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Norbert Lins: „Kleinstrukturierte Landwirtschaft bietet höheren ökologischen Mehrwert“

top agrar Sommerinterviews 2018 Agrar und Ernährung. Heute: Norbert LINS (41). Seit 2014 CDU-Europaabgeordneter im Aussschuss für Umwelt, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Derzeit als Berichterstatter im Sonderausschuss für die EU-Genehmigungssverfahren von Pflanzenschutzmitteln (PEST) im EU-Parlament tätig

Lesezeit: 8 Minuten

top agrar Sommerinterviews 2018 Agrar und Ernährung. Heute: Norbert  LINS (41). Seit 2014 CDU-Europaabgeordneter im Aussschuss für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Derzeit als Berichterstatter im Sonderausschuss für die EU-Genehmigungssverfahren von Pflanzenschutzmitteln (PEST) tätig. Lins arbeitete vorher als persönlicher Referent von Rudolf Köberle im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg. Ab 2013 bekleidete der in Ravensburg geborene CDU-Politiker das Referat Breitbandförderung im "Ländle".


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top agrar: Herr Lins, Sie sind Co-Berichterstatter im Sonderausschuss des EU-Parlaments für das EU-Genehmigungsverfahren für Pestizide (PEST). Welche Themen stehen bis zum Ende des Jahres noch auf der Agenda?


Norbert LINS:Im Sonderausschuss Pflanzenschutz haben wir den Auftrag, bis Jahresende einen Bericht zu erstellen. Am 6. Dezember werden wir dazu eine Abstimmung im Landwirtschaftsausschuss haben und im Januar im Plenum darüber abstimmen. Ich bin gerade dabei, mit meinem Co- Berichterstatter-Kollegen Bart Staes von den Grünen den Berichtsentwurf zu erstellen. Ende September werden wir den Bericht vorstellen, der aufzeigt wie bisher die Pflanzenschutzmittel-Zulassung in der EU geregelt ist und was in Zukunft an möglichen Verbesserungen eingebaut werden kann. Ziel der Vorschläge ist eine Reform des künftigen Zulassungsverfahrens. Bis dahin gibt es noch weitere Anhörungen im Ausschuss. Darüber hinaus ist ein Besuch der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) in Lyon geplant, die eine Einrichtung der Weltgesundheitsorganisation darstellt.


Was sind Ihre Erwartungen nach den heftigen und zum Teil auch emotionalen Diskussionen um Glyphosat?


Zum einen muss man immer wieder betonen, dass wir in Europa das beste Pflanzenschutzgesetz der Welt haben. Die EU nimmt eine Vorreiterrolle in der Welt ein, was die Zulassungsverfahren und die Notwendigkeit von Studien und das Erkennen von möglichen Gefahren betrifft. All dies haben wir deutlich stärker im Blick als andere Regionen in der Welt. Das sollte man sich stets vor Augen halten. Es sind allerdings auch einige Fragen zu stellen. So etwa, sind alle unsere Analyseverfahren harmonisiert in der EU? Nein. das sind sie nicht. Da sehe ich im Endeffekt Verbesserungsbedarf. Funktioniert die zonale Einteilung in Europa? Muss man sie komplett abschaffen oder sind die drei klimatischen Zonen falsch eingeteilt? Funktioniert das System der gegenseitigen Anerkennung? All dies werden wir im Abschlussbericht im Einzelnen thematisieren.


Ist die von EU-Agrarkommissar Phil Hogan vorgeschlagene GAP-Reform geeignet, die europäische Landwirtschaft zukunfts-und wettbewerbsfähig zu halten?


Eingeschränkt will ich mal sagen. Es gibt zu einem positive Seiten, wie die Erhaltung der Zwei-Säulen-Struktur und der Wille das Thema Entbürokratisierung anzugehen. Auch die vorgeschlagene Flexibilisierung aufgrund der doch sehr unterschiedlichen Strukturen wie beispielsweise die Landwirtschaft in Lappland oder in Südspanien, sind positiv zu sehen. Aber zum Anderen habe ich doch ein bisschen Sorge, dass zu viel Flexibilität eingebaut ist und das „G“ für Gemeinsame Agrarpolitik ein wenig zu kurz kommt.


