Wirtschaftswissenschaftler an deutschen Universitäten halten staatliche Eingriffe auf dem Fleischmarkt und vor allem verstärkte Regulierungen zum Tierwohl für erforderlich. Dies zeigen Ergebnisse einer Umfrage, die das ifo Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München gemeinsam mit der FAZ durchgeführt haben. Daran haben laut den Initiatoren der Umfrage 123 Professoren teilgenommen.
Skepsis gegenüber Tierwohlabgabe
85 Prozent der Teilnehmer sprechen sich für verstärkte Regulierungen zum Tierwohl aus, während Regulierungen zum Arbeitnehmerschutz im Fleischgewerbe von 72 Prozent befürwortet werden. Die Ökonomen befürworten danach konkrete Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls, zum Beispiel eine größere Fläche pro Tier, schärfere Kontrollen der bestehenden Regeln und höhere Strafen bei Verstößen. Die von der Borchert Kommission vorgeschlagene Tierwohlabgabe erachten laut der Umfrage nur 19 Prozent für sinnvoll.
Preiswerbeverbot stößt auf Ablehnung
Das von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) erwogene Preiswerbeverbot fällt bei den Ökonomen durch. Lediglich 3 Prozent der Panelteilnehmer finden die Maßnahme gut. „Trotz der erschreckenden Zustände in der Fleischindustrie sollten wir zunächst prüfen, inwieweit die Missstände durch energische Durchsetzung der bestehenden gesetzlichen Regelungen bekämpft werden können, ehe wir in hektischen gesetzgeberischen und regulatorischen Aktionismus verfallen“, sagte Prof. Michael Ahlheim, der Volkswirtschaftslehre an der Universität Hohenheim lehrt.
Minderheit für Verbot von Werkverträgen
Um Arbeitsbedingungen zu verbessern, halten 69 Prozent der Befragten verstärkte staatliche Kontrollen für am wirkungsvollsten. Nächstgenannt sind die Regulierung von Subunternehmen, bessere medizinische Überwachung und Versorgung der Arbeitnehmer, höhere Mindeststandards beim betrieblichen Arbeitsschutz und höhere Mindeststandards bei der Unterbringung der Arbeitnehmer. Das Verbot von Werkverträgen, das derzeit von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) auf den Weg gebracht wird, wird nur von 25 Prozent der Befragten als sinnvoll erachtet.
Fleischwirtschaft soll in den EU CO2-Zertifikatehandel
Gespalten sind die Ökonomen in der Frage, ob die Arbeitsbedingungen im Fleischgewerbe auf EU-Ebene einheitlich geregelt werden sollen. 59 Prozent sind dafür, die Subventionen für die Fleischindustrie durch EU-Geld zu senken. Eine Mehrheit plädiert dafür, die Fleischwirtschaft in den europäischen CO2-Zertifikatehandel einzubinden. Bislang ist der Ausstoß von Treibhausgasen in der Landwirtschaft Sache der einzelnen Staaten. 50 Prozent können sich auch eine CO2-Steuer auf Fleischprodukte vorstellen. Ihre Höhe könnte sich daran bemessen, welchen Weg die Ware auf dem Weltmarkt zurückgelegt hat.