Der scheidende Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat eine positive Bilanz seiner Amtszeit gezogen. Er habe am Kabinettstisch dafür gekämpft, dass die berechtigten Anliegen der Landwirte gehört wurden, sagte Özdemir in einem Abschiedsinterview mit der „Welt am Sonntag“. Neben der Einführung des Tierhaltungskennzeichens verbucht Özdemir die Biostrategie und den Aufstieg der Agri-Photovoltaik mit zu den Stärken aus seiner Amtszeit.
Özdemir betont Einsatz gegen Agrardiesel-Streichung
Mit Bezug auf die Bauernproteste und die Abschaffung der Agrardiesel-Rückvergütung sagte er: „Ich sage mal in aller schwäbischer Bescheidenheit, ich habe ordentlich dazu beigetragen, dass von zwei Streichungsbeschlüssen anderthalb zurückgenommen worden sind. Die Kfz-Steuerbefreiung wurde entgegen dem ersten Beschluss nicht gestrichen und die Steuervorteile beim Agrardiesel wurden nicht auf einmal abgebaut.“
Während der Bauernproteste habe er seine Aufgabe vor allem darin gesehen, einen Beitrag dazu zu leisten, „das Land in der Mitte zusammenzuhalten“. Er habe sich den Protesten gestellt und sei zu den Kundgebungen gegangen, „die für ein Mitglied der Bundesregierung nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig waren“, so Özdemir.
Tierhaltungskennzeichnung braucht Verbesserungen
Özdemir nahm in dem Interview auch Stellung zu den Reformplänen der künftigen Regierung aus CDU und SPD für die von ihm eingeführte verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung: „Verbesserungen sind immer gut, und wir hatten selbst bereits weitere Aktualisierungen vorgesehen“, sagte er.
Dass die Tierhaltungskennzeichnung aktuell kompliziert ist, schiebt Özdemir den unionsgeführten Bundesländern in die Schuhe. „Sie haben Verbesserungen und die Umsetzung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes blockiert, wo es nur geht. Ganz nach dem Motto: Es ist zwar ein richtiges Anliegen, es darf nicht sein, dass ein grüner Minister das macht, was die CDU immer wollte“, sagte er.
Union müsse von „Totalblockade“ auf Regierung umschalten
Eine „Totalblockade“ wirft Özdemir der Union in der Landwirtschaftspolitik auch bei anderen Themen vor. „Das war beim Haltungskennzeichen so, das war beim Düngerecht so, bei der Stärkung der Landwirtschaft in der Wertschöpfungskette“, sagte er.
Aus seiner Sicht habe die Union damit vor allem der Planungssicherheit der Höfe geschadet. „Ich hoffe sehr, dass die Union nun schnell wieder auf Regierung umschalten kann, denn die Herausforderungen für die Betriebe und die Umwelt bleiben ja. Die lösen sich nicht einfach in Luft auf, nur weil nun die CSU den Minister stellt“, sagte Özdemir.
Özdemir fühlt sich beim Waldumbau ausgebremst
Enttäuscht zeigte sich Özdemir in dem Interview, dass ihm keine Reform des Bundeswaldgesetzes gelungen sei. Diese sei an der FDP gescheitert. „Zur Wahrheit gehört, dass ich mir noch einen zeitgemäßen gesetzlichen Rahmen gewünscht hätte, mit dem unsere deutschen Wälder besser gegen Stürme und lange Trockenphasen gewappnet sind“, sagte Özdemir. Für sich in Anspruch nimmt der scheidende Minister, dass er den Waldumbau hin zu klimaresilienten Mischwäldern auf den Weg gebracht und dafür viel Geld mobilisiert habe.
Zusammenarbeit mit Ukraine gestärkt nach Putins Angriff
Özdemir betonte in dem Interview auch die enge Zusammenarbeit mit der Ukraine nach dem russischen Überfall auf das Land. „Putin wollte die Ukraine als eine der wichtigsten Kornkammern der Welt vom globalen Markt abschneiden und so für Destabilisierung der Wirtschaft sorgen. Das wollten wir nicht zulassen, und ich habe sofort den Draht zu meinem ukrainischen Kollegen gesucht und genutzt“, sagte Özdemir.
Konstruktive grüne Opposition bei nachhaltigen Projekten
Für die Grünen in der Opposition versprach Özdemir nun eine konstruktive Oppositionsarbeit „bei allen Projekten, die nachhaltig sind“. Deswegen habe die Fraktion dafür gesorgt, dass die vorgesehenen 500 Mrd. € jenseits der Schuldenbremse für Investitionen sind, die auch dem Klimaschutz zugutekommen.
Özdemir fokussiert auf Landtagswahlen 2026
Özdemir selbst wird der Opposition im Bundestag allerdings nicht angehören. Er hatte nicht mehr für den Bundestag kandidiert und ist Spitzenkandidat der Grünen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg 2026.
