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Schlachtunternehmen im Gespräch

Zu kompliziert: Schlachter kritisieren Özdemirs Tierhaltungskennzeichnung

Wie entwickelt sich der Fleischkonsum in Deutschland? Wird die neue Haltungskennzeichnung zum Rohrkrepierer? Die vier großen Schlachtunternehmen beziehen Stellung.

Lesezeit: 5 Minuten

Für viele Verbraucher und Umweltorganisationen gilt die Formel: Weniger Tiere, weniger Flächenverbrauch = Weniger Hunger. Doch geht diese Gleichung wirklich auf? Das haben wir am 22. September mit Politikerinnen und Politikern sowie Vertreterinnen und Vertretern aus der Agrarwirtschaft in unserem Format Landwirtschaft im Dialog diskutiert. Vorab nehmen die vier größten deutschen Schlachtunternehmen im exklusiven top agrar-Interview Stellung.

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Wir sprachen mit David De Camp, Geschäftsführer Rind bei der Vion Food Group, Thomas Dosch, Politik-Chef von Tönnies, René Olsen, CEO Deutschland bei Danish Crown und Michael Schulze Kalthoff, Vorstand der Westfleisch SCE.

Ist die Tierhaltung in Deutschland noch immer wichtig?

Dosch: Die Tierhaltung ist essentiell für den Pflanzenbau. Selbst Minister Cem Özdemir als Vegetarier hat gesagt: Auch mein Gemüse braucht Tierhaltung. Und genauso ist es: Es ist sinnvoll, Tiere zu halten, um Pflanzen ernähren zu können. Zum anderen ist es auch so, dass wir maximal ein Drittel der Pflanze als Nahrung verwenden können. Den Rest der Pflanzen können Tiere in Wert setzen und in Lebensmittel verwandeln.

Die Tierhaltung in Deutschland brauchen wir allein deshalb, weil wir damit Produkte herstellen, die die Menschen konsumieren wollen. Es wäre fatal, wenn wir für die 85 bis 90 % der Gesellschaft, die gerne Fleisch essen, genau das importieren müssten.

Schulze Kalthoff: In Deutschland sind die Anforderungen an die Schweinehaltung im weltweiten Vergleich sehr hoch. Es ist doch nicht zielführend, wenn hierzulande Betriebe mit gutem Tierschutz schließen, damit in Spanien unter schlechteren Bedingungen Betriebe entstehen, die ihre Tiere am Ende nach Deutschland liefern.

Unsere Gesprächspartner

Die Kosten – Energie, Arbeit usw. – steigen immer weiter. Wie kann die ehemals sehr wettbewerbsfähige deutsche Fleischindustrie im internationalen Vergleich künftig noch bestehen?

Dosch: Wir sind aktuell in einer unberechenbaren Ausnahmesituation. Wer sich jetzt am Spotmarkt mit Strom versorgen muss, wird das nicht überleben. Wer lange Verträge hat, und mit diesen über die nächste Periode kommt, ist erst einmal besser aufgestellt.

Aber auch schon vor der Kriegs-Krise waren wir kein Gunststandort in Deutschland mehr – allein schon durch die notwendige Anpassung der Mindestlöhne. Futter billig importieren, hier günstig produzieren und Fleisch in die Welt verkaufen, das geht nicht mehr – weder ökonomisch noch ökologisch. Die einzige Option, die wir in Deutschland haben, ist die Differenzierung. Das fängt bei hohen Tierwohlstandards an und hört bei 5xD nicht auf.

Das ist Teil zwei unseres großen Interviews mit der deutschen Schlachtbranche im Rahmen von "Landwirtschaft im Dialog: Weniger Tiere, weniger Flächenverbrauch = Weniger Hunger Stimmt die Gleichung?". Den ersten Teil finden Sie hier: Zum ersten Teil!

Geht das aktuell wirklich auf? Die Angst der Landwirte ist, dass sie auf der 5xD-Ware sitzen bleiben könnten.

