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EUROPA/Transparenzinitiative/Pflanzenschutzmittel

Pflanzenschutzmittel kommen künftig früher auf den Prüfstand

Der von der EU-Kommission - im Nachgang der mit 1,4 Mio. Unterschriften angestrengten europäischen Bürgerinitiative "Stoppt Glyphosat" - vorgelegte Vorschlag für "Transparenz und Nachhaltigkeit der EU-Risikobewertung im Bereich der Lebensmittelkette“ spaltet die Parteien im EU-Parlament. Sieg für mehr Transparenz oder Bedrohung für Innovationen?

Lesezeit: 4 Minuten

Die europäische Bürgerinitiative für ein Verbot von Glyphosat zeigt Wirkung. Das Europäische Parlament (EP) hat sich am Dienstag mit großer Mehrheit für mehr Transparenz der Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln und Wirkstoffen in der Lebensmittelkette ausgesprochen. Früher als bisher müssen künftig wissenschaftliche Studien zur Bewertung bereits bei der Antragstellung vorgelegt werden. Während Grüne, Sozialdemokraten und Umweltverbände das Votum begrüßten, befürchten Liberale, Konservative und Freie Wähler einen Schaden für den Innovationsstandort Europa.

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Auf die millionenfachen Unterschriften von Glyphosat-Gegnern und der Forderung nach einem Verbot des umstrittenen Wirkstoffes, hatte die EU-Kommission im April dieses Jahres mit einer Transparenzinitiative reagiert. EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis legte einen Verordnungs-Vorschlag zur „Transparenz und Nachhaltigkeit der EU-Risikobewertung im Bereich der Lebensmittelkette“ vor.

Was zunächst als eine Reaktion auf zahlreiche Lebensmittelskandale in der Vergangenheit wie Dioxinfunde in Lebensmitteln und Fipronil-Rückstände in Eiern als Revision der Lebensmittel-Basis-Verordnung angelegt war, entwickelte sich seit der umstrittenen Wiederzulassung von Glyphosat um weitere fünf Jahre im November 2017 als Speerspitze gegen scheinbaren und von Umweltverbänden und Teilen der Politik behaupteten Ungereimtheiten bei der wissenschaftlichen Bewertung von Glyphosat durch die EU-Lebensmittelbehörde (Efsa) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin.

Die EP-Berichterstatterin des Dossiers, die CDU-Europaabgeordnete Renate Sommer, drückte im Gespräch mit der Lebensmittel Praxis ihr Unverständnis darüber aus, dass schützenswerte Firmendaten schon bei Antragsstellung gegenüber der Efsa weltöffentlich künftig publiziert werden sollten.

Renate Sommer: Die europäischen Lebensmittel gelten als die sichersten der Welt“

„Unsere Lebensmittel in der EU gelten als die sichersten weltweit. Allerdings muss die Efsa bisher nicht die gleichen Transparenzregeln einhalten wie andere Agenturen, wie die Agentur für Medizinprodukte oder die für chemische Stoffe (Echa). Die EU-Kommission hat vorgeschlagen – angetrieben durch die Europäische Bürgerinitiative gegen Glyphosat – diese Regeln unter den den drei EU-Agenturen anzugleichen. Was die Kommission aber letztendlich vorgeschlagen hat, war keine Angleichung, sondern waren für die Efsa viel, viel schärfere Regeln, als die anderen Agenturen sie haben“, sagte Sommer im Interview mit der Lebensmittel Praxis.

Nach der Abstimmungsniederlage kündigte die promovierte Agrar- und Lebensmittelwissenschaftlerin Sommer an, ihren Namen vom Berichtsentwurf wegzunehmen, weil sie nicht mit ihrem Namen für dieses Ergebnis stehen wolle. „Wenn der Kommissionsvorschlag durchkommt, dann haben wir viel, viel weniger Transparenz, als wir heute haben. Dann wird nämlich kein Antragsteller mehr die Zulassung seines Produkts in Europa beantragen. Dann gehen die Hersteller direkt ins Ausland mit ihren Innovationen, und dann haben wir gar keinen Zugriff mehr auf die Antragsunterlagen“, sagte Sommer in der Aussprache zur Lebensmittel-Basis-Verordnung am Dienstag.

Im März bildete das EU-Parlament einen Sonderausschuss, der eine etwaige Einflussnahme der Industrie auf das Zulassungsverfahren bei der Efsa prüfen und mögliche Interessenkonflikte unter die Lupe nehmen soll. Dabei geht es auch um Berichte, nach denen der Glyphosat-Hersteller Monsanto massiven Einfluss auf Studien über die Auswirkungen des Unkrautvernichters auf die menschliche Gesundheit genommen haben soll.

Ulrike Müller: „Ich hoffe, dass es nicht zur Abwanderung von Investitionen in Europa kommt“

Auch die Fraktionssprecherin der Freien Wähler im Sonderausschuss für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln (PEST) die EU-Abgeordnete Ulrike Müller sieht den Innovationsstandort Europe mit der getroffene Entscheidung in Gefahr: „Mit einer zu frühen Veröffentlichung regulatorischer Studien ist dem Verbraucher nicht geholfen, allerdings bedroht dies die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen empfindlich. Ich hoffe, dass die Parlaments-Entscheidung nun nicht zu einer Abwanderung von Investitionen aus dem Innovationsstandort Europa führt. Mit dem heutigen Votum sind meine Kollegen leider über das Ziel hinausgeschossen“, so Müller.

Martin Häusling: „Ein Sieg für mehr Transparenz und früher Bürgerbeteiligung“

Als einen Sieg für mehr Transparenz und bisher undurchschaubarer Machenschaften der Industrie und des Geschäftsgebaren der Pflanzenschutzmittelhersteller sieht der agrarpolitische Koordinator der Grünen im EU-Parlament, Martin Häusling, das erzielte Mehrheitsvotum: „Es stand auf Messers Schneide, wie die Abstimmung ausgehen würde. Das erreichte Abstimmungsergebnis ist ein großer Erfolg, über das ich mich als der zuständige grüne Verhandlungspartner besonders freue. So soll in Zukunft transparenter werden mit welchen wissenschaftlichen Studien Antragsteller aus der Industrie die Sicherheit ihrer Wirkstoffe, z.B. Pestizide und Lebensmittelzusatzstoffe, belegen wollen“, erklärte Häusling

EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis sagte, der Verordnungs-Vorschlag verfolge das Ziel, dass Bürgerinnen und Bürger künftig leichter auf die Informationen zugreifen können sollen, die der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa zu Genehmigungszwecken innerhalb der Lebensmittelkette übermittelt werden.

Das Dossier wird im Januar zwischen EU-Kommission und Ministerrat verhandelt mit dem Ziel, noch in dieser Legislaturperiode eine erste Lesung abzuschließen.

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