Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

News

Schwarz über "Landwirtschaft in der Zerreißprobe!"

Unser Beruf hat mehr mit dem Leben der Menschen zu tun, als man sich das im täglichen Geschäft klar macht. Bauern ernähren die Menschheit auf 11 Prozent der Erdoberfläche. Das ist erschreckend wenig. Und es wird täglich weniger. Auszüge aus der Rede von Werner Schwarz auf dem Landesbauerntag 2016.

Lesezeit: 7 Minuten

Auszüge aus der Rede von Werner Schwarz, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, auf dem Landesbauerntag 2016:


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

„Egal

  • ob Ackerbauer oder Nutztierhalter,
  • ob ökologisch oder klassisch,
  • ob Haupt- oder Nebenerwerb:


Unser Beruf hat mehr mit dem Leben der Menschen zu tun, als man sich das im täglichen Geschäft klar macht.

Bauern ernähren die Menschheit auf 11 Prozent der Erdoberfläche. Das ist erschreckend wenig. Und es wird täglich weniger.


Wir erzeugen Lebensmittel von den obersten 30 Zentimetern der Erdkruste. Dies ist unser wertvollster Bodenschatz! Es gibt weltweit fast keine Region, die derartig hohe und vor allem stabile Erträge erbringt, wie Schleswig-Holstein. Das liegt an den biologischen und klimatischen Voraussetzungen. Es liegt aber auch am Knowhow der Bäuerinnen und Bauern, die seit Generationen in Generationen denken. Wir wissen, was das wert ist.


Und doch scheint dies heute nichts mehr wert zu sein! Spreche ich mit jungen Bauern, dann spüre ich einen großen inneren Konflikt. Sie sollen diesen Spagat hinbekommen

  • zwischen Markt und Meinung
  • zwischen Freiheit und Verordnungen
  • zwischen Welternährung und Wetterfrosch
  • zwischen Gegenwart und Zukunft.
Alle reißen sie am Bauern, an der Bäuerin, an unseren Familien! Diese Spannung, das zeigt auch die Stimmung unter uns Landwirten, ist nur noch schwer auszuhalten. Lassen Sie mich auf die Punkte eingehen.

Im Moment hören wir: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Das ist richtig. Der Preis ist kein Instrument der Ethik, sondern des Marktes. Er sagt nichts über den Wert eines Produktes aus, sondern nur über den aktuellen Handelswert. Und wie schnell sich dieser ändert, erleben wir beinahe täglich.


Doch sage ich auch: Der Markt soll dem Menschen dienen. Und genau hier fordern wir Fairness ein: Nicht bei den Preisen, sondern bei den Rahmenbedingungen. Hier ist ein starker Staat gefordert, als Schiedsrichter, nicht als Mitspieler. Fairness heißt nicht, den Großen stark zu machen. Es bedeutet, dem Kleinen Augenhöhe zu ermöglichen!


Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis - aber Kosten und Erlöse bestimmen den Gewinn! Auf den Erlös haben Landwirte und Politik keinen Einfluss. Die Preise gleichen sich weltweit an, die Kosten aber nicht! Hier liegt unser Wettbewerbsnachteil. Deshalb sehe ich die Politik in der Pflicht, bei staatlich verursachten Kosten Maß zu halten.


Gesetze werden routinemäßig auf ihre finanziellen Folgen für den Staat geprüft. Ich fordere eine Prüfung auf ihre ökonomischen Auswirkungen für uns! Denn im Moment ist es tatsächlich so, dass man den Gewinn der Bauern, sozialisiert, die politischen Kosten aber privatisiert.


Hinzu kommt eine Diskussion um unsere Landwirtschaft, die uns zu schaffen macht. Häufig geht man dabei mit den Fakten leichtfertig um. So war in der Zeitung zu lesen, man solle doch das gefährliche Düngemittel Glyphosat verbieten. Glyphosat ist nach fachlicher Einschätzung aber nicht gefährlich, vor allem ist es aber kein Düngemittel. Ebenso habe ich von Fahrlässigkeiten im Umgang mit männlichen Kälbern gelesen. Allerdings ohne jeden Nachweis, dass es so etwas gibt. Da kommen arge Zweifel an der Gründlichkeit der Berichterstattung auf!


Politiker wettern gegen Massentierhaltung, Monokulturen und Pestizide. Ich frage mich: Geht es noch um das Richtige oder darum, Recht zu bekommen? Von etablierten Parteien hört man die Klage, in der Flüchtlingsdebatte werde von einigen mit Schlagworten gefischt. Nur bei landwirtschaftlichen Themen scheint es akzeptabel zu sein, mit Schlagworten und schiefen Fakten nach Wählerstimmen zu angeln. Diese Diskrepanz belastet uns!


Ich sage ganz deutlich: Es gibt sie, Kritiker mit Sachverstand. Sie diskutieren auf Augenhöhe und sie bewegen etwas. Die Initiative Tierwohl ist durch solche Tierschützer entstanden. Dafür sind wir dankbar. Mit ihnen arbeiten wir zusammen. Kritiker, die uns vorwerfen, Glyphosat als Dünger zu verwenden, Schweineschnauzen passend für die Stallgröße abzuschneiden, mit MRSA-Keimen ganz Deutschland resistent zu machen, diese Kritiker wollen keine Diskussion. Sie wollen siegen, mit dem Recht des Meinungsstärkeren.

