EU-Agrarkommissar Christophe Hansen wirkte zufrieden, als er am Mittwoch in Brüssel vor die wartenden Journalisten trat: „Wir bringen den Pragmatismus in die Agrarpolitik zurück." Mit diesen Worten präsentierte Hansen einen Gesetzesvorschlag, der die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) vereinfachen und die Landwirte vom Schreibtisch holen soll.
Es wird kompliziert
Bereits im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommission die GAP geändert: Kurz nach den Bauernprotesten und kurz vor der Europawahl fiel die verpflichtende Stilllegung von 4 % der Ackerfläche eines Betriebes weg. Diese Mini-GAP-Reform war schnell erklärt und freute viele Bauern.
Diesmal ist die Sache komplizierter: Um ihre Pläne zu erklären, musste sich die EU-Kommission mehr Zeit nehmen. Über eine Stunde informierten Kommissionsbeamte Journalisten am Dienstag vorab über ihre Pläne. Was die Kommission plant, wirkt in die Details der komplexen GAP-Gesetze.
Ob die Vereinfachungen am Ende aber wirklich bei den Landwirten ankommen und nicht nur bei den Verwaltungen, muss sich zeigen.
Mehr Freiraum für Mitgliedstaaten
Denn Hansen kommt mit seinem Paket zuallererst den EU-Mitgliedstaaten entgegen. Deren Verwaltungsbeamte dürften sich freuen. Sie müssen künftig weniger nach Brüssel melden und die EU-Kommission seltener um Erlaubnis bitten, wenn sie ihre GAP-Strategiepläne ändern.
Konkretes für Bauern?
Nach Konkretem für die Landwirte muss man genauer suchen:
Landwirte, die weniger als 2.500 € pro Jahr aus der GAP beziehen, müssen keine GLÖZ-Standards mehr nachweisen. Das betrifft deutlich mehr als die Hälfte der 9 Millionen EU-Landwirte. In Deutschland hätte das 2023 immerhin gut 83.000 der 310.000 Begünstigten betroffen.
Auch Bio-Landwirten kommt die EU-Kommission entgegen. Sie sind nun wieder „green by definition“. Das heißt, dass sie für die EU-Subventionen deutlich weniger Nachweise erbringen müssen als ihre konventionellen Kollegen.
Für konventionelle Landwirte, die mehr als 10 ha Land bewirtschaften, sind die Vereinfachungen begrenzt. Ihr Ackerland müssen sie künftig seltener pflügen, bevor es seinen Ackerstatus verliert und zu Dauergrünland wird. Alle sieben Jahre statt bislang alle fünf.
Die EU-Kommission weiß, dass ihr Paket allein noch nicht allen Landwirten nützt. Um das Bürokratie-Geflecht auf den Bauernhöfen wirklich zu entwirren, braucht es die Mitliedstaaten und ihre Institutionen, wie Hansen zu Recht wiederholt betonte.
Was die Bürokratie besonders schlimm macht
Die EU-Kommission hat fast 30.000 Landwirte in der EU gefragt, was sie nervt.
Ein Ergebnis: Das, was die Bürokratie auf den Höfen besonders schlimm macht, sind ihre vielen Ebenen.
Der Landkreis möchte dies vom Bauern wissen, die Landesregierung fordert jenes. Der Bund spricht bei der ersten GAP-Säule mit und die EU setzt den Rahmen dafür. Vor allem Erzeuger von Fleisch, Milch oder Sonderkulturen können dann noch ein Lied singen von den teils absurden Ansprüchen, die der Handel an sie stellt.
Die Ansätze der EU-Kommission sind daher ein Schritt in die richtige Richtung. Sie zeigen aber einmal mehr: Bürokratie abbauen ist hoch komplex.
Ziehen nicht alle Beteiligten mit, bleibt es bei Ankündigungen und markigen Worten – und für die Landwirte bei der nervigen Zeit am Schreibtisch.