NDM-Naturwertstoffe-Pleite
Nährstoffaufbereitung: 90 Landwirte und ein Scherbenhaufen
90 Landwirte aus Westfalen wollten mit einer innovativen Biogasanlage Nährstoffüberschüsse abbauen. Nun musste die Gesellschaft Insolvenz anmelden.
Die NDM Naturwertstoffe GmbH in Velen (NRW) hatte sich viel vorgenommen: 140.000 t Schweine- und 60.000 t Rindergülle wollte die Gesellschaft Jahr für Jahr in der westfälischen Veredlungshochburg einsammeln, vergären, die Gärreste verbrennen und die nährstoffhaltige Asche als Dünger vermarkten. 1 200 t Stickstoff und 950 t Phosphor sollten so jedes Jahr die Region verlassen. Im Zuge der Regionale 2016 drückte eine Jury dem 18 Mio. € teuren Projekt sogar den „A-Stempel“ auf, die höchste Bewertung.
So richtig ging der Plan aber offensichtlich nicht auf. Die Betreibergesellschaft „NDM Naturwertstoffe GmbH“ meldete Mitte Dezember 2020 Insolvenz an. Seitdem stehen 90 Landwirte vor einem Scherbenhaufen. Sie sind über eine GmbH & Co. KG mit 2,3 Mio. € Einlagen sowie mit 5 Mio. € Darlehen an der GmbH beteiligt.
Neue Investoren in Sicht?
Insolvenzverwalterin Tanja Kreimer aus Stadtlohn (NRW) gab sich Mitte Februar in einem Gespräch mit top agrar kämpferisch. Bislang hätten 30 Interessenten bei der NDM angeklopft. Mit 15 sei man in intensivere Verhandlungen eingestiegen, die allerdings einen Kauf der Anlage bevorzugen. Damit wären die Landwirte möglicherweise aus dem Rennen, die bisherige Gesellschaftsstruktur am Ende. Um das zu verhindern, streben die Betroffenen den Einstieg des Investors in das bestehende Firmengeflecht an.
In welche Richtung die Verhandlungen auch steuern, eines steht für die NDM nicht zur Debatte: Landwirte aus der Region sollen weiter Gülle abliefern. Bislang befindet sich die Gesellschaft auch „nur“ in einer vorläufigen Insolvenz. Voraussichtlich am 1.4.2021 wird das offizielle Verfahren eröffnet, an dem höchstwahrscheinlich kein Weg vorbei geht, „da die Restrukturierung entweder über einen Insolvenzplan erfolgt oder über einen Verkauf der Anlage“, so Kreimer. Ob und in welcher Höhe die Landwirte dabei Geld verlieren, stehe aber noch nicht fest.
Über die Gründe, die das Projekt in die Knie zwangen, wird viel spekuliert: Die Gülle sei teilweise „zu dünn“, es gab technische Probleme usw. Laut NDM waren es vor allem Probleme mit der Verbrennung der Gärreste. So sei ein Stau im Prozess entstanden, weshalb man nie Volllast fahren konnte.
Ein Umbau der Verbrennung ist hingegen kostspielig, weshalb die NDM im Frühjahr 2020 zusätzliche Fördergelder beim Bundeslandwirtschaftsministerium anzapfen wollte. Das wiederum sorgt im Nachgang für Kritik. In einem Beitrag der Borkener Zeitung drängt sich der Verdacht auf: Obschon die NDM von ihren finanziellen Engpässen wusste, habe diese leichtfertig Steuergelder in Anspruch nehmen wollen. Bei einem Besuch der Anlage von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner Anfang 2020 sei der zusätzliche Bedarf von den Verantwortlichen ins Spiel gebracht worden.
Verwirrung um Fördergeld
top agrar liegt ein Briefwechsel zwischen dem Bundestagsabgeordneten Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/Die Grünen) und dem Bundeslandwirtschaftsministerium vor, der den Vorgang belegt. Klöckner bat aber darum, den offiziellen Weg einzuhalten und einen neuen Antrag einzureichen. Die NDM kam der Bitte nach und einige Monate später erhielt sie grünes Licht für weitere 1,6 Mio. €. Dabei müssen die Probleme zu dem Zeitpunkt mehr als offensichtlich gewesen sein, sagen Kritiker. Die NDM habe schließlich im Kreisausschuss des Landkreises Borken Mitte 2020 selbst eingeräumt, dass die Anlage erst 35 bis 40 % der anvisierten Güllemengen verarbeite.
