Der Agrarsprecher der SPD, Wilhelm Priesmeier, zeigt sich verwundert, dass die Bundesregierung für die unter massivem Druck stehenden Milchbauern nicht die EU-Krisenreserve anzapft. Laut GAP-Verordnung könnten bis 2020 noch insgesamt bis zu 2 Mrd. Euro gezielt für Viehbetriebe bereitgestellt werden. Das Geld sei genau für solche Krisen da, so der Politiker.
"Warum wird dieser Krisenmechanismus nicht genutzt? Vielmehr versucht man wie in Deutschland, auf nationaler Ebene jeder für sich der Krise Herr zu werden. Das kann bei einem europäischen Problem nicht funktionieren!", so seine Meinung. Er ist überzeugt, dass sich nur deshalb niemand an die Krisenreserve traut, weil sie zu Lasten der Direktzahlungen aller ginge. "Vor diesem Hintergrund fragt man sich, welche Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten aber auch im Berufsstand zwischen den Landwirten noch existiert. Hier muss ein pragmatisches Umdenken her!“, so der Sozialdemokrat.
Auch die bisher öffentlich diskutierten Maßnahmen, die am 30. Mai auf dem Milchgipfel beschlossen werden sollen, sieht Dr. Priesmeier kritisch: „Mit Geld wird man das Problem alleine nicht lösen. Wenn zum Beispiel die landwirtschaftliche Unfallversicherung zusätzlich bezuschusst werden soll, profitieren auch die Marktfruchtbetriebe in der Magdeburger Börde und eben nicht nur der Milchviehbetriebe. Dieses Gießkannenprinzip ist zu ungenau, um den Milchviehhaltern zu helfen. Auch erinnere ich daran, dass der Bundeslandwirtschaftsminister schon im letzten Haushalt den Zuschuss erhöht hat, doch bei den Landwirten bis heute noch nichts angekommen ist."
Priesmeier zeigt sich außerdem gespannt, in wie weit der Bundestag bei den jetzigen Vorhaben noch einbezogen wird, da ja die diskutierten Millionenbeträge allesamt haushaltsrelevant sind und das Parlament dem zustimmen müsste. Um wirklich dauerhaft helfen zu können, müssten die Strukturen des nach Ansicht Priesmeiers nach wie vor überregulierten Milchmarktes aufgebrochen werden.
"Das heißt ganz klar:
- die Landwirke am Markt stärken, indem wir die Andienungspflicht beenden;
- die Ausnahmen für genossenschaftliche Molkereien in der Gemeinsame Marktordnung und im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen streichen, um damit den Wettbewerb zwischen Molkereien zu fördern;
- eine Qualitätsoffensive starten und eine höhere Wertschöpfung erreichen, um Milch besser veredeln und vermarkten zu können. Hier sind Molkereien und Lebensmitteleinzelhandel gleichermaßen gefragt.