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Özdemir sieht Haltungskennzeichnung als ersten Schritt hin zu einer zukunftsfesten Tierhaltung

Der Entwurf des BMEL zur Tierhaltungskennzeichnung ist im Bundestag erwartungsgemäß auf scharfe Kritik gestoßen. Der CDU-Agrarsprecher Stegemann spricht von einer „komplett untauglichen“ Vorlage.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Gesetzentwurf zur verbindlichen Tierhaltungskennzeichnung ist heute im Bundestag in erster Lesung besprochen und zur weiteren Beratung an den Ernährungsausschuss verwiesen worden. Zu Beginn der Debatte hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die verbindliche Tierhaltungskennzeichnung als notwendigen ersten Schritt verteidigt, dem weitere folgen werden.

Das Ziel des Tierwohlumbaus sei eine zukunftsfeste Tierhaltung, bei der die Ställe an die Tiere angepasst werden, erklärte Özdemir am Donnerstag bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag. Er sicherte zu, dass die Ampel unmittelbar nach dem Start die von Kritikern geforderte Einbeziehung von Sauen, Gastronomie und anderen Tierarten angehen werde.

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Özdemir: Kritik an Haltungskennzeichnung geht ins Leere

Der Forderung der Bundestagsopposition, zum Schutz der einheimischen Erzeuger sofort auch eine verpflichtenden Herkunftskennzeichnung für ausländische Ware einzuführen, erteilte der Bundesminister erneut eine Absage: CDU und CSU wüssten genau, dass dies europarechtlich nicht umsetzbar wäre.

Gleichwohl will auch der Minister nicht, dass höhere Tierwohlstandards den deutschen Nutztierhaltern zum Nachteil gereichen. Er kündigte deshalb entsprechende Änderungen bei der Herkunftskennzeichnung an. Sollte die EU dafür den Weg – wie abgesprochen – nicht zum Jahresbeginn 2023 freimachen, will Özdemir das Ganze auf nationaler Ebene regeln. Auch beim Baurecht und der langfristigen Finanzierung höherer Standards sollen im nächsten Jahr Lösungen kommen.

Nach Özdemirs Auffassung geht die verbreitete Kritik am aktuellen Entwurfs des Gesetzes zur Tierhaltungskennzeichnung deshalb größtenteils ins Leere, da sie lediglich die nächsten Schritte beim Umbau der Tierhaltung beschreibt, die der Grünen-Politiker danach ohnehin vorhat. Er wirbt daher dafür, „Stillstand zu vermeiden“ und mit der Tierhaltungskennzeichnung auch den Startschuss zur Umsetzung der Vorschläge der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft zu geben.

Stegemann: Schulnote Fünf für Özdemirs Gesetzentwurf

Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, kann sich mit dieser Sichtweise offenbar nicht anfreunden. Er warf Özdemir vor, einen Entwurf für eine Haltungskennzeichnung vorgelegt zu haben, die „löchrig wie ein Schweizer Käse ist“. Es werde nur ein Bruchteil des in Deutschland erzeugten Schweinefleischs einbezogen, Ferkel und Sauen fehlten. Dafür könne er nur die „Schulnote Fünf“ vergeben, konstatierte Stegemann.

Er vermisst beim Tierwohlumbau weiterhin ein Gesamtkonzept der Bundesregierung. Das hatte die Borchert-Kommission nach seiner Überzeugung längst vorgelegt, allerdings sei die Finanzierung von der FDP „weggesprengt“ worden. Die von Özdemir in Aussicht gestellten 150 Mio. € pro Jahr reichen laut dem CDU-Politiker bei weitem nicht aus. Das liege Özdemirs Parteikollegin Miriam Staudte aus Niedersachsen mit geschätzten 4,0 bis 7,0 Mrd.€ pro Jahr wesentlich richtiger, so Stegemann.