Kreimer bestätigt zwar weitestgehend die einzelnen Fakten. Die Rückschlüsse, die die Zeitung daraus ziehe, seien aber nicht richtig. Die NDM habe eine realistische Chance gehabt. Auf den letzten Metern fehlte aber vor allem eines: Zeit. Man habe z. B. mit der Förderung im Juli 2020 gerechnet. Die Zusage kam aber erst am 29.9.2020. Außerdem gab es eine Bedingung: Der Zuschuss war gedeckelt (max. 40 % von den Gesamtkosten). 60 % der Kosten sollte die NDM beisteuern. 39 Landwirte stockten ihre Beteiligung zwar um rund 1 Mio. € auf. Das reichte aber nicht aus. Daher musste die NDM ein zusätzliches Finanzierungskonzept entwerfen. Dieser Prozess hätte sich in die Länge gezogen und letztendlich zeichnete sich auf den letzten Metern die Zahlungsunfähigkeit ab. Aus diesem Grund habe man den Großteil der Förderung erst gar nicht in Anspruch genommen. Lediglich 350.000 € seien auf die Konten der NDM geflossen.
von Karlheinz Gruber
Ein altes Sprichwort bei Großprojekten
Des ersten Tod, des zweiten Not, des dritten Leid bis sich der vierte Freud. Trifft wohl hier auch wieder zu. Denn mit jeder Insolvenz wird der Bau für den nächsten Billiger. Somit kommt man dann beim vierten in die Bausummen, wo die Rendite wieder paßt. Auf gut deutsch. Die Baufirmen ... mehr anzeigen sind zu teuer.... weniger anzeigen
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von Rudolf Rößle
Bei uns
war es das gleiche Spiel mit einem Pelletwerk. Für solche Investitionen sollten finanzstarke Firmen mit ins Boot geholt werden. So ging das Werk in die Insolvenz und ein großer Holzfaserverarbeiter hat die Anlage günstig übernommen und sie läuft heute noch.
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von Norbert Volz
Saggassenpolitik muss aufhören!
Weniger Tiere in einer Tier Hochburg, halte ich nicht für einen Rückschritt.
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von Jürgen Donhauser
Innovation statt Rückschritt
Es gab und wird aufgrund immer steigenden Anforderungen eine Spezialisierung in der Tierhaltung geben. Wer glaubt, dass Ackerbauern wieder mit Tierhaltung beginnen damit eine Flächengebundene Tierhaltung dann stattfindet, ist ein Träumer! Entweder wandert die Tierhaltung unter ... mehr anzeigen schlechteren Bedingungen ab, oder aber wir bleiben innovativ und schaffen es die Nährstoffe aufzubereiten und in Ackerbauregionen zu verteilen! weniger anzeigen
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von Anton Heukamp
Es ist nicht notwendig, dass "der Ackerbauer" Tiere hält. Spezialisierte Tierhalter, die z.B. eine Tierhaltungs-KG mit einem Ackerbauern betreiben oder die Gülle fest an Nachbarbetriebe liefern, wären Lösungsansätze. Mir geht es um die räumliche Verteilung der Tierhaltung, um ... mehr anzeigen ineffektive Nährstofffrachten zu reduzieren. Die Wertschöpfung ist bei einem Schwein geringer als bei z.B. einem Smartphone und die Transportkostensensibilität der Gülle entsprechend hoch. D.h. ein Smartphone von China nach Deutschland zu transportieren ist sinnvoller als Gülle von Vechta nach Hildesheim. weniger anzeigen
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von Erwin Imschloss
Die Versorgung mit tierischen Produkten ist gesichert
Auch wenn die Tierhaltung zurückgeht, wird es nicht mehr Importe, sondern nur weniger Exporte geben. Das wäre auch die einzige Chance wieder auf kostendeckende Preise zu kommen. Der Verbrauch von Fleisch wird in den nächsten Jahren zurück gehen. Sehen Sie sich die kommende Generation ... mehr anzeigen an, da wird sich was ändern! Und die Leute haben Recht, es muss sich was ändern! Ich meine damit nicht, dass wir jetzt funktionierende Betriebe aufgeben sollten, sondern dass man andere Ziele für die Zukunft setzen muss. Wer jetzt vor hat, eine Tierhaltung in einem sowieso schon viehstarken Gebiet zu erweitern, sollte sich das gründlich überlegen und sich nicht darauf verlassen, dass man die Exkremente schon irgendwie loskriegt. Außerdem gibt es ja auch noch die Inputseite, die genauso problematisch ist (Eiweißfutter). weniger anzeigen
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von Erwin Imschloss
Wertstoffvernichtung
Jeder Landwirt sollte wissen, dass Gülle ein Wertstoff ist! Wo Dünger nur noch Abfall ist, muss man an der Landwirtschaft was ändern. Daß unser Staat nicht mit Geld umgehen kann, wundert mich schon lange nicht mehr.
