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Niedersachsen will Landwirtschaftskammer neu strukturieren

Die Landesregierung hat am Dienstag den Entwurf einer Gesetzesnovelle beschlossen, mit der die Rolle der Landwirtschaftskammer (LWK) als berufsständische Vertretung einerseits und als staatlicher Behördenträger andererseits gestärkt werden soll. „Damit sorgen wir künftig für eine klare Aufgabentrennung beider Bereiche“

Lesezeit: 6 Minuten

Die Landesregierung hat am Dienstag den Entwurf einer Gesetzesnovelle beschlossen, mit der die Rolle der Landwirtschaftskammer (LWK) als berufsständische Vertretung einerseits und als staatlicher Behördenträger andererseits gestärkt werden soll.


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„Damit sorgen wir künftig für eine klare Aufgabentrennung beider Bereiche“, sagte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer. „Auf diese Weise erreichen wir die notwendige Transparenz für eine jeweils neutrale und unabhängige Arbeit.“

 

Die Gesetzesnovelle soll den Wünschen des Landesrechnungshofes von 2012 ebenso wie einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg aus diesem Jahr Rechnung tragen. Kritisiert worden war von beiden Institutionen insbesondere die Vermischung von Beratungs- und Kontrollaufgaben. Durch die Gesetzesnovelle soll in Zukunft die bisherige Vermengung von Aufgaben ohne klare Zuständigkeiten und damit verbundene Folgen bei den jährlichen Etataufstellungen vermieden werden, teilt das niedersächsische Agrarministerium mit.  

 

Die Landwirtschaftskammer nimmt zum einen staatliche Überwachungsaufgaben für das Land wahr – zum Beispiel als Dünge- und Pflanzenschutzbehörde oder bei der Saatgutverkehrskontrolle. Eine wichtige Funktion hat die LWK laut dem Ministerium auch weiterhin als EU-Förderstelle. Als solche ist die Kammer unter anderem zuständig für EU-Direktzahlungen und die Agrarförderung. „In diesem Bereich wird die Landwirtschaftskammer wie bisher zu 100 Prozent durch das Land finanziert“, so Landwirtschaftsminister Christian Meyer.

 

Der zweite Bereich umfasst die Kammeraufgaben, also als Interessenträger der Landwirtschaft. Dazu zählen etwa die fachliche und betriebswirtschaftliche Beratung von Bauern, Weiterbildung und Qualifizierungsmaßnahmen landwirtschaftlicher Arbeitnehmer, die Zuständigkeit für das Tier- und Pflanzenversuchswesen sowie die Themen Pflanzenbau und Sortenversuche. Hinzu kommen Stellungnahmen als sogenannter Träger öffentlicher Belange sowie Gutachter- und Ingenieursdienstleistungen.  

 

Die klare Aufgabentrennung will Meyer künftig durch ein neues Element ergänzen: In Bereichen, die nicht nur im Landesinteresse sind, sondern auch dem Berufsstand zugutekommen, soll die Gesetzesnovelle eine Kooperation zwischen Land und LWK ermöglichen. Die Kammer könnte dann etwa Vereinbarungen abschließen, um zum Beispiel in Angelegenheiten von besonderem Landesinteresse einbezogen zu werden. Meyer: „Das gilt etwa für zusätzliche Projekte im Bereich Tierschutz, Nährstoffmanagement und Umweltschutz.“ Die Gesetzesnovelle ebne den Weg für eine „überfällige Reform und eine Anpassung an moderne Verwaltungsstrukturen“, wie er sagt.

 

Dazu beitragen dürfte überdies die Neujustierung der von der LWK zu beachtenden haushaltsrechtlichen Regelungen. Diese will der Minister auf den neuen Stand bringen, entschlacken und an das bereits eingeführte Haushaltssystem anpassen. Der Entwurf der Novelle werde zu Verbesserungen führen, ist sich Meyer sicher. U.a. soll es eine Frauenquote für die Kammerversammlung geben.


