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Migrationsdebatte

Grünen-Minister Özdemir unter Beschuss: Sorge um Tochter sorgt für Skandal

Persönliche Erfahrungen veranlassen Cem Özdemir zum Umdenken in Migrationsfragen. Seine Forderung nach Änderungen an der Asyl- und Migrationspraxis stoßen allerdings nicht nur auf Begeisterung.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Grünen stecken momentan in multiplen Krisen: Landtagswahlen in Serie verloren, auch auf Bundesebene zeigt der demoskopische Trend deutlich nach unten und nun gehen ganze Landesverbände der Grünen Jugend im Richtungsstreit von der Fahne. Da liegen die Nerven blank, was vielleicht erklärt, warum Cem Özdemir wegen einer eigentlich nachvollziehbaren Sorge ins Kreuzfeuer kommt.

Gastbeitrag in der „FAZ“

Was war passiert? Der Bundeslandwirtschaftsminister hatte sich in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) für ein Umdenken in der Migrations- und Asylpolitik ausgesprochen. Einer der Gründe dafür ist ein ganz persönlicher: Özdemir macht sich Gedanken um die Sicherheit seiner Tochter.

Dafür gibt es offenbar auch Gründe: Er schreibt von unangenehmen Erlebnissen, die seine Tochter in Berlin hatte. „Wenn sie in der Stadt unterwegs ist, kommt es häufiger vor, dass sie oder ihre Freundinnen von Männern mit Migrationshintergrund unangenehm begafft oder sexualisiert werden.“ Özdemir räumt ein, dass seine Tochter sich „ein dickes Fell“ zugelegt habe. Dennoch spüre er, wie „sie das umtreibt. Und wie enttäuscht sie ist, dass nicht offensiver thematisiert wird, was dahintersteckt: Die patriarchalen Strukturen und die Rolle der Frau in vielen islamisch geprägten Ländern.“

Erlebnisse und Gewalttaten nicht ignorieren

Der Bundesminister stellt klar, dass die meisten Migranten alles dafür tun, sich in Deutschland einzuleben und sich integrieren. Gleichwohl will der grüne Realo, dass die Erlebnisse seiner Tochter nicht einfach ignoriert werden. Auch Ereignisse wie der Anschlag von Solingen dürfen nach Überzeugung des Landwirtschaftsministers nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Er stellt deshalb klare politische Forderungen: „Das liberal-progressive Lager ist gefordert, die notwendigen Änderungen an der Asyl- und Migrationspraxis umzusetzen, gerade weil es das glaubhaft ohne den Anschein falscher Beweggründe tun kann. Dazu gehört zuvorderst das Eingeständnis, dass sich die Asylpraxis des vergangenen Jahrzehnts immer mehr zu einem Recht des Stärkeren entwickelt hat.“ Und weiter: „Wir müssen wissen, wer im Land ist. Wir müssen dafür sorgen, dass nur die im Land sind, die hier sein dürfen.“ Özdemir spricht sich ferner dafür aus, Asyl und Arbeitsmigration zu trennen und eindeutige Regeln für beide festzulegen.

Vorwürfe von „Sexismus“ und „Rassismus“

Diese Schlussfolgerungen stießen sowohl bei Politikern als auch Journalisten auf heftige Empörung. Die Journalistin Annika Brockschmidt spart dabei nicht mit Kritik und wirft Özdemir gleich „Sexismus“ und „Rassismus“ vor: „Sorge um die Tochter“ wegen „illegaler Migranten“ ist nun wirklich das sexistischste, rassistischste Klischee schlechthin. Und: nichts anderes wird seit Monaten in sämtlichen deutschen Medien durchgespielt, rauf und runter. So zu tun, als sei das nicht der Fall, ist bizarr.“

Ähnlich der Tenor beim innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Alexander Throm. Er findet es „geradezu abstoßend, wenn jetzt die eigene Tochter für politische Zwecke instrumentalisiert wird“, gegenüber der „Welt“. Gerade die Grünen hätten „im links-grünen Mainstream“ der letzten Jahre eine restriktive Flüchtlingspolitik blockiert, zum Beispiel bei der Einstufung der Maghrebstaaten als sichere Herkunftsländer.

Jüdische Allgemeine: Özdemirs Kritiker „Diskursganoven“

Es gibt allerdings auch viele Unterstützer. Diese sparen ebenfalls nicht mit starken Begriffen. In der Jüdischen Allgemeinen werden Özdemirs Kritiker beispielsweise als „Diskursganoven“ bezeichnet. Tagesspiegel-Chefreporter Julius Betschka findet es interessant, dass Gegner von Özdemirs Einschätzung behaupten, auch die Sorge um das eigene Kind spiele „nur der AfD in die Karten“. Er fragt: „Warum wird so eine fundamentale Angst nicht zumindest anerkannt, dann diskutiert, während jede andere ein eigenes Fachwort bekommt?“

Welt-Journalist Frédérick Schwilden meint sogar: „Wenn ein seit Jahren integrer Politiker wie Cem Özdemir nicht erzählen darf, was ihn bewegt, dann sind wir wirklich im Arsch.“

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