In der Debatte um die Finanzierung von Tierwohl verschärft sich der Ton zusehends. Bauernpräsident Joachim Rukwied macht seinem Ärger über die weiter ausbleibende Einigung der Bundesregierung auf eine Finanzierung von mehr Tierwohl in der Landwirtschaft Luft.
„Speziell die FDP fordere ich auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben und sich endlich zur Zukunft der Tierhaltung in Deutschland zu bekennen“, sagte Rukwied im Vorfeld der Haushaltsberatungen im Bundestag diese Woche. Ohne zusätzliches Geld werde das nicht gelingen, so Rukwied weiter.
Rukwied sieht Tierhalter allein gelassen
Rukwied forderte die Regierungsparteien erneut auf, mehr Mittel für den Umbau der Tierhaltung zur Verfügung zu stellen: „Es kann nicht sein, dass wir jahrelang über mehr Tierwohl in den Ställen sprechen und dann unsere Tierhalter im Regen stehen gelassen werden“, sagte Rukwied.
Zudem nutzt Rukwied die Haushaltsdebatte, um auf Änderungen im Bau- und Genehmigungsrechts zu drängen. Diese seien „entscheidend“, sagte Rukwied.
Ärger staut sich seit Monaten auf
Seit Monaten staut sich in der Landwirtschaft und bei den Unterstützern der Borchert-Kommission Ärger über die mangelnde Einigung der Ampel-Koalition auf eine Art der Finanzierung von mehr Tierwohl auf. Während die SPD und die Grünen den Vorschlägen der Borchert-Kommission folgen können, hatte die FDP bisher eine staatliche Finanzierung kategorisch ausgeschlossen.
FDP stellt Bedingungen für Zugeständnisse
Zuletzt hatte die niedersächsische FDP mit einem Papier, in dem sie Offenheit für ein Fonds-Modell signalisiert hat, für Aufruhr gesorgt. Zur Finanzierung von Tierwohlprämien sollte durch ein Bundesgesetz ein Tierwohl-Fonds eingerichtet werden, in den eine Abgabe von maximal 40 Cent pro Kilo Fleisch fließen soll. Nach erster Ablehnung hat sich dieser Idee nun auch FDP-Agrarsprecher Gero Hocker angeschlossen. Auch die FDP-Fraktionsspitze im Bundestag stünde dahinter, sagte Hocker gegenüber top agrar. Zur Bedingung machen sie allerdings, dass die Grünen einem Auflagenmoratorium zustimmen.
Laut dem Leiter der Borchert-Kommission, Jochen Borchert, ist eine staatlich verordnete Sonderabgabe für einen Tierwohlfonds allerdings verfassungswidrig. Weiterer Nachteil von einer staatlichen Abgabe genauso wie von einer privaten Umlage für Tierwohl ist zudem der hohe Bürokratieaufwand beim Einholen der Gelder in der Lebensmittelkette, hatten die Machbarkeitsstudien, die zu den Borchert-Vorschlägen erstellt wurden, ergeben.
Borchert-Kommission will ohne Finanzierungszusage nicht arbeiten
Am Donnerstagmittag trifft sich die Borchert-Kommission mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Eigentlich soll es um die Erteilung eines weiteren Mandates für das Gremium gehen. Doch der Ärger in dem Netzwerk ist gewaltig. Im Raum steht, dass es seine Arbeit so lange ruhen lassen will, bis die Regierung sich auf ein Finanzierungsmodell geeinigt hat.
Ampel stellt 1 Mrd. € bisher nur für Investitionen bereit
Bisher hat sich die Ampel-Koalition nur auf eine Finanzierung von 1 Mrd. € für Stallinvestitionen für die nächsten vier Jahre geeinigt. Das Geld ist Bestandteil der laufenden Haushaltsberatungen im Bundestag. Allerdings kann es von den Betrieben nicht für die Begleichung von höheren laufenden Kosten für Tierwohl eingeplant werden. Deshalb erwarten die Experten aus der Borchert-Kommission wenig Anreiz für die Betriebe auf mehr Tierwohl umzustellen.