Der von EU-Haushaltskommissar Oettinger vorgeschlagene EU-Haushalt für die Finanzperiode 2021-2027 sieht Kürzungen vor allem bei der Landwirtschaft vor. Was bedeutet das für die Agrarwirtschaft und die Ländlichen Räume?


Es kommt entscheidend darauf an, ob die Mitgliedstaaten bereit sind, entsprechende finanzielle Mittel bereitzustellen. Für die Landwirte ist es zweitrangig woher das Geld kommt, sei es von der europäischen, der nationalen oder der regionalen Ebene.


Es gibt Mitgliedstaaten, die sich verweigern mehr als 1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in den Europäischen Haushalt einzahlen zu wollen und dem Landwirt sagen, Du muss mit 20 bis 25 Prozent Kürzungen leben. Es gibt auch die Position von Mitgliedstaaten, die sich für weniger europäische Agrarpolitik aussprechen, aber bereit sind Kürzungen der zweiten Säule national voll aufzufangen. Wir sind uns im Klaren, dass dies die Nettozahler-Länder eher stemmen könnten als die Nettoempfänger-Länder. Diese 1,0 Position ist aus meiner Sicht nicht ausreichend, um neue Aufgaben in anderen Politikbereichen zu bewältigen.


Also für mich ist klar, dass wir einen kräftigen Schluck aus der Pulle benötigen, das heißt mindestens die Oettinger-Vorschläge zur Anhebung des Deckels auf 1,14 Prozentpunkte für Überweisungen nach Brüssel im Ende nach den anstehenden Budget-Verhandlungen rauskommen müssen. Ich erinnere in dem Zusammenhang an die Resolution des Europäischen Parlaments, das sich für eine Anhebung von 1.3 Prozent des BIP ausgesprochen hat. Dies wäre aus unserer Sicht die Größenordnung, um Kürzungen im Agrarhaushalt - auch angesichts des Brexits - vermeiden zu können im EU-Haushalt nach 2020.


Das Greening hat sich aus Sicht des Europäischen Rechnungshofes als Flopp erwiesen. Ist das neue Delivery Model von Hogan besser?


Es ist noch nicht ganz klar, wie dies am Ende alles zusammenpasst. Es gibt einen Mix aus gemeinsamen europäischen Zielen, Indikatoren und nationalen Strategieplänen. So zumindest die Vorstellung der Europäischen Kommission. Letztlich muss sich in der Praxis erweisen, wieviel Flexibilität für die Mitgliedsländer und die Landwirte vor Ort wirklich dabei herauskommt. Da gibt es noch viele Unbekannte.


Ein konstruktiver Vorschlag von meiner Seite wäre, dass man in der zweiten Säule - unabhängig davon wieviel Geld letztlich drin ist oder wieviel von der ersten in die zweite Säule verschoben wird - mindestens 50 Prozent für Agrarumweltmaßnahmen, Klimaschutz und ebenso für Tierwohl verwendet werden muss und zwar in ganz Europa.


Ich habe Bedenken, dass wir riesige Spielräume in der zweiten Säule bekommen und einzelne Mitgliedstaaten nur auf Agrar-Investitionsmaßnahmen und andere im Wesentlichen auf Agrar-Umweltmaßnahmen setzen. Dies würde ein weiteres Auseinanderdriften der Mitgliedstaaten nach sich ziehen.  Das „G“ der Gemeinsamen Agrarpolitik in Europa würde ausgehöhlt.


Die Landwirtschaft hat zunehmend mit Akzeptanzproblemen beim Verbraucher und in der Öffentlichkeit zu kämpfen. Ist das bisherige GAP-Modell aus den 60er Jahren noch zeitgemäß?