Jeder verhinderte Stall ist ein guter Stall! Ist es so einfach? Wollen wir mit den Folgen leben, die dies gebiert? Nämlich weniger Tierschutz, weniger Wirtschaftskraft, weniger Arbeit auf dem Land? Es wird Zeit, diese Fragen zu stellen.


Es wird auch in anderer Hinsicht Zeit, die richtigen Fragen zu stellen. Die Flüchtlingsdramatik zeigt, dass wir drängendere Themen haben als die Frage, ob nun die Kuh oder der Porsche mehr CO2 erzeugt. Wenn ein Sportwagen so viel umweltfreundlicher ist - was wohl niemand ernsthaft glaubt -

  • Soll er doch Milch und Fleisch erzeugen.
  • Soll er unsere Wiesen pflegen und Artenvielfalt sichern.
  • Soll er doch flächendeckend und bis in den letzten Winkel Arbeit auf dem Lande sichern.
Er wird nicht schaffen, was hunderttausende Bauern in ganz Deutschland heute ermöglichen.

Solche irrealen Vergleiche treffen uns ins Herz! Wissen wir noch, was wir da diskutieren? Die gesunde, sichere Ernährung ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Für Flüchtlinge ist sie ein Grund, ihre Heimat aufzugeben!


Wir wollen uns dabei nicht herausreden. Das haben wir nicht nötig. Im Gegenteil: Wir versprechen schon heute, dass wir in zehn Jahren noch tiergerechter, umweltfreundlicher, dabei immer noch erschwinglich erzeugen werden. Aber es gilt eben auch für die Bäuerin, für den Bauern: Heimat muss Zukunft bieten oder sie wird selbst zur Vergangenheit! Trotzdem erleben wir,

  • dass gesellschaftliche Forderungen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten widersprechen,
  • dass unser Eigentum von der Sozialpflichtigkeit äußerst beansprucht wird,
  • dass Unternehmertum durch staatliche Kontrollen beinahe stranguliert wird,
  • dass die Freiheit, sich um Tiere und Pflanzen kümmern zu können, im Regelungsdickicht erstickt.
Ich sage deutlich: Dieses Spannungsfeld droht uns zu zerreißen. Die Grenze ist erreicht! Wer dies von uns verlangt, der soll es vormachen!


Herr Minister Habeck.

Ich verstehe, wenn Sie sich auf Bundesebene profilieren müssen. Aber bevor Sie uns mit waghalsigen Manövern vorschreiben, wie sich Landwirtschaft zu ändern hat, zeigen Sie uns bitte, wie es geht! Das Land ist im Besitz von zehntausenden Hektaren. Es sind die Flächen der Stiftung Naturschutz.

Machen Sie dort den Feldversuch, wir werden folgen – bei Erfolg!


Sie sagen: Die Gesellschaft will Veränderung. Wir fragen: Wie? Machen Sie es vor!

Sie fordern alternative Antworten. Ich denke, wir haben ein Recht darauf, diese von Ihnen zu erfahren. In Theorie und Praxis.


Ich habe Ihnen unsere Antwort vor zwei Jahren hier auf dem Bauerntag gegeben: Wir plädieren für eine „natürliche“ Freiheit. Denn wir Bauern haben mit Natur zu tun! Deshalb brauchen wir die Freiheit uns nach dem Wetter, nach Pflanzen und Tieren richten zu dürfen. Diese natürliche Freiheit ist unlösbar verbunden mit einer hohen Verantwortung der Natur gegenüber.


Beispielgebend ist die Allianz für den Gewässerschutz. Diese Allianz verbindet Freiheit mit Verantwortung. Sie nimmt uns Bauern in die Pflicht, aktiv zu werden. Aber sie nimmt die Politik auch in die Pflicht - nämlich, sich zurückzuhalten. So kann es gehen! So muss es gehen!


Gesetze erzeugen keine Lebensmittel! Medienberichte machen nicht satt! Und Bürgerinitiativen bewirtschaften keinen Boden. Setzen wir unsere Landwirtschaft nicht aufs Spiel. Denn dieses Spiel kann und wird niemand gewinnen.


Jeder reißt an uns und will etwas von uns. Dieses zeigt mir aber auch: Wir werden gebraucht! Die Aufgaben sind global, aber die Lösung erfolgt vor Ort. Und dort sitzen wir. Deshalb sollten wir diese Zeit auch als Motivation sehen.


Nur gemeinsam werden wir es schaffen. Dazu müssen wir auch die Zerreißproben innerhalb des Berufstandes gemeinsam lösen: Im Milchmarkt, im Pachtmarkt und in einer Diskussion um die „richtige“ Landwirtschaft, die uns zunehmend von außen aufgedrängt wird.


Lassen Sie uns zusammenstehen: In der Familie, im Ort, im Land! Ich wende mich heute auch an jeden, der sich für einen Weg aus der Landwirtschaft heraus entscheidet – manchmal sich entscheiden muss: Wir sind auch für Sie da. Als Bauernverband ist es unser Ziel, so viele bäuerliche Familienbetriebe wie möglich in die Zukunft zu führen.

  • Packen wir das an.
  • Machen wir klar, dass wir gerne Bauern sind, aber dass es sich lohnen muss.


Und sagen wir dem Bürger: Unser Erfolg – das sind Deine Lebensmittel. Gönne uns diesen Erfolg - auf 11 Prozent der Erdoberfläche, auf 30 Zentimetern der Erdkruste!

Du selber, lieber Bürger, hast am meisten davon!“

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.