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topplus AGCO-Chef in Ahlen

Richenhagen: „Bauernmilliarde ist ganz billiger Trick!“

Die Milliardenankündigung von Julia Klöckner ist für AGCO-Chef Martin Richenhagen ein ganz billiger Ablenkungstrick. Die Ministerin habe keinerlei Ideen für konkrete Maßnahmen, polterte er.

Lesezeit: 7 Minuten

Als „ganz billigen Trick der Weinkönigin“ bezeichnet der Präsident und CEO des Landmaschinenkonzerns AGCO, Prof. Dr. h.c. Martin Richenhagen, die von der Bundesregierung angekündigte 1 Mrd. Euro zur Abfederung der anstehenden Härten.

Wie er am Freitag beim Kreisverbandstag des WLV Warendorf in Ahlen (NRW) sagte, sei dies der Versuch der Politik, mit Geld die Bauern zu beeinflussen. In stört auch, dass man nichts Genaues über die Milliardenhilfe wisse. „Klöckner hat so wenig Ahnung, dass sie das nicht mit Maßnahmen verbinden kann“, ärgerte sich der Gastredner, der die Fähigkeiten der CDU-Politikerin mehrfach sehr deutlich anzweifelte.

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Praktisch bedeute das Hilfspaket lediglich 700 Euro pro Betrieb. „Das können Sie doch vergessen, da kann keiner was mit anfangen“, so Richenhagen weiter. Stattdessen bräuchten die Bauern klare Regeln für Tierhaltung und Düngung, damit sie planen können. „Die Politik muss endlich Regeln für die nächsten 20 Jahre festlegen, und nicht welche für die nächsten Monate! Wir müssen der Politik jetzt erklären, was wir brauchen.“

Seiner Meinung nach haben die Bewohner der Städte „keine Ahnung“ und seien beeinflusst durch NGOs. Der Präsident schlägt vor, ihnen aber zuzuhören und zusammen mit der Wissenschaft faktenbasiert Lösungen zu erarbeiten.

Direktzahlungen am besten abschaffen

Die Subventionen für die Landwirte sollte die Politik nach Ansicht des AGCO-Chefs abschaffen und dafür bessere Preise garantieren. Durch die Direktzahlungen habe der Staat bislang die Möglichkeit, sich auf den Höfen einzumischen, argumentiert er.

Wünschenswert sei außerdem ein Gesellschaftsvertrag, der Tier- und Umweltschutz beinhalte und die Gesellschaft verpflichtet, die Leistungen der Landwirtschaft zu bezahlen. „Eine Umsatzrendite von 10 % muss das Ziel sein“, schlug Richenhagen vor.

LEH denkt an sich

Im weiteren Gespräch mit Wochenblatt-Chefredakteur Anselm Richard ging es um die Macht des Lebensmitteleinzelhandels. Der Chairman berichtete dazu von dem enormen Wettbewerbsdruck, unter dem der LEH steht. Jeder versuche, möglichst viele Anteile zu ergattern, was bislang hauptsächlich über den Preis geht.

Als Gegengewicht wäre laut Richenhagen ein Vermarktungsmonopol der Bauern eine Lösung. Die Umsetzung sei allerdings extrem kompliziert und schwierig. Eventuell könnte eine zusätzliche Mehrwertsteuer die Lösung sein, die voll auf die Höfe zurückfließt. „Der LEH hilft uns nicht, das hat auch die Politik verstanden“, so Richenhagen.

Von einer Preisbindung für Lebensmittel, wie ein Zuhörer vorschlug, hält er übrigens nichts. Das wäre nicht umsetzbar und man könne dem Handel nicht vorschreiben, wie er arbeiten soll.

Der Manager glaubt außerdem nicht daran, dass der Verbraucher den Landwirten an der Ladenkasse hilft und freiwillig mehr bezahlt. „Ein Problem in Deutschland ist auch, dass zwischen den Machern, also den Landwirten, und den Verhinderern, den Politikern, nicht mehr gesprochen wird. In anderen Ländern wird viel mehr geredet, z.B. in Frankreich und auch in den USA“, so der Honorarprofessor für Management in der Agrartechnik an der TU Dresden weiter. Ziel müsse sein, dass man den Bauern wieder glaubt und ihre Ideen anhört. Als Beispiel lobte der Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse kleine Maßnahmen wie das Kiebitz-Programm im Kreis Warendorf, dass die Landwirte zusammen mit Naturschützern entwickelt haben.

Welternährung

Der Wahl-US-Bürger ist überzeugt, dass die Landwirtschaft in Zukunft 10 Mrd. Menschen ernähren kann. „Wir müssen die Produktion bei hoher Qualität verdoppeln und gleichzeitig Tierwohl und Umweltschutz vorantreiben. Wir können da weitere Marktanteile gewinnen, brauchen aber vernünftige Preise für die Erzeuger. Wir brauchen aber auch eine Landwirtschaftsministerin, die ihren Job nicht an das Umweltministerium abgibt“, polterte Richenhagen Richtung Berlin. Das habe er Klöckner auch schon öfter persönlich gesagt.

