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topplus Spritzen untersagt!

Pflanzenschutz verboten? So gehen Landwirte damit um.

Georg Grooten bewirtschaftet fast 90 ha Acker- und Grünland mit produktionsintegrierten Umweltschutzmaßnahmen. Das ist aufwendig und kostet Ertrag, sichert aber seine Pachtflächen.

Lesezeit: 5 Minuten

Der europäische Green Deal ist das zentrale Projekt von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Für die Agrarpolitik ist die Farm-to-Fork-Strategie dabei der Taktgeber. Vor allem von der Leyens Vize, Frans Timmermans, hat es auf den chemischen Pflanzenschutz abgesehen. Bis 2030 sollen Landwirte den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln halbieren – im Vergleich zum Mittel der Jahre 2015 bis 2017.

Landwirte auf der Palme

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Noch pikanter: In „besonders sensiblen Gebieten“ soll der Einsatz von Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden komplett untersagt sein. Das sieht ein Vorschlag der EU-Verordnung zur „nachhaltigen Verwendung von Pestiziden“ vor. In Deutschland zählen neben FFH-, Natura 2000- und Vogelschutzgebieten auch Landschaftsschutzgebiete dazu. Würde das so in Kraft treten, hieße dies das Aus für den chemischen Pflanzenschutz auf gut 25 % der deutschen Ackerfläche. Das bringt viele Landwirte auf die Palme.

Einige Bauern sind jedoch schon heute mit weitreichenden Verboten konfrontiert. Drei von ihnen haben wir besucht. Unsere Fragen: Wie gehen Landwirte mit Einschränkungen im Pflanzenschutz um? Was läuft schlecht und was funktioniert vielleicht besser als erwartet?

Unsere Beispiele zeigen: Bekommen Landwirte Auflagen einfach übergestülpt, entsteht Frust. Gerade dann, wenn ein Verlustausgleich ausbleiben könnte.

Es kann jedoch besser laufen. Nämlich dann, wenn Umweltseite, Behörden und Landwirt eng zusammenarbeiten. Das fördert die Artenvielfalt, schützt seltene Bodentypen und Landwirte werden angemessen entschädigt. So wie bei Georg Grooten in Aachen:

Kurz nachdem Georg Grooten 2009 den elterlichen Milchviehbetrieb von seinem Vater übernommen hatte, gefährdeten Expansionspläne der Universitätsstadt Aachen mehr als 80 ha Acker und Grünland des Betriebs. Denn für den nahe gelegenen „Campus Melaten“ suchte die Stadt dringend Ausgleichsflächen. Der Plan der Stadt: Ein Großteil von Grootens Flächen, die er von der Stadt gepachtet hat, sollten in extensives Dauergrünland umgewandelt werden.

Landwirt für produktionsintegrierten Pflanzenschutz

Grooten plädierte hingegen für eine produktionsintegrierte Lösung und setzte sich durch: Gemeinsam mit einem Umweltbüro, der Unteren Naturschutzbehörde und der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft entwarf er eine Bewirtschaftung, die den Ansprüchen des Naturschutzes gerecht wurde und seine Produktion weiterhin möglich machte.

Insgesamt umfasst der Ausgleich nun 8,5 ha Grünland, die Grooten als Streuobstwiesen angelegt hat. Auf ca. 80 ha Ausgleich betreibt der Landwirt extensiven Ackerbau. „Unsere Fruchtfolge besteht aus Winterweizen und Winterroggen, gefolgt von zweijähriger Luzerne oder Kleegras“, beschreibt er seine Rotation. Wendende Bodenbearbeitung ist nicht gestattet. Auch chemischer Pflanzenschutz und mineralischer Dünger sind weitestgehend tabu. Auf Flächen, die nicht im Ausgleichsprogramm liegen, baut er u.a. Winterweizen, Zuckerrüben und Winterraps an. Auf weiteren 60 ha Grünland hält er ca. 70 Milchkühe in Vollweidehaltung.

Bodenschutz im Fokus

Die am Projekt beteiligten Ökologen der Unteren Naturschutzbehörde verfolgen mehrere Ziele. Zum einen soll der Boden geschützt werden. Grooten wirtschaftet auf seltenen Kalkmergeln des Bodentyps Rendzina. Zum anderen geht es der Behörde um den Artenschutz.

Seit zwölf Jahren läuft die Kooperation. Trotz Einschränkungen ist der 38-jährige Landwirt nicht unzufrieden mit dem Projekt. In den letzten Jahren hat er das Bewirtschaftungssystem auf den Ausgleichsflächen immer wieder anpassen können. Die strengen Regeln sind daher nicht per se in Stein gemeißelt. „In besonders herausfordernden Jahren dürfen wir mit chemischem Pflanzenschutz z. B. Problemungräser bekämpfen“, zeigt sich Grooten zufrieden. „Jedoch nur in enger Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde.“

Mechanische Eingriffe untersagt!

Grooten hat vertraglich zugesicherte Schadschwellen für einzelne Ungräser, ab denen er chemisch nachhelfen darf. Was er laut Naturschutzbehörde in jedem Fall vermeiden sollte, sind mechanische Eingriffe jeglicher Art. „Da Boden- und Vogelschutz im Fokus des Projekts stehen, ist der vereinzelte chemische Eingriff den Behörden viel lieber als der mechanische“, erklärt der Landwirt. So konnte er bspw. die besonders aggressive Gelbrostart „Warrior“ mit Fungiziden behandeln.

Die Ertragsausfälle, bzw. die Deckungsbeitragsverluste bekommt er vom Projektträger, der Campus Melaten GmbH, erstattet. Die Kalkulationen hat ein Sachverständiger zu Beginn des Projektes erstellt. Die Werte werden über einen Index angepasst, der Inflationswerte berücksichtigt.

Das Projekt ist für Grooten mit hohem Aufwand und Ertragsverlusten verbunden. Keine Pflanzenschutzmaßnahme ist ohne vorherige Feldbegehung möglich. Für das Monitoring sind immer wieder Behördenmitarbeiter auf den Flächen unterwegs. Dennoch ist Grooten zufrieden, dass er seine Pachtflächen durch sein Engagement langfristig in der Produktion halten konnte.

EU-Pläne gefährden Betrieb

Was Grooten aufregt: Wegen der bedrohten Pflanzenarten, die sich auf den Ausgleichsflächen angesiedelt haben, droht die Bezirksregierung, die Flächen zum Naturschutzgebiet zu erklären. Produktive Landwirtschaft wäre fast unmöglich. „Die bedrohten Arten sind ja nur wegen unserer Art der Bewirtschaftung da“, ärgert sich Grooten. Er empfindet das als Bestrafung derjenigen, die bereit sind, etwas für die Umwelt zu tun.

Politische Initiativen, die pauschale Reduktionen fordern, gehen für Grooten in dieselbe Richtung: „In unserem Projekt erkennen wir, wie wichtig regional abgestimmte Maßnahmen für den Erhalt unserer Landschaften sind.“ Nur durch den weitgehenden Verzicht auf mechanische Bodenbearbeitung könne er den Boden am Leben halten und ­bedrohten Pflanzenarten Lebensräume bieten. Sollte die EU selbst den ausnahmsweisen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verbieten – Grootens ­Betrieb liegt komplett im Landschaftsschutzgebiet – sieht er für den produktionsintegrierten Naturschutz schwarz. „Allerdings weiß ich dann gar nicht, ob unser Betrieb in der Form überleben würde“, kommentiert er die EU-Pläne.

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