ab 100.000 Euro eine Kappung stattfindet. Von dieser Größenordnung darf man nur abweichen, wenn besondere Bedingungen gelten, wenn z.B. kleinere Betriebe sich zu großen zusammenschließen und entsprechend viele Arbeitsplätze auf dem Betrieb arbeiten oder, wenn man besonders umweltfreundlich wirtschaftet."

Ein einzelner Landbesitzer dürfe aber, auch wenn er verschiedene Betriebe habe, niemals mehr als 500.000 Euro erhalten. "Damit wollen wir vor allen Dingen Auswüchse wie die des tschechischen Ministerpräsidenten Babiš verhindern", so Liese. Dem Ministerpräsidenten werden Mitnahmeeffekte in Millionenhöhe aus seiner Agrarholding aus EU-GAP-Mitteln seit geraumer Zeit vorgehalten. EU-Rechnungshof und EU-Betrugsbekämpfungbehörde Olaf haben entsprechende Verfahren gegen Babis angestrengt.

Julia Klöckner: Wir gehen jetzt zusammen mit einer starken Position in den Trilog"

Durchweg zufrieden mit den Abstimmungen zeigte sich hingegen die deutsche Ratspräsidentschaft: „Den Beschluss des Europäischen Parlaments begrüße ich. Wir verfolgen das gleiche Ziel: Ernährungssicherung wollen wir zusammenbringen mit mehr Umwelt-, Arten- und Klimaschutz in der Landwirtschaft. Das ist auch Kern unseres Ratsbeschlusses aus Luxemburg. Wir gehen jetzt zusammen – Agrarrat und Parlament - mit einer starken Position in die Verhandlungen mit der Kommission, so Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner in einem Presse-Statement“

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