EU-Kommission will Mercosur Verhandlungen wieder vorantreiben
Nach dem Regierungswechsel in Brasilien will die EU-Kommission sich wieder den Verhandlungen um das Mercosur-Abkommen mit Südamerika widmen. Das löst Sorgen aus.
Nach dem Regierungswechsel in Brasilien wird in Brüssel wieder das Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten thematisiert. Die Präsidentin der EU-Kommission, Dr. Ursula von der Leyen, erklärte vergangene Woche beim Weltwirtschaftsforum in Davos, das Abkommen müsse „wieder Thema werden“. Internationaler Handel sei der Schlüssel, um die Kosten für die Industrie zu senken, Arbeitsplätze zu schaffen und neue Produkte zu entwickeln.
Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, sprach sich im Europaparlament klar für die Ratifizierung der umstrittenen Vereinbarung aus. „Wir müssen Mercosur jetzt unterzeichnen“, erklärte Weber unter Verweis auf den neuen brasilianischen Staatspräsidenten Lula da Silva. Das Abkommen werde auf globaler und europäischer Ebene „sehr gebraucht“.
Konkrete Gespräche ab Mai möglich
Der CSU-Politiker forderte im gleichen Atemzug die Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit Kanada (CETA) durch alle Mitgliedstaaten. Auch aus der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D) kam Rückenwind. „Mit dem Regierungswechsel in Brasilien gibt es eine neue Perspektive“, erklärte der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange, gegenüber Agra-Europe. Laut dem SPD-Politiker steht Präsident da Silva Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll aufgeschlossen gegenüber. „Die Vorbereitungen dazu laufen und ich würde mal erwarten, dass nach Karneval und Ostern und nach internen Vorbereitungen im Mai konkrete Gespräche stattfinden können“, so Lange.
Stimmung zu bilateralen Abkommen wandelt sich
Für eine konkrete Umsetzung des Abkommens werden nach Einschätzung des Ausschussvorsitzenden aber noch weitere Vereinbarungen gebraucht. Dies gelte insbesondere für Fragen bezüglich der illegalen Abholzung des Regenwaldes und der Arbeitnehmerrechte. Nach Angaben des SPD-Politikers steht beispielsweise fest, dass Produkte, die auf illegal abgeholztem Gebiet entstanden sind, nicht unter das Abkommen fallen. Es sei aber nicht geregelt, wie diese Bestimmung überwacht und durchgesetzt werde; hier brauche es Zusatzvereinbarungen. Für Lange hat sich die Stimmung hinsichtlich bilateraler Abkommen zuletzt „deutlich verändert“. Auch seien die politischen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten für solch ein Abkommen „auf der Hand liegend“.
Signale aus Brasilien
Auch aus Sicht der EU-Kommission ist das Abkommen mit den Mercosur-Staaten von „erheblicher geostrategischer und wirtschaftlicher Bedeutung“. Die Vereinbarung könne die Erholung von den Auswirkungen der Corona-Pandemie unterstützen, die Folgen des Ukraine-Krieges abmildern und den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage Agra-Europe. Auch wenn das Abkommen ambitionierte Vereinbarungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung beinhalte, sei sich die Kommission der Bedenken in den Bereichen Nachhaltigkeit und Umwelt vollumfänglich bewusst und räume diesen Priorität ein. „Ermutigend“ sind aus Sicht der Brüsseler Behörde Signale der neuen brasilianischen Regierung, die Entwaldungsproblematik angehen zu wollen.
Bewertung abwarten
Unklar bleibt derweil weiterhin, ob und inwieweit die nationalen Parlamente mit der Ratifizierung des Abkommens befasst werden. Die Zuständigkeit für Handelsfragen liegt ausschließlich auf der europäischen Ebene. Zuletzt waren immer wieder Stimmen laut geworden, die vor einer Aufteilung des Abkommens warnen - dann würde die Entscheidung über den Handelsteil beim Rat und dem Parlament liegen. Die Kommission erklärte dazu, die Entscheidung über die rechtliche Basis des Abkommens werde nach einer Bewertung des Inhalts erfolgen.
2019 hatte sich Brüssel mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay auf ein Abkommen verständigt. Den Südamerikanern soll unter anderem eine Freihandelsquote für Geflügelfleisch von 180 000 t und ein zollfreies Lieferkontingent von 180 000 t Zucker jährlich zugestanden werden. Für Ethanol aus Südamerika sieht die Übereinkunft ein präferiertes Jahreszollkontingent von 650 000 t vor.