Oesterhelweg: „Nach Mittelkürzung kommt jetzt Entmündigung“


Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Frank Oesterhelweg, sieht den Entwurf für eine Novelle des Gesetzes über die Landwirtschaftskammer kritisch. „Wie von vielen Landwirten bereits seit Langem befürchtet, sieht es nicht danach aus, als könnte die Novelle zur Stärkung der Landwirtschaftskammer beitragen“, sagte Oesterhelweg. „Im Gegenteil: Nachdem die Kürzung der Zuschüsse durch die rot-grüne Landesregierung die Kammer bereits schwer getroffen hat, droht ihr jetzt auch noch die Entmündigung.“

 

Die von Meyer geplante „Optimierung der Verwaltung“ komme einer Zerschlagung der Landwirtschaftskammer gleich. „Große Teile der Kammer sollen offenbar direkt dem Ministerium unterstellt werden, damit der Minister unmittelbaren Einfluss auf die Inhalte nehmen kann“, so Oesterhelweg weiter. „Wir werden den Entwurf sehr genau prüfen und mit den Betroffenen beraten, wie es weitergehen soll. Die Chance für ein starkes Bekenntnis zur Kammer und damit letztlich auch zu Niedersachsens Landwirtschaft haben der Ministerpräsident und sein Landwirtschaftsminister wieder einmal vertan.“


Meyers Pressesprecher dementiert Vorwürfe


Mit Unverständnis reagiert der Pressesprecher des Hannoveraner Agrarministeriums, Klaus Jongebloed , auf die Aussagen von Oesterhelweg. Seiner Meinung nach zeuge das von Unkenntnis und die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage. „Dazu zählt auch der Hinweis auf eine angebliche Kürzung von Zuschüssen. Vielmehr wurden unter Rot-Grün allein für die EU-Förderung 60 zusätzliche Stellen finanziert“, so der Ministeriumssprecher. Zudem wolle Meyer den Landeszuschuss an die Landwirtschaftskammer per Haushaltsplan 2017 deutlich steigern. Dieser sei dann fast 10 Mio. Euro größer als unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung. Zur Verdeutlichung nennt Jongebloed konkrete Zahlen der Zuschüsse des Landes an die Landwirtschaftskammer:

 

2012: 68,3 Millionen Euro

2013: 68,67 Millionen Euro

2014: 71, 6 Millionen Euro (Erster rot-grüner Haushalt)

2015: 76,9 Millionen Euro (Mehrbedarf wegen neuer EU-Förderperiode)

2016: 73,9 Millionen Euro

2017: 77,1 Millionen Euro

2018: 78 Millionen Euro

 

Der Zuschuss des Landes an die Landwirtschaftskammer sei also im Vergleich zu 2013 um mehr als 10 % gestiegen – trotz Haushaltskonsolidierung des Landes und trotz weniger zu betreuenden landwirtschaftlichen Betrieben.

 

„Noch nie gab es einen so hohen Zuschuss an die LWK wie unter der jetzigen rot-grünen Landesregierung. Von einer Entmündigung kann also überhaupt keine Rede sein“, so der Pressesprecher weiter. Im Gegenteil: Die LWK erhalte durch die Auflösung der bisherigen Mischfinanzierung (30 % der Pflichtaufgaben trägt das Land) künftig finanzielle und organisatorische Planungssicherheit.


AbL begrüßt Initiative der Landesregierung


Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) aus Niedersachsen begrüßt unterdessen die Initiative der niedersächsischen  Landesregierung. Der AbL-Landesvorsitzende Ottmar Ilchmann verwies darauf, dass es in den meisten Bundesländern längst keine Landwirtschaftskammern und auch keine Pflichtmitgliedschaft und auch keinen Kammerbeitrag mehr gebe. Dennoch sollten in Niedersachsen bewährte Kammer-Bereiche wie Beratung, Ausbildung, Qualifizierung oder Versuchswesen bei der  Landwirtschaftskammer verbleiben.

Gerade zur effizienten, neutralen und landwirtschaftsnahen Erledigung dieser Aufgaben sei umso mehr eine Trennung von den Kontroll- und Überwachungsaufgaben geboten, die auch im Interesse ihrer Glaubwürdigkeit von staatlichen Stellen zu erledigen seien – was in den allermeisten Bundesländern längst Praxis sei.



In der Kammerversammlung, in der es bisher eine „totale Dominanz von Funktionären und Vertretern des „Landvolk“-Landesbauernverbands“ gebe, sollten laut der AbL künftig verstärkt Vertreter anderer Berufsverbände (wie BDM, Bioverbände oder AbL) ein stärkeres Gewicht bekommen. Auch in den Grundstücksverkehrs-Ausschüssen auf Landkreisebene müsse die bisherige Dominanz des „Landvolks“ beendet werden, damit bei der Genehmigung von Pacht- und Grundstückskaufverträgen die Möglichkeit und die Befürchtung  einer Diskriminierung bauernverbandsferner Landwirte ausgeschlossen sei.      


Das Landvolk wollte sich noch nicht zu dem Gesetzentwurf äußern, solange dieser nicht öffentlich vorliegt...

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