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NASSER NORDEN: „Die provisorischen Güllelager sind eine absolute Ausnahme!“

Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den Bau von provisorischen Erdlagern für Gülle und Gärreste erlaubt. Das war notwendig, weil viele Betriebe den Dünger aufgrund der hohen Niederschläge nicht mehr rechtzeitig vor Beginn der Sperrfrist ausbringen konnten.

Lesezeit: 6 Minuten

Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat den Bau von provisorischen Erdlagern für Gülle und Gärreste erlaubt. Das war notwendig, weil viele Betriebe den Dünger aufgrund der hohen Niederschläge nicht mehr rechtzeitig vor Beginn der Sperrfrist ausbringen konnten. Eine formale Baugenehmigung ist nicht notwendig. Welche Vorgaben darüber hinaus gelten, erläutert der Minister im Interview mit top agrar online.


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In Schleswig-Holstein droht ein Güllenotstand in diesem Jahr. Warum?


Habeck: Es ist in diesem Jahr eine absolute Ausnahmesituation. Es hat seit Monaten extrem viel geregnet, Felder und Äcker sind durchnässt, viele Flächen stehen regelrecht unter Wasser. Das fällt jedem auf, der durchs Land fährt. Für die Landwirtschaft ist das ein Riesenproblem: Viele Bauern können seit langem nicht mehr auf die Felder, der Mais konnte teilweise nicht geerntet werden. Und wir wissen nicht,  wie es sich auf Pflanzung und Ernte im kommenden Jahr auswirkt. Und akut dazu kommt eben das Problem mit der Gülle, die eben schon vor Beginn der Sperrfristen nicht ausgebracht werden konnte.


Dafür haben Sie jetzt Notfallmaßnahmen ergriffen.


Habeck: Ja, wir erlauben ausnahmsweise, dass provisorische Güllelager errichtet werden. Aber das ist eine absolute Ausnahme, die der absoluten Notfallsituation geschuldet ist. Wir bekämpfen damit in diesem Winter auch nur die Folge und nicht die Ursache eines grundlegenderen Problems: Die intensive Tierhaltung stößt vor allem auf dem Geestrücken an Grenzen. Wir haben dort zu viel Gülle und Gärrückstände auf zu wenig Fläche. Wenn die Gülle nicht entsprechend dem Pflanzenbedarf ausgebracht werden kann, wird der Nährstoffüberschuss immer größer. Dafür brauchen wir gemeinsame Lösungen. Darüber hinausbrauchen wir  dringend eine Strategie, die den Landwirten gutes Einkommen sichert, ohne auf immer mehr Tiere und immer mehr Leistung zu setzen. Unsere Vorschläge haben wir wiederholt vorgetragen. Es liegt am Bund und an der EU, diese aufzugreifen.


Wie viele Betriebe sind in Schleswig-Holstein voraussichtlich von Lagerengpässen betroffen?


Habeck: Das ist nicht genau bekannt. Wir wissen aber aus Gesprächen mit Beteiligten und Rückmeldungen von den Behörden vor Ort, dass bei einigen Betrieben die Lagerkapazitäten in Kürze bzw. teils auch jetzt schon erschöpft sind, so dass die Gülle in noch freie Lagerbehälter umgelagert werden musste. Vereinzelt sind auch schon provisorische Notfalllagerungen eingerichtet worden.


Wer erfasst die leerstehenden oder ungenutzten Lagerbehälter und deren Lagervolumen in ehemaligen und benachbarten Betrieben?


Habeck: Die betroffenen Betriebe sind in erster Linie selbst dafür verantwortlich, sich in näheren Umkreis um freie Lagekapazitäten und –behälter zu bemühen. Dabei werden die Landwirte auch von den landwirtschaftlichen Lohnunternehmen, Maschinenringen, Bauernverband und auch von den vorgenannten Behörden aktiv unterstützt.


Wird nur in Schleswig-Holstein gesucht oder auch in angrenzenden Bundesländern?


Habeck: Freie Lagerkapazitäten werden vorrangig im näheren Umkreis der Betriebe gesucht. Da häufig jedoch kaum noch freie Kapazitäten vorhanden sind, muss man auch in weiterer Entfernung schauen oder es müssen alternativ entsprechende Notfalllager eingerichtet werden. Bislang ist hier ein Fall bekannt geworden, wo sich der Lohnunternehmerverband darum bemüht hat, außerhalb von Schleswig-Holstein mehrere nicht mehr genutzte Erdbecken zur Güllelagerung zu reaktivieren, um dort ggf. Wirtschaftsdünger von Betrieben aus Schleswig-Holstein einlagern zu können.