Dosch: Die aktuelle Situation ist besonders. Ein Beispiel: Im Bio-Fachhandel gehen die Umsätze zurück, bei den Discountern steigen die Umsätze für Bioprodukte. Gleichzeitig beteuert der LEH, langfristig an den Zielen für Tierwohl und deutscher Herkunft festhalten zu wollen. Solange die Kostenkrise für Energie anhält, werden die Konsumenten jedoch besonders preisbewusst einkaufen. Aber das ändert nichts daran, dass wir in Deutschland nur mit Qualität und Tierwohl punkten können.

Olsen: Die Rahmenbedingungen haben sich so schnell verändert, wie wir es noch nie erlebt haben – und das in allen Bereichen. Die Forderungen, die Politik, Handel und Verbraucher an uns stellen, steigen immer weiter. Daher denke ich, dass es zukünftig in Deutschland eine Produktion für Deutschland geben wird. Wir werden eher nicht zurückkommen zu dem exportorientierten Geschäftsmodell, das es früher gegeben hat.

Statt zum Schweinefilet greifen die Verbraucher vermehrt zum veganen Hack. Welche Antworten haben Sie auf den Trend rund um Fleischersatzprodukte?

De Camp: Für mich ist das eine Nische. Die Mehrheit der Bevölkerung ernährt sich mit tierischen Eiweißen. Das wird vermutlich auch so bleiben. Wir haben dann vielleicht 15 % Vegetarier, aber auch die greifen hier und da zu tierischen Produkten. Im Markt der Ersatzprodukte gibt es weit über 100 Anbieter mit großem Angebot. Ich kann mir nicht vorstellen, wie diese Masse an Herstellern im gesättigten Markt der Ersatzprodukte bestehen will.

Olsen: Danish Crown vermarktet seit gut 30 Jahren Fleischersatzprodukte. Angefangen hat das in Dänemark, weil es sich dort lohnt. In Deutschland schätzen wir den Markt als gesättigt ein und beobachten weiterhin die Entwicklung.

Schulze Kalthoff: Schweinefleisch ist und bleibt auch weiterhin die in Deutschland mit deutlichem Abstand beliebteste Fleischsorte. Über die Hälfte der konsumierten Fleischmenge entfällt auf das Schweinefleisch – im Vergleich hierzu ist der Markt der Fleischersatzprodukte doch noch verschwindend gering, wenn auch mit sicherlich deutlichem Wachstum. Gleichwohl beobachten wir den Markt sehr genau – und seit zwei Jahren sind wir hier selbst mit kleinen Volumina aktiv.

Diesen Entwurf wird Minister Özdemir überarbeiten müssen." - Thomas Dosch, Tönnies

Ist die vom BMEL vorgeschlagene Haltungskennzeichnung der richtige Weg?

Dosch: Dieser Entwurf der Haltungskennzeichnung ist nicht praktikabel und er bleibt weit hinter dem zurück, was die Borchert-Kommission empfohlen hat. Was die Kommission erarbeitet hat, war ein Zielbild fürs Tierwohl. Was für ein Sinn macht eine Haltungskennzeichnung, die nicht von diesem Zielbild getragen wird? Der Konsument muss durch aufeinander aufbauende Stufen einen Mehrwert erfahren. Das tut er hier bislang nicht.

Die Stellungnahmen von Verbänden, Institutionen und Ländern, die ich kenne, kritisieren den Gesetzentwurf in aller Schärfe - und zwar einhellig. Tierschutzorganisationen genauso wie landwirtschaftliche Organisationen. Diesen Entwurf wird Minister Özdemir, bzw. das Landwirtschaftsministerium, auf Basis der Rückmeldungen der Verbändeanhörung überarbeiten müssen.

De Camp: Die Politik muss mehr mit Experten sprechen. Seit Jahren werden Reden geschwungen, sonst nichts. Und das nervt.

Landwirtschaft im Dialog in voller Länge

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