Auernhammer: Selten so ein schlechtes Gesetz gesehen

Er warnt zudem davor, dass Özdemir mit seinem „komplett untauglichen Gesetzentwurf“ erfolgreiche privatwirtschaftliche Modelle wie die Initiative Tierwohl zerstört. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer meint ebenfalls, selten ein so schlechtes Gesetz gesehen zu haben wie den Entwurf zur Tierhaltungskennzeichnung.

Er befürchtet dadurch einen konsequenten Abbau der Tierhaltung, vor allem zu Lasten der bäuerlichen Familienstruktur. Daneben sorgt er dafür, dass mehr Fleisch aus anderen Staaten importiert werden wird, das sehr wahrscheinlich zu schlechteren Standards als bei uns in Deutschland produziert wird. „Ein Bärendienst für Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz sowie eine Demontage der bäuerlichen Tierhaltung in Deutschland“, so Auernhammer.

Mittag: Ein guter Tag für die Tierhaltung

Für SPD-Agrarsprecherin Susanne Mittag ist es „ein guter Tag für die Tierhaltung“, da jetzt der erste Schritt in die Transformation hin zu tierwohlgerechteren Haltungsformen getan sei. Die SPD-Politikerin lässt das Argument, dass private Label schon für mehr Tierwohl sorgten, nicht gelten. Diese seien oft unvollständig, irreführend und unzuverlässig, urteilte Mittag.

Ungeachtet dessen räumt auch die SPD-Agrarsprecherin Nachbesserungsbedarf ein, etwa bei den Haltungsbedingungen oder der Einbeziehung von Sauen. Nach ihrer Darstellung sind die Verhandlungen dazu innerhalb der Ampel aber längst im Gange. Dazu werde man in den nächsten drei Jahren insgesamt neun Gesetze und Verordnungen auf den Weg bringen.

Künast: Freiwillige Siegel reichen nicht

Die grüne Agrarsprecherin Renate Künast stellte sich demonstrativ hinter Özdemir. Sie sei der festen Überzeugung, dass hier der Grundstein für den Umbau der deutschen und europäischen Tierhaltung gelegt worden sei, denn freiwillige Siegel reichten eben nicht, so Künast zum Gesetzentwurf. Es komme darauf an, wie viel am Ende in der Realität und in den Ställen erreicht werde.

Hocker: Privatwirtschaftliche Initiativen nicht zerschlagen

FDP-Agrarsprecher Dr. Gero Hocker zeichnete seinerseits eine große Skizze: Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik solle es möglich sein zu erkennen, wie, wo und nach welchen Standards ein Tier gehalten worden sei. Das sei weit mehr als in den letzten Jahrzehnten von Seiten der Union gekommen ist, betonte Hocker.

Nicht zulassen will der FDP-Politiker jedoch, dass die höheren Haltungsstandards zu einer Verdrängung der heimischen Erzeugung durch Importware führen. In den internen Ampel-Verhandlungen will er zudem hinterfragen, ob „Bio“ als höchste Haltungsstufe „wirklich sinnlogisch“ ist. Bestehende Strukturen wie die ITW dürften zudem nicht durch die verpflichtende stattliche Haltungskennzeichnung zerschlagen werden, so Hocker.

Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) nahm im Anschluss positiv zur Kenntnis, dass der Gesetzentwurf an den zuständigen Bundestagsausschuss überwiesen wurde. Das ist nach seiner Überzeugung auch notwendig, da zahlreiche Mängel in dem Entwurf beseitigt werden müssten.



„Jetzt müssen diese vielen Einwände im Agrarausschuss auf den Tisch und praktikable Lösungen müssen her. Denn die Ignoranz, mit der die Bundesregierung und insbesondere Landwirtschaftsminister Cem Özdemir die Einwände der Bundesländer u.a. mit EU-rechtlichen Bedenken beim Umgang mit ausländischer Ware wegwischt, ist inakzeptabel.", so ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Ihm zufolge begrüßt die ISN die Einführung einer verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung, „aber nicht mit diesen gravierenden Mängeln und ohne Gesamtkonzept."

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