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Der scheidende Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat eine positive Bilanz seiner Amtszeit gezogen. Er habe am Kabinettstisch dafür gekämpft, dass die berechtigten Anliegen der Landwirte gehört wurden, sagte Özdemir in einem Abschiedsinterview mit der „Welt am Sonntag“. Neben der Einführung des Tierhaltungskennzeichens verbucht Özdemir die Biostrategie und den Aufstieg der Agri-Photovoltaik mit zu den Stärken aus seiner Amtszeit.
Özdemir betont Einsatz gegen Agrardiesel-Streichung
Mit Bezug auf die Bauernproteste und die Abschaffung der Agrardiesel-Rückvergütung sagte er: „Ich sage mal in aller schwäbischer Bescheidenheit, ich habe ordentlich dazu beigetragen, dass von zwei Streichungsbeschlüssen anderthalb zurückgenommen worden sind. Die Kfz-Steuerbefreiung wurde entgegen dem ersten Beschluss nicht gestrichen und die Steuervorteile beim Agrardiesel wurden nicht auf einmal abgebaut.“
Während der Bauernproteste habe er seine Aufgabe vor allem darin gesehen, einen Beitrag dazu zu leisten, „das Land in der Mitte zusammenzuhalten“. Er habe sich den Protesten gestellt und sei zu den Kundgebungen gegangen, „die für ein Mitglied der Bundesregierung nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig waren“, so Özdemir.
Tierhaltungskennzeichnung braucht Verbesserungen
Özdemir nahm in dem Interview auch Stellung zu den Reformplänen der künftigen Regierung aus CDU und SPD für die von ihm eingeführte verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung: „Verbesserungen sind immer gut, und wir hatten selbst bereits weitere Aktualisierungen vorgesehen“, sagte er.
Dass die Tierhaltungskennzeichnung aktuell kompliziert ist, schiebt Özdemir den unionsgeführten Bundesländern in die Schuhe. „Sie haben Verbesserungen und die Umsetzung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes blockiert, wo es nur geht. Ganz nach dem Motto: Es ist zwar ein richtiges Anliegen, es darf nicht sein, dass ein grüner Minister das macht, was die CDU immer wollte“, sagte er.
Union müsse von „Totalblockade“ auf Regierung umschalten
Eine „Totalblockade“ wirft Özdemir der Union in der Landwirtschaftspolitik auch bei anderen Themen vor. „Das war beim Haltungskennzeichen so, das war beim Düngerecht so, bei der Stärkung der Landwirtschaft in der Wertschöpfungskette“, sagte er.
Aus seiner Sicht habe die Union damit vor allem der Planungssicherheit der Höfe geschadet. „Ich hoffe sehr, dass die Union nun schnell wieder auf Regierung umschalten kann, denn die Herausforderungen für die Betriebe und die Umwelt bleiben ja. Die lösen sich nicht einfach in Luft auf, nur weil nun die CSU den Minister stellt“, sagte Özdemir.
Özdemir fühlt sich beim Waldumbau ausgebremst
Enttäuscht zeigte sich Özdemir in dem Interview, dass ihm keine Reform des Bundeswaldgesetzes gelungen sei. Diese sei an der FDP gescheitert. „Zur Wahrheit gehört, dass ich mir noch einen zeitgemäßen gesetzlichen Rahmen gewünscht hätte, mit dem unsere deutschen Wälder besser gegen Stürme und lange Trockenphasen gewappnet sind“, sagte Özdemir. Für sich in Anspruch nimmt der scheidende Minister, dass er den Waldumbau hin zu klimaresilienten Mischwäldern auf den Weg gebracht und dafür viel Geld mobilisiert habe.
Zusammenarbeit mit Ukraine gestärkt nach Putins Angriff
Özdemir betonte in dem Interview auch die enge Zusammenarbeit mit der Ukraine nach dem russischen Überfall auf das Land. „Putin wollte die Ukraine als eine der wichtigsten Kornkammern der Welt vom globalen Markt abschneiden und so für Destabilisierung der Wirtschaft sorgen. Das wollten wir nicht zulassen, und ich habe sofort den Draht zu meinem ukrainischen Kollegen gesucht und genutzt“, sagte Özdemir.
Konstruktive grüne Opposition bei nachhaltigen Projekten
Für die Grünen in der Opposition versprach Özdemir nun eine konstruktive Oppositionsarbeit „bei allen Projekten, die nachhaltig sind“. Deswegen habe die Fraktion dafür gesorgt, dass die vorgesehenen 500 Mrd. € jenseits der Schuldenbremse für Investitionen sind, die auch dem Klimaschutz zugutekommen.
Özdemir fokussiert auf Landtagswahlen 2026
Özdemir selbst wird der Opposition im Bundestag allerdings nicht angehören. Er hatte nicht mehr für den Bundestag kandidiert und ist Spitzenkandidat der Grünen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg 2026.