Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Bevorstehende Entscheidung

Rat und Parlament liegen bei GAP-Reform weit auseinander

Vor dem Freitagsvotum im EU-Parlament zur GAP nimmt die Polarisierung zu. Genugtung und Frust über bisherige Abstimmungen entzweit die Fraktionen vor dem Trilog-Auftakt

Lesezeit: 7 Minuten

Am Tag nach der Einigung im EU-Agrarministerrat zur GAP-Reform richtet sich der Blick der Brüsseler Beobachter auf die für den morgigen Freitag angesetzte Schlussabstimmung im Europäischen Parlament (EP) über die Weichenstellungen des Reformwerks für die Jahre 2021-2027.

Das Echo auf die Positionierung des Rates in der Nacht zum Mittwoch fällt entsprechend geteilt aus: Der Dachverband der europäischen Bauernverbände und Genossenschaftsbetriebe (Copa Cogeca) würdigte die "substantielle Arbeit und ergebnisorientierten Bemühungen" der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zur Erreichung einer Allgemeinen Ausrichtung.

Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Copa Cogeca: "Die europäischen Landwirte sind bereit für mehr Umweltschutz mitzuarbeiten"

"Die europäischen Landwirte und Agrargenossenschaften verstehen den erzielten Kompromiss als Signal und sind bereit mitzuarbeiten, die gesteckten Ziele der künftigen GAP zu erreichen", heißt es in einer Presseerklärung.

Gleichzeitig begrüßten Copa Cogeca das klare Mehrheitsvotum von 503 EU-Ageordneten vom Mittwoch, dass die Landwirtschaft in Europa nicht zum ideologischen Spielball oder zur Revolution ausarten dürfe, sondern die Arbeit an der GAP-Reform auf Anpassung und Übergang ausgerichtet sein müsse.

"Die europäischen Bauern brauchen und setzen auf diesen Prozess im Geist der Zusammenarbeit während der Trilogverhandlungen", unterstrich der europäische Dachverband der Landwirteorganisationen.

Norbert Lins: "Die Einigung im EU-Agrarrat ist Julia Klöckner zu verdanken"

Zu der erfolgten Einigung der EU-Landwirtschaftsminister und der Annahme der GAP-Kompromisse im EU-Parlament zeigte sich der Agrarauschussvorsitzende im Europarlament, Norbert Lins, zufrieden:

"Es ist der deutschen Ratspräsidentschaft und Julia Klöckner zu verdanken, dass sich die Agrarminister nach zweieinhalb Jahren Verhandlungen endlich geeinigt haben".

Zudem habe eine breite Mehrheit im EU-Parlament die Eckpunkte der Parlamentsposition auf den Weg gebracht. "Bis zum Ende der Woche werden wir im Europaparlament noch die weiteren Details unserer Position abstimmen, so dass in Kürze die Verhandlungen zwischen Rat und Parlament beginnen können". Die europäische Landwirtschaft brauche endlich Klarheit für die nächsten Jahre, so Lins.

Die ersten EP-Abstimmungen seit Dienstagabend geißelte der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Martin Häusling, als "Unterbietungswettbewerb" in Brüssel.

Martin Häusing: "Wer trägt mehr zum Scherbenhaufen der EU-Agrarpolitik bei?"

„Nachdem von der großen Koalition aus EVP, Renew und S&D in einem skandalösen Foulspiel sämtliche Tricks aus der Kiste geholt wurden, um die demokratische Einbringung legitimer anderer Standpunkte in den Abstimmungen zu verhindern, bestätigt sich nun, dass sie beim Thema Agrarpolitik ihr umweltpolitisches Rückgrat und Klimagewissen wohl vollständig ausgeblendet haben" so Häusling in einer Pressemitteilung.

Es sei noch nicht absehbar, wer von den beiden Institutionen, EU-Parlament und EU-Rat, mehr zum Scherbenhaufen der kommenden Agrarpolitik letztlich beitragen würde.

"Fest steht, dass das EU-Parlament durch die Zementierung von 60% der Zahlungen ohne Auflagen an die Hektarprämie die Zeiten eines zaghaft fortschrittlichen Umweltansatzes komplett hinter sich gelassen hat. Darüber können auch die 30% Ökoregelungen (Eco-Schemes) nicht hinwegtäuschen. Eine schwammige Blackbox ohne klare Zielsetzungen wird die Agrarpolitik ganz bestimmt nicht auf einen zukunftsfähigen Kurs bringen".

Außerdem würden bei der Konditionalität für die Zahlungen eine "weitere Schwächung der wichtigen Mittel für Umwelt- und Klimamaßnahmen festgelegt.“

Martin Weyand: "Das reicht nicht für ein Umsteuern in Richtung nachhaltige Landwirtschaft"

Während die EU-Agrarminister sich auf einen Zielwert von 20 Prozent der Direkthilfen für Umweltmaßnahmen in der nächsten GAP verständigten, votierte das EU-Parlament mehrheitlich für mindestens 30 Prozent für Ökoregelungen aus Mitteln der 1. Säule.

Der Bundesverband der Deutschen Energie und Wasserwirtschaft (BDEW-Wasser/Abwasser) schlägt sich auf die Seite des EU-Parlaments und fordert mindestens 30 Prozent für Öko-Regelungen. Der BDEW kritisiert, dass im Beschluss der EU-Agrarminister nur 20 Prozent der Mittel aus der ersten Fördersäule für Öko-Regelungen für die ersten beiden Jahre vorgesehen sei.

