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Schlachtviehvermarktung: 19 % Umsatzsteuer bei Vorkosten?
Seit Jahrzehnten galt die Regelung, dass die sogenannten Vorkosten bei Schlachtviehabrechnungen – Erfassungskosten, Transportkosten, Klassifizierung usw – als Nebenleistung steuerlich wie die Schlachtviehlieferung behandelt wurden. Das Schlachtvieh war mit seinen Nettoerlösen auf der Abrechnung aufgeführt, darunter folgten die verschiedenen Kostenpositionen.
Seit Jahrzehnten galt die Regelung, dass die sogenannten Vorkosten bei Schlachtviehabrechnungen – Erfassungskosten, Transportkosten, Klassifizierung usw – als Nebenleistung steuerlich wie die Schlachtviehlieferung behandelt wurden. Das Schlachtvieh war mit seinen Nettoerlösen auf der Abrechnung aufgeführt, darunter folgten die verschiedenen Kostenpositionen. Diese wurden vom Nettoerlös für das Schlachtvieh abgezogen. Der verbleibende Betrag wurde dann mit 7 % Umsatzsteuer bei optierenden oder 10,7 % Umsatzsteuer bei pauschalierenden Landwirten belegt.
Wie Dr. Frank Greshake von der Landwirtschaftskammer NRW dazu im Wochenblatt Westfalen-Lippe schreibt, haben Bund und Länder hierbei ihre Meinung im Herbst 2010 geändert. So sei entscheidend, wann der Gefahrübergang bzw. die Verschaffung der Verfügungsmacht erfolgt. Danach soll sich richten, mit welchem Umsatzsteuersatz die Vorkosten zu belasten sind.
Normalerweise vollzieht sich der Eigentumsübergang an der Waage. Bei verschiedenen Betriebsprüfungen war deshalb laut Dr. Greshake die Frage offen geblieben, ob die Vorkosten, die vor der Waage anfallen, nicht doch mit dem vollen Steuersatz von 19 % abzurechnen sind, und zwar rückwirkend für drei Jahre.
Mit Schreiben vom 18. Januar hat das Bundesfinanzministerium nun klargestellt, dass es keine rückwirkenden Forderungen der Finanzämter geben soll. Stichtag für die Neuregelung ist nun der 1. Januar 2012. Das Ministerium teilt außerdem mit, dass nicht nur die steuerliche Behandlung der Transportkosten, sondern auch die anderer Abrechnungselemente (Erfassung, Klassifizierung usw.) davon abhängen, wann sich der Gefahrübergang vollzieht.
Ganz wichtig nach Ansicht von Dr. Greshake: Juristisch gesehen schuldet der Landwirt dem Finanzamt die Umsatzsteuer. Geprüft wird aber meist nicht der Landwirt, sondern der Schlachtbetrieb oder Vermarkter. Wenn dieser falsch abgerechnet hat, holt sich das Finanzamt das Geld erstmal bei ihm wieder. Dieser dürfte dann aber Mühe haben, nachträglich die nicht erhobene Umsatzsteuer bei seinem Kunden (dem Landwirt) wieder einzutreiben.
Als elegante Lösung des Problems rät der Kammerberater, eindeutig zu vereinbaren, dass der Eigentums- und Gefahrenübergang an der Rampe des Landwirts stattfindet. Dies muss dann aber in den Allgemeinen Geschäfts- und Vertragsbedingungen ausdrücklich festgeschrieben sein. Konsequenz wäre dann aber auch, dass Tiere, die z.B. beim Transport zum Schlachthof verenden, zulasten des Käufers gehen. Bei verdeckten Mängeln muss das allerdings nicht so sein. Hier wären die Teilschäden zu nennen, die sich erst nach der Schlachtung zeigen, z.B. alte Verletzungen oder Vereiterungen. Diese kann der Käufer auch weiterhin seinem Lieferanten, dem Landwirt, in Rechnung stellen. Auch Schlachttiere, die bei der amtlichen Lebendschau bemängelt und nicht zur Schlachtung zugelassen werden, fallen unter die Regelung, dass das Risiko der Landwirt zu tragen hat. Es bleibt aber eine gewisse Grauzone, so Dr. Greshake im Wochenblatt. (ad)