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von Heinz Göttke
Gülle und kein Ende.
Größenwahn der zum Millionengrab wird. Wenn man überlegt wieviel Geld schon in solchen Projekten versenkt worden ist. Unfassbar. Das wird nie so funktionieren das es sich von selbst trägt. Und das muss das Ziel jeder Förderung sein
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von Anton Heukamp
Ausstieg und Verteilung
Es wäre effektiver die Stillegung von Ställen zu fördern als Geld in derartige Projekte zu schieben. Es hören viele nicht gern, aber eine an die Fläche gebundene bzw. verteilte Tierhaltung ist, aus meiner Sicht, die einzige zukunftsfähige Lösung.
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von Nikolaus Berg
Tierhaltung
Das hatten wir schon Mal bei uns Mutterkuhhaltern und wurde vom Bund abgeschafft und unsere prämie abgeschafft und für alle auf die Fläche verteilt und gesagt produziert also Politisch gewollt
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von Norbert Thüning
Fazit
1.Weniger Schweine =weniger Gülle = höhere Schweiepreise! 2.Keine Aufnahme von Gülle aus Holland!
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von Edelhard Brinkmann
Anderes Konzept machen und fertig
In Friesoyte soll im Prinzip auch so eine Anlage entstehen aber da haben sich ein paar tüchtige Köpfe zusammengetan die das auf andere Weise regeln. In Zukunft gibt es nur noch Genehmigungen für Stallanlagen wenn der Mist oder die Gülle bei der Anlage abgelieferet wird. Die Spatzen ... mehr anzeigen auf dem Dach sagen wenn die Ware nicht da abgeliefert wird, wird die Baugenehmigung entzogen und fertig. Der Preis je Tonnen frei Friesoyte ist in den Vorverträgen mit 16,50 Euro Plus Transport Plus Steuern angesetzt, erhöhungen im Preis nicht ausgeschlossen. weniger anzeigen
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von Ulrich Geltz
Nur wer nichts versucht scheitert nie
Die Aufarbeitung von Gülle und Gärprodukt ist komplex, insbesondere wenn Nährstoffe separiert statt nur aufkonzentriert werden sollen. Trotzdem werden solche Verfahren künftig dringend benötigt, wenn man keinen radikalen Wandel in der Landwirtschaft herbeiführen will. Um ein ... mehr anzeigen neues Verfahren im Markt zu etablieren braucht es Pioniere, die Risiken eingehen. Die Risiken kann man aber minimieren, indem man - Verfahren im kleineren Maßstab entwickelt, bevor man große Anlagen baut - Die maximalen Kosten der Anlage daran ausrichtet, was man mit der Anlage und deren Produkten einnehmen kann - Eine Anlaufphase mit eventuell erforderlichen Anpassungen der Anlage einkalkuliert - Einen Absatzmarkt für die Produkte erkennt und aufbaut, bevor man mit zu hohen Erträgen kalkuliert - Alle Kosten in die Kalkulation einbezieht. Personal, Energie (auch wenn man sie selbst erzeugt), Abschreibung und Instandhaltung, Betriebsmittel, Versicherungen, Zinsen… Alles kostet Geld. Im beschriebenen Fall hätten alleine Abschreibung (über 10 Jahre) und Instandhaltung zu Kosten von über 10 € pro Kubikmeter Gülle geführt. Das muss man erst mal verdienen. - Fachkenntnis und Erfahrung mitbringt - Und vieles mehr Vermutlich wurden im vorliegenden Fall zu wenige dieser Punkte beachtet. Die Idee ist nicht unbedingt schlecht, es wurde meiner Meinung nach aber zu viel Geld zu schnell ausgegeben und zu wenig über preiswertere technische Alternativen nachgedacht. Noch kurz zu den Fördermitteln: Echte Innovationen kommen fast ausschließlich von kleinen und mittleren Firmen. Ohne Fördermittel sind diese Entwicklungen normalerweise nicht zu finanzieren. Große Firmen versuchen dann die Innovationen mitsamt den kleineren Firmen zu schlucken, um in den seltensten Fällen die Entwicklung auszubauen. Besser ist es für die Großen häufiger das alte Geschäftsmodell beizubehalten und die Neuerung schlicht einzudampfen und damit vom Markt fernzuhalten. weniger anzeigen
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von Gerd Stollberg
Wiederholung von alten Fehlern
Wir haben schon 2002 ein ähnliches Konzept versucht und sind am Ende gescheitert. Warum wird es immer wieder versucht und vom Staat mit viel Geld gefördert, um am Ende nur Verlierer zu haben.