"Das reicht für das Umsteuern Richtung umweltfreundliche Landwirtschaft nicht aus. Die Ökoregelungen müssen zukünftig ein fester Bestandteil der GAP-Reform im Hinblick auf Gewässerschutz werden. Die Mitgliedstaaten sollten mindestens 30 Prozent für die Öko-Regelungen aufwenden. Diese sollten für den Systemwechsel mindestens für 10 Jahre eingeführt werden", erklärte BDEW-Hauptgeschäftsführer Martin Weyand, in Berlin.

„Die Landwirtschaft muss auch mit Blick auf den Gewässerschutz nachhaltiger werden. Die Belastung der Böden und des Grundwassers durch Düngung und den Einsatz beispielsweise von Pestiziden muss reduziert werden", so Weyand. Ein zentraler Hebel hierfür sei ein europaweites Umsteuern bei der Verwendung der EU-Agrar-Subventionen.

Maria Noichl: "Wir brauchen dringend vorrangige Förderung für nachhaltige Betriebe"

Auch die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl sind die von den EU-Agrarministern gesteckten Ziele nicht ambitioniert genug.

"Derzeit bekommen die größten Agrarbetriebe das meiste Geld. Das ist ein wenig so, als würde man Kindergeld nach Größe des Kinderzimmers verteilen. Das kann nicht sein. Wir brauchen dringend eine Verteilung der Fördergelder, die kleine und mittlere sowie nachhaltig wirtschaftende Betriebe belohnt!

Kritik übte die agrarpolitische Sprecherin der SPD im EU-Parlament an der deutschen EU-Ratspräsidentschaft: "Unsere konservative Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner scheint es bisher wenig zu stören, dass es in einer möglichst langen Übergangszeit erstmal so weitergeht. Wir müssen die Einigung der Ministerinnen und Minister durch unsere Parlamentsposition verbessern", forderte Noichl gegenüber der Presse.

"Die neuen Regeln müssen Förder-Höchstgrenzen enthalten, damit kleine und mittlere Betriebe stärker gefordert werden, statt nur die großen Konzerne zu bevorteilen", betonte Noichl.

Außerdem müssten die Vereinbarungen künftig Green-Deal-fähig sein und die Farm-to-Fork-Strategie einbeziehen, die konkrete Ziele für die Treibhausgasreduktion, von nicht produktiven Flächen für die biologische Vielfalt sowie der "Pestizid- und Antibiotikareduktion" vorsehe.

Ulrike Müller: "Keine weiteren Verschärfungen bei Pflanzenschutzmitteln"

Ganz anders sieht dies Ulrike Müller, als EU-Abgeordnete der Freien Wähler in der liberalen EP-Fraktion Renew Europe:

"Die Lebensmittel sollen sicher, günstig und nachhaltig sein – bei möglichst geringem Flächenverbrauch. Gleichzeitig stehen aber immer weniger Pflanzenschutzmittel zur Verfügung. Hier dürfen die Landwirte nicht im Regen stehen gelassen werden und es muss dringend dafür gesorgt sein, dass ihnen weiterhin eine breite Palette an sicheren, geprüften Pflanzenschutzmitteln zur Verfügung steht", erklärte Müller.

Es werde ständig versucht, biologisch pauschal als „gut“ und konventionell als „schlecht“ darzustellen. "Beides stimmt nicht. Jeweils gilt: Die Dosis macht das Gift und der verantwortungsvolle Einsatz bestimmt über Lebensmittelsicherheit und Nachhaltigkeit."

Die Debatte um Pflanzenschutzmittel werde oft sehr emotional und auch ideologisch geführt. Entscheidungen sollten allerdings ausschließlich auf wissenschaftlich fundierten Analysen getroffen werden, so die Renew Europe-Vertreterin.

WWF: "Die aktuelle Situation zur GAP ist zum Verzweifeln"

Diese liberale Positionen sind Greenpeace Europe und dem WWF Europe allerdings ein Dorn im Auge:

"Die Situation für die zukünftige GAP ist zum verzweifeln. Nur die vollständige Zurückweisung der GAP in der finalen Abstimmung im EU-Parlament am Freitag oder eine starke Aktion der EU-Kommission im Sinne des Green Deal kann die Situation noch bereinigen", twitterte der WWF-Agrarexperte, Jablier Ruiz aus dem Brüsseler Büro.

In einem gemeinsamen Online Aufruf solidarisierte sich auch Greenpeace Europe und rief die EU-Parlamentarier zum Boykott der GAP-Reform in der Schlussabstimmung am Freitag auf: #VoteThisCAPDown!

Greenpeace kritisierte insbesondere, dass die Mehrheit der EU-Abgeordneten bei den Abstimmungen am Mittwoch zehn Änderungsanträge der Grünen ablehnte, die auf eine Verlinkung der GAP-Reform mit dem Green Deal und hier insbesondere mit den Kommissionstrategien "Farm to Fork" und zur Biodiversität abzielten, in Bausch und Bogen verwarfen.

Greta Thunberg: "EU-Parlamentarier geben Klima- und Umweltpolitik völlig auf"

Auch die Umweltaktivistin und "Fridays4Future"- Initiatorin äußerste sich im Interview mit der britischen Zeitung `The Guardian`ebenfalls von den bisherigen Voten der EU-Parlamentarier enttäuscht: "Die EU-Abgeordneten geben Klima- und Umweltpolitik völlig auf durch ihre Voten für ein Verwässern der ursprünglichen GAP-Reform". Es sei frustrierend zu erleben, dass die Mehrheitsfraktionen im EU-Parlament einem "Weiter so" zustimmten zugunsten von 60 Prozent der Direktzahlungen ohne wirkliche Bindungen für verpflichtende Umweltmaßnahmen.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.