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Renate Sommer: „Neue Transparenzregeln im Sog der Glyphosat-Diskussion in Sicht"

Dr. Renate Sommer, promovierte Agrarwissenschaftlerin an der Uni Bonn, arbeitete zunächst als Fachreferentin für Agrarpolitik bei der Deutschen Landjugendakademie und beim Deutschen Bauernverband in Bonn. Sie ist seit 1999 Mitglied des EU-Parlaments und Berichterstatterin zur Revision der Lebensmittelbasis-Verordnung.

Lesezeit: 6 Minuten

top agrar Sommerinterviews 2018 Agrar und Ernährung. Heute Dr. Renate SOMMER (59)


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Dr. Renate Sommer, promovierte Agrarwissenschaftlerin an der Universität Bonn, arbeitete zunächst als

Fachreferentin für Agrarpolitik bei der Deutschen Landjugendakademie und beim Deutschen Bauernverband in Bonn. Sie ist seit 1999 Mitglied des EU-Parlaments und gilt als profilierte Expertin für Lebensmittelrecht und -zulassung im EU-Parlament. Aktuell fungiert sie EP-Berichterstatterin für die Revision der Lebensmittelbasis-Verordnung im Sog der Glyphosat-Diskussion.


top agrar: Frau Dr. Sommer, Sie haben soeben den Bericht im Europäischen Parlament zur Lebensmittelbasis-Verordnung vorgelegt. Was wird damit neu geregelt?

Dr. Sommer: Die Lebensmittelbasis-Verordnung, die aus meiner Sicht gar nicht überarbeitungsbedürftig ist, weil der Lebensmittelsektor an sich sehr zufrieden war mit der bestehenden Verordnung, ist im Sog der Glyphosat-Diskusssion in den öffentlichen Fokus geraten.

Dies ist der Grund, warum die EU-Kommission die Transparenzregeln in der Europäischen Union ändern will. Und das geht zurück auf die Bürgerinitiative gegen Glyphosat. So hat die EU-Kommission entsprechende Vorschläge gemacht, um die Transparenzregeln der Europäischen Lebensmittelsicherheitsagentur (EFSA) anzupassen. Gleichzeitig sollen die Regeln für die Agenturen der Europäischen Chemikalien-Behörde (ECHA) und der EU-Arzneimittelagentur (EMA) überprüft werden.


Der EU-Kommission reicht dies aber nicht aus…

Dr. Sommer: Ja, die EU-Kommission geht in ihren Vorschlägen zur Änderung der Lebensmittelbasis-Verordnung weit darüber hinaus. Mir persönlich geht es darum, die Dinge wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen. Die EU-Kommission wollte, dass die Antragsunterlagen und die zugrundeliegenden Studien für Lebensmittel, Körperpflege- oder Haushaltsreinigungsprodukte schon zum Zeitpunkt der Antragstellung veröffentlicht werden müssen. Das ist natürlich gefährlich für innovative Unternehmen im Lebensmittelbereich. Das würde die Möglichkeit eröffnen, dass man zum Beispiel in China im Computer nachschaut, was in Europa an neuen Innovationen sich im food Bereich tut und dann einfach ganz schnell irgendwelche Ideen kopieren vielleicht schon vor der Markteinführung eines Produktes in der Europäischen Union.

 

Würde dies nicht zu unterschiedlicher Transparenzpraxis der EU-Agenturen führen?

Genau aus diesem Grunde schlage ich jetzt in meinem Bericht vor – wie dies auch in den beiden Agenturen ECHA und EMA der Fall ist – die Veröffentlich erst zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der wissenschaftlichen Stellungnahme der Agentur vorzulegen. Dies ist aus meiner Sicht der richtige Zeitpunkt, dass sich auch die Öffentlichkeit damit beschäftigen. Damit wäre der Zugang für die Öffentlichkeit gewährleistet und den neuen Transparenzregeln genüge getan. Es ist einfach wichtig, dass eine Veröffentlichung der wissenschaftlichen Daten erst dann erfolgt, dass der europäische Erzeuger auch nicht die Chance hat, das Produkt auf den Markt zu bringen.


Dies soll also künftig für Industriestudien wie beispielsweise von Nestlé, Danone oder Bayer-Monsanto gelten?