Welche baulichen und sicherheitstechnischen Anforderungen werden an die Notfalllager gestellt (z.B. Materialdicke der Folie, max. Lagervolumen)?


Habeck: Wir haben in der akuten Notsituation jüngst zwei maßgebliche Erlasse für die Landwirtschaftsbehörden und unteren Wasserbehörden mit Hinweisen und fachlichen Empfehlungen herausgegeben, damit es ein einheitliches Vorgehen im Land gibt, das den Schutz der Gewässer vor weitergehenden Gefahren – etwa durch ein Überlaufen der Güllebehälter – sicherstellt. Ein provisorisches Gülle-Erdlager darf nur zeitlich begrenzt während der bestehenden Notfallsituation betrieben und genutzt werden, maximal für 6 Monate nach Fertigstellung. Der Standort muss geeignet sein, zum Beispiel darf es nur eine absolut ebene Fläche sein. Zum Schutz von Boden und Grundwasser muss der Landwirt oder die Landwirtin von einem Fachbetrieb eine Folie verlegen lassen, die mindestens ein Millimeter dick ist. Silofolie ist nicht erlaubt. Mit dem Bodenaushub muss eine standsichere Umwallung errichtet werden. Das Lager muss umzäunt sein, damit keiner reinfallen kann. Wichtig ist, dass man all die Schritte mit der unteren Wasserbehörde abstimmt.


Welche Abstände müssen zu Gewässern und anderen schützenswerten Gütern eingehalten werden?


Habeck: Es ist in jedem Fall zu oberirdischen Gewässern ein Abstand von mind. 10 m, zu Brunnen und Wasserversorgungsanlagen von mind. 50 m einzuhalten, je nach örtlicher Gegebenheit auch darüber (siehe auch einzuhaltende Anforderungen in den vorgenannten Erlassen).


Wird auch der Bau von Notfalllagern gefördert, wenn ja mit welchen Konditionen?


Habeck: Nein, das nicht. Ich weiß, dass es Kosten für die Landwirte verursacht und dass das nicht für jeden leicht ist. Wir haben als Land vor einigen Jahren den Ausbau der Lagerkapazitäten mit 2 Mio. € an Förderung einen Schub gegeben. Jetzt ist die Selbstverantwortung gefragt.


Wie schnell wird eine Notfallgenehmigung erteilt?


Habeck: Es ist keine formale Genehmigung notwendig, aber man muss sich eng mit der zuständigen unteren Wasserbehörde abstimmen. Die Errichtung des Notlagers erfolgt in eigener Verantwortung des jeweiligen Landwirts.


Eine weitere Option wäre die Separierung von Gülle und Gärresten, um die Nährstoffe kostengünstiger transportieren und ggf. auch lagern zu können. Unterstützen Sie diesen Ansatz und können Sie sich vorstellen, die Separierung auch finanziell zu fördern?


Habeck: Die Separierung löst das grundsätzliche Problem nicht. Sofern gegenwärtig überhaupt noch Geräte verfügbar sind, kann die Separierung nur im Einzelfall eine Möglichkeit sein, um Gülle und Gärrückstände in die Flüssigphase und Feststofffraktion zu trennen. Allerdings verbleibt dann immer noch ein Lagervolumenbedarf von rd. 80 Prozent allein für die flüssige Phase. Und sofern die Feststofffraktion nicht in andere Betriebe bzw. Regionen verbracht werden kann, müssen hierfür ebenfalls dafür geeignete und zulässige feste Anlagen und Lagereinrichtungen vorhanden sein. Eine auch nur vorübergehende Lagerung von separierter Gülle/ Gärrückständen auf unbefestigter landwirtschaftliche Fläche ist in Schleswig-Holstein nicht zulässig.


Welche Alternativen gibt es noch, wenn nicht rechtzeitig zusätzliche Lagerkapazitäten gefunden oder geschaffen werden können? Ist dann neben der schon zugestandenen Verschiebung der Sperrfristen rechtlich auch eine Aussetzung der Sperrfristen möglich?


Habeck: Die dafür maßgebliche Düngeverordnung sieht eine Aussetzung der zeitlichen Sperrfristen nicht vor. Sie ist daher rechtlich nicht möglich. Und die Sperrfristen haben ja einen Sinn: Sie sollen die Böden und Gewässer schützen.


Die Fragen stellte top agrar-Chefredakteur Dr. Ludger Schulze Pals


Weitere Informationen im Merkblatt des Ministeriums „Hinweise für die Lagerung von flüssigen Wirtschaftsdüngern in Not- und Havariefällen:

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