Keine langfristige Planungssicherheit bietet nach Einschätzung des Kieler Agrarwissenschaftlers Prof. Friedhelm Taube die vom Bundesrat beschlossene Novelle der Düngeverordnung.
Im Interview mit AGRA-EUROPE zeigt sich Taube zwar erleichtert über den Beschluss der Länderkammer, der Klarheit für die Betriebe in den Düngejahren 2020 und 2021 schaffe. Gleichzeitig werde jedoch die anstehende Evaluierung der bislang nicht überzeugenden Stoffstrombilanzverordnung die Grundlage schaffen für ambitionierte Anforderungen an alle Betriebe.
Der Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Kiel fordert einen „klaren Fahrplan“ für die nächsten zehn Jahre. Der sei dringend notwendig, um die eingegangenen Verpflichtungen bei der Reduzierung der Stickstoffüberschüsse, der Erfüllung der Vorgaben aus der EU-Wasserrahmenrichtlinie sowie der Richtlinie zur Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (NERC-Richtlinie) zu erfüllen.
Vor diesem Hintergrund warnt Taube zugleich vor falschen Erwartungen an die Binnendifferenzierung der Roten Gebiete. Zwar werde dadurch kurzfristig „Druck aus dem Kessel“ genommen. Den tatsächlichen weitergehenden Herausforderungen in der Fläche werde man durch „punktuelle Scheinlösungen“ jedoch nicht gerecht.
Auswirkungen nicht dramatisieren
Der Wissenschaftler äußert Verständnis für die Kritik an der ab 2021 geltenden 20-prozentigen Düngung unter Bedarf in den Roten Gebieten, warnt aber zugleich, deren Auswirkungen zu dramatisieren. „Gute Landwirte werden die Optionen effizient nutzen, die diese Regelungen immer noch bieten“, sagte Taube.
So biete die Reduzierung des Düngebedarfs um 20 % im Durchschnitt der Betriebe erheblichen Spielraum, stickstoffeffiziente Kulturen schwächer zu düngen, um Freiräume für Kulturen mit höherem Bedarf zu schaffen. Zudem gebe es viele Möglichkeiten, Umweltleistungen jenseits des Gewässerschutzes mit dem Gewässerschutz zu verknüpfen und Landwirte dafür zusätzlich zu belohnen: „Es lohnt sich, nach all der undifferenzierten Kritik der vergangenen Monate nun die Potentiale zu sehen für innovative Formen der ökologischen Intensivierung.“ Auch dafür könnten die im Rahmen der „Bauernmilliarde“ bereitgestellten Mittel effektiv verwendet werden.