Die EU berät heute über Reformen für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020. Am Ende müsse zählen, dass jeder bewirtschaftete Hektar "den Anforderungen der Klimaschutzmaßnahmen entspricht", sagte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Morgen im Interview mit WDR5.
„Es geht mir um die Sicherung einer flächendeckenden bäuerlichen Landwirtschaft, die als allererstes unsere Nahrungsmittel produziert. Es geht aber auch um die Art der Produktion, also Nachhaltigkeit, Tierwohl, Klima- und Umweltschutz“, sagte sie während einer Auto-Fahrt. Zudem seien ihr die ländlichen Räume sehr wichtig.
Auf den Vorwurf von Bundesumweltministerin Svenja Schulze angesprochen, die Klöckner mangelnden Einsatz beim Thema Nachhaltigkeit und ein Festhalten an pauschalen Flächenprämien vorwirft, verwies die CDU-Politikerin darauf, dass sich Kollegin Schulze im Rahmen der Grünen Woche geäußert habe. Da verfolge sie mit einer Zuspitzung gewisse Ziele. „Alles, was wir in Brüssel vertreten, ist natürlich ressortabgestimmt. Umso mehr Umweltstandards es gibt, umso mehr Geld muss es natürlich geben, damit kleine und mittlere Betriebe gefördert werden. Das ist meine Position. Die vertrete ich, abgestimmt mit dem gesamten Kollegenkreis und unterstützt vom Bundesumweltministerium“, sagte sie. Man müsse hier das „Klappern“ bei öffentlichen Auftritten von den Entscheidungen auf Fachebene unterscheiden.
Die Forderungen nach einer Änderung der Förderung zugunsten kleiner Betriebe und „umweltfreundlicher Wirtschaftsweisen“ sowie einer Kappung bezeichnete Klöckner als „Überschriftendiskussion“, da müsse man schon detailliert in die Fachlichkeit gehen. So habe die Agrarreform 2013 den Kurs Richtung Marktorientierung weiter fortgesetzt und Direktzahlungen noch stärker mit konkreten gesellschaftlichen Leistungen verknüpft (Greening im Umweltbereich). „Jetzt gibt’s die nächste Reform und es wird noch einmal strenger werden. Das andere sind ja nur Überschriften von NGOs, die damit Geld verdienen, indem sie Panik machen“, so Klöckner.
Sie halte den schwierigen Weg der EU-Kommission für richtig. Künftig würden kleine und mittlere Betriebe stärker gefördert, denn die ersten Hektare seien ja viel teurer als bei Großbetrieben. „Am Ende muss gelten: Jeder Hektar, der bewirtschaftet wird, - egal ob von einem großen oder kleinen Hof - muss am Ende den Anforderungen an Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen entsprechen.“ Im Osten Deutschlands hätten z.B. bis zu fünf Familien gleichzeitig einen großen Betrieb, in Bayern sehe das anders aus. Dem müsse man Rechnung tragen, zielorientiert arbeiten und sich nicht nur an den Prozessen festhalten.
Angesprochen auf die dann notwendige Kontrolle sagte die Ministerin, davon könnten die Bauern, die kontrolliert wurden, zurecht ein Lied singen. Den Landwirten, die sich nicht an die Regeln gehalten hätten, wäre Geld abgezogen und gekürzt worden. Es gebe mehrere Kaskaden der Kontrolle: Die Behörden direkt vor Ort kontrollierten, die einzelnen Mitgliedsstaaten kontrollierten und es gingen Berichte an die EU-Kommission. „Was aber notwendig ist, und was ich auch unterstütze, ist eine gewisse Flexibilisierung in den Mitgliedsstaaten bei erster und zweiter Säule", so Klöckner.
Update: 11:30 Uhr nach den ersten Beratungen
Am Morgen hatte die rumänische Präsidentschaft in Arbeitsprogramm vorgestellt. Dann stand die Beratung über die Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) im Mittelpunkt. EU-Agrarkommissar Phil Hogan stellte hierbei seine Pläne für die künftige ‚Grüne Architektur‘ der GAP vor.
Anschließend sagte Klöckner, dass ein Mehr an Flexibilität nicht gleichbedeutend sein dürfe mit einem Aufweichen von Kriterien, einem Wettbewerb in den Mitgliedsstaaten nach unten hinsichtlich der Qualität der Umweltleistungen. „Diese müssen effizient, zielgerichtet und überprüfbar sein. Andererseits sind Verständlichkeit und Praktikabilität entscheidend. Im Sinne eines besseren Natur- und Klimaschutzes geht es darum, dass die Leistungen für die Bauern in der Praxis umsetzbar sind - unabhängig der Betriebsgröße. Sonst bleibt ein höheres Umweltambitionsniveau wohlklingende Theorie. Um Gründlichkeit geht es deshalb - nicht die schnelle Schlagzeile mitten im Prozess zählt, sondern die Ergebnisse, die am Ende stehen. Der Erfolg der Grünen Architektur muss sich an der Zielerreichung messen lassen, nicht am Weg dorthin“, so die Politikerin.
Ein weiterer zentraler Punkt auf der Tagesordnung war der Bericht der EU-Kommission zur Entwicklung von Proteinpflanzen. Darin wurden Angebot und Nachfrage bei pflanzlichem Eiweiß wie zum Beispiel Raps, Soja, Erbsen und Bohnen überprüft und untersucht, ebenso ein möglicher Ausbau der Erzeugung von Proteinpflanzen in der Europäischen Union.
Julia Klöckner: „Der Bericht verdeutlicht, dass wir als EU auch künftig auf umfangreiche Sojaimporte angewiesen sind, um den Bedarf der heimischen Veredelungswirtschaft zu decken. Der Selbstversorgungsgrad in der EU liegt derzeit bei fünf Prozent, weshalb wir umso intensiver die Umweltauswirkungen der Einfuhr in den Blick nehmen müssen. Dieser Aspekt findet im Bericht leider keinen Niederschlag, die Kommission habe ich gebeten, hier geeignete Lösungen auszuloten."
Aus ihrer Sicht seien Initiativen für nachhaltige, entwaldungsfreie Lieferketten für Soja besonders unterstützenswert. Weiterhin habe sie bekräftigt, dass gekoppelte Zahlungen zur Förderung des Anbaus von Proteinpflanzen nicht geeignet sind, in vielen Bereichen führen sie zu Wettbewerbsverzerrungen, insbesondere im Ackerbau. Den Vorschlag der Kommission, die Erhöhung der Grenzen für die gekoppelte Stützung sogar noch weiter zu erhöhen, könne Deutschland daher nicht akzeptieren.
"Gleichzeitig sehen wir, dass wir mit unserer nationalen Eiweißstrategie in Deutschland bereits seit 2012 viele der nun von der Kommission vorgeschlagenen Instrumente und Programme zur Förderung der Erzeugung von Pflanzenproteinen umsetzen. Dazu zählt die Intensivierung von Forschung und Wissenstransfer, die Entwicklung von Wertschöpfungsketten oder die Förderung über die Agrarumweltmaßnahmen. Insofern ist das vorgelegte Papier eine Bestätigung des Kurses, den wir eingeschlagen haben.“
Am Rande des Agrarrates kam Bundesministerin Julia Klöckner auch mit einigen Amtskollegen zusammen, um sich über Erfahrungen und Forderungen zu Herdenschutz und der Wolfsentwicklung auszutauschen.