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Nach dem Regierungswechsel in Brasilien wird in Brüssel wieder das Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten thematisiert. Die Präsidentin der EU-Kommission, Dr. Ursula von der Leyen, erklärte vergangene Woche beim Weltwirtschaftsforum in Davos, das Abkommen müsse „wieder Thema werden“. Internationaler Handel sei der Schlüssel, um die Kosten für die Industrie zu senken, Arbeitsplätze zu schaffen und neue Produkte zu entwickeln.
Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, sprach sich im Europaparlament klar für die Ratifizierung der umstrittenen Vereinbarung aus. „Wir müssen Mercosur jetzt unterzeichnen“, erklärte Weber unter Verweis auf den neuen brasilianischen Staatspräsidenten Lula da Silva. Das Abkommen werde auf globaler und europäischer Ebene „sehr gebraucht“.
Konkrete Gespräche ab Mai möglich
Der CSU-Politiker forderte im gleichen Atemzug die Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit Kanada (CETA) durch alle Mitgliedstaaten. Auch aus der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D) kam Rückenwind. „Mit dem Regierungswechsel in Brasilien gibt es eine neue Perspektive“, erklärte der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange, gegenüber Agra-Europe. Laut dem SPD-Politiker steht Präsident da Silva Verhandlungen über ein Zusatzprotokoll aufgeschlossen gegenüber. „Die Vorbereitungen dazu laufen und ich würde mal erwarten, dass nach Karneval und Ostern und nach internen Vorbereitungen im Mai konkrete Gespräche stattfinden können“, so Lange.
Stimmung zu bilateralen Abkommen wandelt sich
Für eine konkrete Umsetzung des Abkommens werden nach Einschätzung des Ausschussvorsitzenden aber noch weitere Vereinbarungen gebraucht. Dies gelte insbesondere für Fragen bezüglich der illegalen Abholzung des Regenwaldes und der Arbeitnehmerrechte. Nach Angaben des SPD-Politikers steht beispielsweise fest, dass Produkte, die auf illegal abgeholztem Gebiet entstanden sind, nicht unter das Abkommen fallen. Es sei aber nicht geregelt, wie diese Bestimmung überwacht und durchgesetzt werde; hier brauche es Zusatzvereinbarungen. Für Lange hat sich die Stimmung hinsichtlich bilateraler Abkommen zuletzt „deutlich verändert“. Auch seien die politischen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten für solch ein Abkommen „auf der Hand liegend“.
Signale aus Brasilien
Auch aus Sicht der EU-Kommission ist das Abkommen mit den Mercosur-Staaten von „erheblicher geostrategischer und wirtschaftlicher Bedeutung“. Die Vereinbarung könne die Erholung von den Auswirkungen der Corona-Pandemie unterstützen, die Folgen des Ukraine-Krieges abmildern und den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage Agra-Europe. Auch wenn das Abkommen ambitionierte Vereinbarungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung beinhalte, sei sich die Kommission der Bedenken in den Bereichen Nachhaltigkeit und Umwelt vollumfänglich bewusst und räume diesen Priorität ein. „Ermutigend“ sind aus Sicht der Brüsseler Behörde Signale der neuen brasilianischen Regierung, die Entwaldungsproblematik angehen zu wollen.
Bewertung abwarten
Unklar bleibt derweil weiterhin, ob und inwieweit die nationalen Parlamente mit der Ratifizierung des Abkommens befasst werden. Die Zuständigkeit für Handelsfragen liegt ausschließlich auf der europäischen Ebene. Zuletzt waren immer wieder Stimmen laut geworden, die vor einer Aufteilung des Abkommens warnen - dann würde die Entscheidung über den Handelsteil beim Rat und dem Parlament liegen. Die Kommission erklärte dazu, die Entscheidung über die rechtliche Basis des Abkommens werde nach einer Bewertung des Inhalts erfolgen.
2019 hatte sich Brüssel mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay auf ein Abkommen verständigt. Den Südamerikanern soll unter anderem eine Freihandelsquote für Geflügelfleisch von 180 000 t und ein zollfreies Lieferkontingent von 180 000 t Zucker jährlich zugestanden werden. Für Ethanol aus Südamerika sieht die Übereinkunft ein präferiertes Jahreszollkontingent von 650 000 t vor.