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von Klaus Fiederling
Gefahr erkannt - Idee verbrannt!
Dass vorstehendes Bauernkonzept sprichwörtlich zum Sterben verurteilt ist, war im Eigentlichen bereits zur Geburtsstunde erwartbar, sollte es tatsächlich funktionieren. Eine dahingehende Betriebsfähigkeit hat es ja wohl unter Beweis gestellt!? Etwaigen Nachahmern bleibt bei einem ... mehr anzeigen solchen Paradebeispiel ganz simpel ausgedrückt sofort „das eigene Maul damit sauber“! Mit dieser thermischen Verwertungsmöglichkeit von Exkrementen würde man nämlich extrem mächtigen Industrien tatsächlich förmlichst die Wurst vom Brot nehmen. Letztere müssten infolgedessen für einen sogenannten Sekundärbrennstoff künftig sogar Geld bezahlen, welches sie aktuell noch spendabelst auf dem Silbertablett serviert bekommen. Derzeit läuft es umgekehrt weit eher so, um im bäuerlichen Jargon zu bleiben, hat man dieser Industrie erst einmal „angedient“, werden in selbigen Manageretagen die Preise dafür knallhart kalkuliert, ganz unmissverständlich bestimmt, um hernach den „Andienenden“ mitzuteilen, wieviel zu latzen ist. Warum funktioniert eben selbiges System, obiges Bauernmodell aber nicht!? - Die Kostenlast von ersterem Industriekonzept wird jedem für sein Abwasser Zahlungspflichtigen schonungslos präsentiert und entsprechend rechtsbindlich aufgebürdet... Noch weitere Fragen!? weniger anzeigen
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von Wilhelm Grimm
Staatsknete macht high,
das gilt ganz besonders für die "Farm to Fork"-Knete, die das Gegenteil von Nachhaltigkeit finanzieren will.
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von Andreas Gerner
Mir erschließt sich nicht, warum man die Gärreste verbrennt.
Klar muss man die trocknen und aus den Überschussregionen fahren, aber verbrennen macht wenig Sinn, wenn es in überschaubarer Distanz Regionen und (Ackerbau-)Betriebe mit Bedarf an Nährstoffen und Humus gibt.
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von Jens Geveke
...wenn die schon so aufkonzentriert sind, dass die brennen würden, dann kann man sie auch in die Ackerbauregionen fahren. Schliesslich schaffen wir es ja auch Phosphate aus Marroko hier her zu karren.
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von Gerhard Steffek
Verbrennen macht wenig Sinn -
nun ja, mit verbrennen könnte man nochmals Strom und Wärme produzieren. Nach dem Verbrennen hat sich die Transportmenge nochmals um gut die Hälfte reduziert. Insofern hätte es schon einen Sinn ergeben können. Aber anscheinend war jetzt gerade die ganze Verbrennung der Knackpunkt.
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von Werner Augustin
Verbrennen ist Quatsch
Ich glaube nicht, daß der Energiegewinn aus der Verbrennung ausreicht um das Material auf brennbare Feuchtigkeit zu bringen. Ackerbauern würden für die Organik zahlen.
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von Stefan Lehr
Das Verbrennen erschliesst sich mir leider auch nicht. Selbst wenn man dabei das Transportvolumen um die Haelfte reduzieren koennte. Der Energieaufwand ist bei weitem hoeher, als wenn ich die Gaereste mit der BHKW-Waerme runtertrockne und dann fein abgepackt an GaLa-Baubetriebe oder ... mehr anzeigen sonstwen verkaufe. weniger anzeigen
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von Gerhard Steffek
Stefan Lehr, Werner Augustin,
was meinen sie, wird heute mit Klärschlamm gemacht? Auch nichts anderes! Der wird auch verbrannt! Entweder in Monoverbrennungsanlagen oder Zementhersteller etc.pp. Zementhersteller nutzen dann die Asche als Füllstoff. Aber in die Landwirtschaft darf der Klärschlamm ja nicht mehr gehen. ... mehr anzeigen Die Gemeinden hätten es schon noch gerne gesehen, da dadurch die Entsorgung über den Acker erheblich billiger gewesen wäre, aber der allgemeine Mainstream sprach sich ja dagegen aus. weniger anzeigen
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von Gerhard Steffek
Blöd gelaufen!
Aber es zeigt sich immer wieder, wer sich auf Förderungen verläßt, der bewegt sich auf dünnem Eis. Am Markt vorbei zu handeln hat sich bisher immer gerächt.
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