Viele Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD stehen unter Finanzierungsvorbehalt. Das trifft erst recht auf die 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu, die Schwarz-Rot in den tierwohlgerechten Stallbau investieren will. Darüber wurde nur in den Koalitionsverhandlungen gesprochen, das Geld hatte es aber nicht in den Koalitionsvertrag geschafft.
Ich kann zusagen, ich werde dafür werben und auch hart kämpfen.
Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) will jedoch dafür sorgen, dass die Tierhaltung mit den Sparvorgaben von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) nicht leer ausgeht. Zu den 1,5 Milliarden Euro sagte er bei der top agrar-Veranstaltung „Landwirtschaft im Dialog“ am 2. Juni in Berlin: "Ich kann zusagen, ich werde dafür werben und auch hart kämpfen." Er favorisiere ein Förderprogramm für Tierwohlställe, dass langfristige Planungssicherheit schaffe. Daher habe man in den Koalitionsverhandlungen über die 1,5 Milliarden Euro pro Jahr für Tierwohlställe gesprochen.
Rainer will Ampel-Programm für Tierhaltung fortsetzen
Das Förderprogramm der Ampelkoalition für die Tierhaltung werde die neue Bundesregierung „selbstverständlich fortsetzen“, sagte Rainer. Er sehe seine Aufgabe darin, die „nachhaltige Weiterentwicklung des Tierhaltungsstandortes“ voranzutreiben und eine Verlagerung ins Ausland zu verhindern.
Die ganze Veranstaltung zum (nochmal) ansehen im Video:
Dass Rainer bei den Haushaltsverhandlungen durchsetzungsfähig sein wird, glaubt der neue agrarpolitische Sprecher der CDU/ CSU-Fraktion Johannes Steiniger (CDU). Er kenne Rainer aus seiner Zeit im Finanzausschuss des Bundestages als sehr durchsetzungsstarken Menschen, sagte Steiniger bei der top agrar-Veranstaltung. „Ich sehe optimistisch auf die Haushaltsverhandlungen“, so Steiniger.
Welche Haltungsformen werden künftig gefördert?
Offen blieb bei der Veranstaltung, welche Haltungsformen in der Tierhaltung von der Förderung künftig profitieren sollen. Steiniger will auch Geld für die Haltungsform zwei einsetzen. „Ich finde es wichtig, dass wir Landwirte, die sich auf den Weg machen mit der Haltungsform zwei, dass man die unterstützt“, sagte er.
Anders sieht es seine Koalitionspartnerin von der SPD, Dr. Franziska Kersten. „Wir müssen sehen, dass wir den Mehrwert für Tierwohl honorieren. Für mich sind das die Haltungsformen drei, vier und fünf“, sagte sie. Die Haltungsformen eins und zwei hält sie nicht für förderwürdig.
Nicht am Markt vorbei fördern.
Ähnlich sieht es die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Ophelia Nick von den Grünen, die jetzt deren agrarpolitische Sprecherin in der Opposition ist. „Der Handel sagt doch sehr klar, dass es Richtung drei und höher als Haltungsform geht. Wenn man Stufe eins und zwei unterstützt, dann unterstützt man am Markt vorbei“, sagte Nick.
Rewe sucht nach Fleisch aus Haltungsform drei und höher
Nicks Einschätzung bestätigte der Einkaufsleiter für Fleisch bei der der Rewe-Group, Markus vom Stein. „Wir haben klare Ziele, dass wir ab 2030 ausschließlich Haltungsform drei und höher vermarkten. Wir hätten gerne schon jetzt mehr, aber wir müssen den Markt mitnehmen“, bestätigte er auf der top agrar-Veranstaltung auf Nachfrage.
Tierwohl ist mehr als Platz.
Auf eine Weiterentwicklung des Tierhaltungskennzeichens drängte die Landwirtin Katharina Leyschulte auf der Veranstaltung. „Tierwohl ist mehr als Platz. Tierwohl ist der Landwirt, der nach seinen Tieren sieht. Die Tierbetreuung muss mehr Bedeutung gewinnen“, sagte sie. Zudem müssten die Anforderungen für das Tierhaltungskennzeichen auch für kleinere Betriebe leistbar sein. Bisher seien es eher größere Betriebe, die das umsetzen könnten, so Leyschulte.
Mehr Zeit für Veränderungen am staatlichen Tierhaltungskennzeichen hat sich Schwarz-Rot soeben genommen. Das Bundeskabinett hatte sich Ende Mai auf eine Verschiebung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes geeinigt. Es soll nun statt im August 2025 erst am 1. März 2026 starten. Die agrarpolitischen Sprecher sagten auf der top agrar-Veranstaltung zu, dass sie das Tierhaltungskennzeichengesetz bis dahin gründlich überarbeiten wollen.
Die top agrar Veranstaltung „Landwirtschaft im Dialog: Agrarpolitik: Was plant die neue Bundesregierung?" fand am 2. Juni in Berlin statt. Sie wurde unterstützt von der Rewe-Group.