Dr. Sommer: Ja, die Anträge der Industrie zur Einführung eines neuen Lebensmittels oder Artikel der Körperpflege-. Haushaltsreinigungs- oder Hygieneproduktes und die zugrunde Studien sollen gemäß den neuen Transparenzregeln der EU-Kommission veröffentlicht werden. In diesem Zusammenhang sind auch die Fragen des geistigen Eigentums zu klären. Dabei sollen die bereits geltenden Regeln angewendet werden. Das heißt, der Antragsteller wird von der EFSA in Kenntnis gesetzt, was sie als Agentur zu veröffentlichen gedenkt. Der Antragsteller hat dann die Möglichkeit im Einzelfall Einspruch gegen die Veröffentlichung von Firmendaten, wenn es um die Sicherung des geistigen Eigentums geht. Da müssten aus meiner Sicht die geltenden Regeln ausreichend sein.


Wie geht es im Gesetzgebungsverfahren mit der Lebensmittelbasis-Verordnung weiter?

Dr. Sommer:Die Fraktionen des Europäischen Parlaments haben einen Berichtsentwurf zu Beginn des Sommers zugestellt bekommen. Die erste Debatte im Europäischen Parlament findet bereits in der letzten Augustwoche dazu statt. Wir sind ja enorm unter Zeitdruck und nicht sehr glücklich über die Europäische Kommission, dass sie ihre Vorstellungen zur Änderung der Verordnung erst so spät vorgelegt hat so kurz vor Ende der Legislaturperiode. Wir müssen uns darauf einrichten spätestens im März mit dem Bericht ins Plenum zugehen. Wegen des Brexit wissen wir ja nicht, ob wir im April noch abstimmungsberechtigt sind. Und bereits im Mai finden die Neuwahlen zum Europäischen Parlament statt. Also das ist alles mit sehr heißer Nadel gestrickt.

 

Welche Lehren zieht die EU aus dem Fipronil-Skandal, der auch deutsche Geflügelzüchter stark betroffen hat?

Dr. Sommer:Das ist zunächst mal ein niederländisches Problem, wie der Bericht der Untersuchungskommission in den Niederlanden ja offengelegt hat. Wenn die Fehlerquellen in der Aufsicht erkannt sind, kann man die Probleme ja lösen und für die Zukunft ausräumen. Die Situation ist natürlich schlecht für die niederländischen Produzenten, wenn man kein Vertrauen mehr in sie haben kann. Da müssen die Niederlande tätig werden in ihrem eigenen Interesse und zum Schutz der Verbraucher. Auf EU-Ebene ist die Kontroll-Verordnung für Lebensmittel in Kraft. Und daran müssen sich auch die Niederländer halten.

 

Briten, Franzosen und Italiener haben in ihren Ländern bereits eine Nährwertampel für Zucker und Salz eingeführt. Kommt die Ampel eines Tages europaweit?

Auch hier hat die aktuelle EU-Kommission, deren Mandat gleichzeitig mit den Wahlen zum EU-Parlament im Mai 2019 ausläuft, keinen entsprechenden Vorschlag vorgelegt. Ich hatte in dieser Angelegenheit mehrere Anfragen an die Kommission geschickt. Da hieß es immer, die Pilotphasen in einzelnen Mitgliedsländern über die Laufzeit von zwei Jahren werde erst abgewartet, bevor es dazu Vorschläge gebe. Dies ist gegen den Willen des europäischen Gesetzgebers. Aber das Schlupfloch besteht noch im Rahmen der europäischen Information-Verordnung, worauf die Mitgliedstaaten seinerzeit bestanden haben. Man muss abwarten was die nächste EU-Kommission ab 2020 daraus macht.


Die Ampel-Kennzeichnung ist damit vom Tisch?

Eine verpflichtende Ampelkennzeichnung wird es sowieso nicht geben, denn sie ist rein rechtlich auch gar nicht möglich, weil sie der health claim Verordnung nach europäischem Recht widerspricht. Gemäß der health claim Verordnung könnte eine farbliche Kennzeichnung nur mit der Farbe grün für Unbedenklichkeit erfolgen.  Also mit einem Zusatz „geringer Gehalt an Zucker oder Salz“. Solange die health claim Verordnung in Kraft ist, wird eine Ampel also nicht möglich sein. Die EU-Kommission hatte dies bisher schlicht und ergreifend verschwiegen. Denn die health claim Verordnung beinhaltet eine Ampel-Kennzeichnung für Nährwertprofile ohne Farben sozusagen. Nachvollziehbare Nährwertprofile gibt es bis heute nicht, weil die unrealistisch sind. Die health claim Verordnung befindet sich noch im sogenannten Refit-Verfahren, das seit 2006 in Kraft ist. Dort ist ebenso nach über zehn Jahren bis dato kein Fortschritt zu verzeichnen.

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