Das Bundesernährungsministerium (BMEL), bei dem die Kommission angesiedelt ist, hat nun offiziell die „Leitsätze für vegane und vegetarische Lebensmittel mit Ähnlichkeiten zu Lebensmitteln tierischen Ursprungs“ veröffentlicht. „Die neuen Leitsätze geben den Verbrauchern einen echten Mehrwert. Mehr noch: Deutschland nimmt damit in Europa eine Vorreiterrolle ein, was die Aufmachung und Bezeichnung von veganen und vegetarischen Lebensmitteln betrifft“, so Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner.
Konkret sieht der Leitsatz vor,
- dass Bezeichnungen, die in Anlehnung an spezielle gewachsene
Fleischteilstücke wie "Schinken" erfolgen, künftig nicht mehr
verwendet werden sollen,
- dass Bezeichnungen in Anlehnung an geschnittene Fleischstücke
wie beispielsweise "Schnitzel" sowie an Lebensmittel aus
zerkleinertem Fleisch wie "Frikadellen" verwendet werden können,
- dass Bezeichnungen für Kategorien von Wurstwaren, z. B.
"Streichwurst" oder "Bratwurst" weiterhin üblich sind,
- dass Bezeichnungen für spezifische Wurstwaren wie "Lyoner",
"Salami", "Leberwurst" wiederum zukünftig nicht mehr verwendet
werden sollten und wenn, dann nur in beschreibender Form wie
"Typ Salami" oder "nach Art Salami".
Entscheidend sei die sensorische Ähnlichkeit der Eigenschaften zum in Bezug genommenen Lebensmittel tierischen Ursprungs. Als Faustregel gilt: Je enger sich vegane und vegetarische Lebensmittel an ihre tierischen Vergleichsprodukte anlehnen, desto ähnlicher müssen sie diesen sein. Die Leitsätze erläutern daher nicht nur, was unter veganen und vegetarischen Produkten zu verstehen ist und wie sie hergestellt werden, sondern beschreiben auch, wie Lebensmittel bezeichnet werden, die bestimmten Fleisch-, Fisch- oder Feinkostsalaten mit Zutaten tierischen Ursprungs nachempfunden sind.
DBV: Es gibt kein fleischfreies Fleisch
Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht in den neuen Leitsätzen für vegane und vegetarische Lebensmittel allenfalls das Bemühen, mehr Klarheit und Wahrheit in die Kennzeichnung von Fleischersatzprodukten zu bringen. „Damit werden zwar der bestehende Wildwuchs bei Veggie-Bezeichnungen kanalisiert und die größten Auswüchse beseitigt“, sagt der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken. Nach wie vor sei aber schwer vermittelbar, wenn die Bezeichnung eines aus Pflanzenbrei bestehenden Stücks als „vegetarisches Schnitzel“ nicht beanstandet werde, während eine aus einem Fleischbrei geformte Schnitte zu Recht nicht „Schnitzel“ heißen dürfe.
Connemann: Mehr Klarheit und Wahrheit für Veganer und Vegetarier
„Für mehr Durchblick sorgen zukünftig die Leitsätze. Damit gibt es jetzt klare Spielregeln für den Markt mit Fleischersatzprodukte – jedenfalls in Deutschland. Diese helfen Veganern und Vegetariern bei der Kaufentscheidung“, so Gitta Connemann, Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Zudem würden die Richtlinen für die Hersteller Rechtssicherheit für den Produktionsprozess bieten. Denn die Produkte würden eindeutiger als bisher definiert. Vegetarische oder vegane Wurst, das Schnitzel oder der Fisch werde damit transparenter. „Dies sorgt für mehr Klarheit und Wahrheit bei veganen und vegetarischen Produkten. Gleichzeitig werden traditionelle Fleisch- und Wurstbezeichnungen geschützt. Wo Fleischsalat drauf steht, muss Fleisch drin sein, in einem veganen Schnitzel dagegen nicht“, Connemann weiter.
Stähle: Leitsätze bringen Herausforderungen für Lebensmittelhersteller
Dr. Sieglinde Stähle aus der Wissenschaftlichen Leitung des BLL und für die Wirtschaft auch Mitglied in der DLMBK betont: "Die Abstufungen sind bewusst gewählt, aber dennoch wird schon beim Lesen klar, dass die Unterscheidungen nicht auf Anhieb deutlich sind, weshalb das Konzept erklärungsbedürftig ist und hier noch viel Informationsarbeit betrieben werden muss. Zum einen für die sehr heterogene Anbieterseite und die Hersteller, die wissen müssen, wie sie bestimmte Produkte künftig leitsatzkonform bezeichnen, zum anderen aber auch für die Kunden, die demnächst das "vegetarische Sojaerzeugnis nach Lyoner Art" kaufen."