Die Nutztierhaltung ist für Veganer und Vegetariern oft ein „No go“. Rinder und Schweine gelten diesen schließlich nicht selten als Nahrungskonkurrenten, Umweltsünder und Klimaschädlinge. Laut Prof. Wilhelm Windisch von der Technischen Universität München sind Nutztiere aber im Gegenteil ein wichtiger Garant vegetarischer Nahrungsmittel und unverzichtbar im landwirtschaftlichen Stoffkreislauf.
Der Verzicht auf Nutztiere bringe keine prinzipielle Entlastung von Umwelt und Klima, sondern reduziere lediglich die Gesamtproduktion an Lebensmitteln je Flächeneinheit, sagte Windisch bei der Jahrestagung des Dachverbandes der Agrarforschung (DAF) gestern in Berlin.
Zur Kompensation müssten seinen Angaben zufolge die vegane Produktion intensiviert oder mehr Ackerland in Nutzung genommen werden, was wiederum umwelt- und klimaschädigende Emissionen zur Folge hätte. Erst wenn über die unvermeidlich anfallende, nicht-essbare Biomasse hinaus zusätzlich Futter angebaut werde, entstünden Emissionen, die der Nutztierhaltung unmittelbar angelastet werden könnten.
Agrarproduktion eng verzahnt
Die Erzeugung von Lebensmitteln pflanzlicher und tierischer Herkunft sei aufs Engste miteinander verzahnt, erläuterte der Wissenschaftler. Bindeglied sei die große Menge an nicht-essbarer Biomasse, die bei der Gewinnung von veganer Nahrung im Verhältnis von vier zu eins entstehe. Diese Menge müsse dem landwirtschaftlichen Stoffkreislauf wieder zurückgeführt werden. Bei einer direkten Einarbeitung in den Boden erfolge die Freisetzung der Pflanzennährstoffe unkontrolliert, was die Produktivität an veganer Nahrung limitiere. Wesentlich effizienter sei hingegen die Transformation der nicht-essbaren Biomasse in lagerbare organische Dünger, das heißt in Gärreste aus Biogasanlagen oder in Wirtschaftsdünger durch Verfütterung an Nutztiere.
Viehhaltung deckt veganen Zusatzbedarf
„Solche Dünger steigern die Produktivität des Pflanzenbaus“, stelle Windisch fest. Bei Verfütterung an Nutztiere entstehen seinen Angaben zufolge zusätzlich Lebensmittel in einem Umfang, der der Primärproduktion an veganer Nahrung gleichkomme, und zwar ohne Nahrungskonkurrenz zum Menschen. Die dabei freigesetzten Emissionen seien nahezu umwelt- und klimaneutral, weil sie im Zuge der Rezyklierung der nicht-essbaren Biomasse ohnehin anfielen, und zwar egal ob durch bloßes Verrotten auf dem Feld oder durch Verwertung über Biogasanlagen oder Nutztiere. Dies gelte bei mittelfristiger Betrachtung auch für das von Wiederkäuern emittierte Methan.
Insgesamt erreiche die Erzeugung von Lebensmitteln ihr Minimum an Umwelt- und Klimawirkungen nur durch Einbindung der Tierproduktion in den landwirtschaftlichen Stoffkreislauf, so der Hochschullehrer. Dies setze allerdings voraus, dass die Nutztierfütterung auf eine Nahrungskonkurrenz zum Menschen verzichte. Allerdings nehme dann auch die produzierte Menge an Lebensmitteln tierischer Herkunft erheblich ab.