Blick in die USA

Auf die Situation in den USA angesprochen berichtete Richenhagen, dass es da zwei Typen von Supermärkten gebe: Einmal die Billigmärkte wie Lidl und Aldi, die schlechtere Qualität zu niedrigen Preisen anbieten, und die Fresh-Markets oder Hole Food Geschäfte mit hoher Qualität und hohen Preisen. Diese seien im Aufwind.

Seiner Erfahrung nach sind die Amerikaner auch noch näher an der Landwirtschaft. Für sie zählen die Fakten: Gentechnik sei eine Optimierung, man spreche positiv von „bio engineered“, während in Deutschland schon Kindergartenkinder auf das negative Wort „genmanipuliert“ geeicht würden. „Die Amerikaner sind pragmatischer und sagen, es ist nach wie vor nicht ein Fall bekannt, wo Gentechnik einen Gesundheitsschaden angerichtet hat. Auch Glyphosat ist – richtig dosiert angewendet – unschädlich. Die Fakten sprechen nicht dagegen, also ist es OK.“

Er bemerkt in letzter Zeit zudem einen Trend hin zu mehr Tierwohl. Rinder würden generell im Freien auf Weiden gehalten und bei den Hennen nehme der Wunsch nach glücklichen Tieren ebenfalls zu; der US-Bürger spreche nicht von Tierwohl, sondern stelle das Glück der Tiere in den Vordergrund. Auch die Anforderungen an die Umwelt seien bereits gestiegen. Laut dem Redner nimmt das weiter zu. Er erwartet u.a., dass die Ferkelkastration in Zukunft auch in den Staaten nicht mehr wie heute betäubungslos möglich sein wird.

Interessante Randnotiz: Für die Amerikaner sind Lebensmittel „regional“, wenn sie aus den USA kommen. Da kaum etwas importiert werde, sei das Thema „Regionale Lebensmittel“ folglich kein Thema wie bei uns.

Ein Vorbild für Deutschland und die EU könne auch die geringe Bürokratie sein, fuhr der Redner, der auch Vorsitzender des US-Landmaschinenverbandes AEM ist, fort. Es gebe in den USA nur wenige Vorschriften und Regeln. Wenn diese aber nicht eingehalten werden, drohten drakonische Strafen in Millionenhöhe samt Fotos der Verantwortlichen in den Zeitungen. „Das schreckt ab und endet für die Betroffenen anschließend meist mit einem Vergleich“, berichtete der geborene Kölner.

Brexit

Vom Brexit erwartet Richenhagen vorerst keine großen Auswirkungen auf den internationalen Handel. Sollten die Briten aber in fünf Jahren gut mit der Situation klarkommen, könne man in der EU schon nervös werden. „Dann müssen wir uns fragen, was wir falsch gemacht haben und was wir tun können, damit die Mitgliedstaaten wieder an die Gemeinschaft glauben. Und Brüssel muss sich fragen, was die Politik aus dem Brexit gelernt hat“, so der Manager. Sein grundsätzlicher Appell: „Wir sollten uns trauen, zu exportieren, auch nach England!“

Fendt-Slogan austauschen

Verärgert zeigte sich der Konzernlenker über den neuen Fendt-Werbespruch „It´s Fendt“. Den findet er nach eigenen Worten gerade in Zeiten von Themen wie Nachhaltigkeit etc. nichtsaussagend. Er habe am Donnerstag angeordnet, dass dieser getauscht wird. „AGCO ist keine Demokratie, da wird gemacht, was ich sage. Davon gehe ich auch jetzt aus“, sagte er vor den Bauern in Ahlen.

Er kam auf das Thema, weil er die Imagekampagne der Warendorfer Landwirte sehr gut findet. Es sei richtig, dass sich die Bauern zusammentun und von Fachleuten bzw. einer Agentur eine Werbekampagne entwickeln lassen. Auf die Experten müsse man hören, was allerdings wie erwähnt nicht für sein Unternehmen gilt. Für die Warendorfer Plakataktion spendete er 5.000 Euro. Das sollte auch jeder Betrieb übrig haben. Als Alleinkämpfer wäre so eine Kampagne viel teurer, warb er.

Das sagt Fendt

Auf Anfrage von top agrar stellte Fendt-Sprecher Sepp Nuscheler fest: "Der Slogan “It’s Fendt” wurde vor allem mit Blick auf die internationale Expansion von Fendt entwickelt. Vor allem aber in Deutschland, wo Landwirten oft zu Unrecht vorgeworfen wird, nicht nachhaltig zu wirtschaften, wollen wir unsere Solidarität mit Landwirten und unser Bekenntnis zum Thema Nachhaltigkeit deutlicher zeigen. Darum werden wir den internationalen Slogan erweitern. Hierzu sind wir in der Findungsphase und werden bald mit einem entsprechenden erweiterten Slogan kommen."

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