Ich gehöre nicht zu denen, die sagen die GAP hat als Modell versagt oder war nicht erfolgreich in der Vergangenheit. Zu Beginn der 60er Jahre standen die Themen Ernährungssicherheit und die Produktion von Lebensmitteln zu erschwinglichen Preisen im Vordergrund. Das war damals der Gründungsmythos…


…von sechs europäischen Gründungsstaaten und heute zählen wir 28 EU-Mitgliedstaaten minus eins vielleicht…


Ja, das sind heute andere Rahmenbedingungen. Aber im Grundsatz hat sich das nicht verändert, denn wir wollen in Europa weiter eine Nahrungsmittelautarkie und einen gewissen Versorgungsgrad der europäischen Bevölkerung mit eigenen hochwertigen Lebensmitteln sichern. Mir ist völlig bewusst, dass die Ernährungssicherheit auf dem europäischen Kontinent gewährleistet ist und wir darüber hinaus auch für den Export produzieren.


Aber im Grundsatz war die europäische Agrarpolitik bisher erfolgreich. Sie muss sich aber immer wieder neuen Rahmenbedingungen anpassen. Selbst in meinem kleinstrukturierten Baden-Württemberg -wo wir eine ganz klare Entwicklung zu größeren Einheiten feststellen - müssen wir uns darauf einstellen. Dabei gilt es, sowohl den Wünschen der Verbraucher Rechnung tragen, als auch die gesellschaftlichen Debatten in der europäischen Agrarpolitik abzudecken. Deshalb schlage ich ja zum Beispiel vor, dass wir nicht nur zu 30 Prozent, sondern zu 50 Prozent europäisches Geld für Agrar-Umweltmaßnahmen in Zukunft einsetzen. Dies muss sich aber an den topographischen und klimatischen Rahmenbedingungen der einzelnen Landschaften orientieren.


Die Landwirte auf dem Land interessiert besonders das Thema Kappung. Was ist ihre Position?


Ich komme aus dem Land mit der kleinstrukturiertesten Landwirtschaft mit 40.500 Betrieben. Davon sind 238 von der Degression betroffen und wenn es zur Kappung ab 100.000 Euro kommt, wären davon noch 38 Betriebe in Baden-Württemberg betroffen. Dies ist also sehr überschaubar.


Ich sehe diese Diskussion also wesentlich entspannter als mancher Kollege aus nördlichen oder östlichen Ländern. Ich frage mich aber auch, was soll dabei im Endeffekt herauskommen? Wenn ich als Interessenvertreter der süddeutschen Landwirtschaft allerdings sehe, dass bei der ganzen Diskussion um Kappung und Degression nicht viel Geld dabei letztlich zusammenkommt, das wir an kleine Betriebe verteilen könnten, ist dies doch sehr fragwürdig.


Ich spreche mich für eine Anreicherung der ersten Hektare aus. Also der kleine Betrieb soll in Zukunft etwas obendrauf bekommen. Derzeit verteilen wir sieben Prozent an die kleineren Betriebe in der EU um. Die durchschnittliche Betriebsgröße in Deutschland beträgt derzeit 60 Hektar. Im Jahre 2013 waren es noch 46 Hektar. Ich will, dass im Rahmen der GAP-Reform künftig ein gewisser Prozentsatz umverteilt zugunsten der kleineren Familienbetriebe.


Kleinere Strukturen bürgen also für mehr Biodiversität und Artenvielfalt?


Wenn ich mir die Landschaften in Baden-Württemberg und Bayern ansehe und dann mir die Strukturen in Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen anschaue, dann sehe mit Blick auf Umwelt und Ökologie, dass eine kleinstrukturiertere Landwirtschaft einen deutlich höheren ökologischen Mehrwert bietet. Meine Landschaft in Oberschwaben hat mehr Hecken, mehr Streuobstwiesen und mehr ökologisch wertvolle Blühränder. Also weist die Landschaft entsprechend mehr Biodiversität und Artenvielfalt auf. Dies gilt es mit europäischem Geld zu unterstützen und muss das Ergebnis der GAP-Reform 2020 sein.

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