Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus EUROPA/ Brexit/Notfallmaßnahmen

So sehen die landwirtschaftlichen Notfallmaßnahmen für den harten Brexit aus

Brüssel beschleunigt die Notfallmaßnahmen für einen ungeregelten Brexit. In der Woche vor dem womöglich letzten Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs vor einem definitiven Brexit-Datum, suchen die EU-Staaten im PAFF Ausschuss die SPS-Zertifizierung für Lebenmittel und Pflanzenschutz im Vorfeld noch unter Dach und Fach zu bringen.

Lesezeit: 5 Minuten

Die EU-Kommission macht sich kaum noch Hoffnungen, dass es bis zum 12. April noch zu einem geregelten Austrittsabkommen mit Großbritannien aus der EU kommt. Dies machte Kommissionsvizepräsident Jyrki Katainen am Donnerstag bei der Vorstellung von Maßnahmen für ein „No Deal“-Szenario im Bereich von Öffentlicher Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Brüssel deutlich.

„Ein no deal Szenario und somit ein ungeregelter Austritt des Vereinigten Königreichs (UK) aus der EU ist als höchstwahrscheinlich anzunehmen“. Mit dieser unzweideutigen Formulierung machte einer der prominentesten Stellvertreter von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor der Presse deutlich, dass die konkreten Vorbereitungen für einen ungeregelten Austritt inzwischen höchste Priorität genießen und in der Brüsseler Behörde auf Hochtouren laufen.

Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Gegenüber Drittstaat Großbritannien EU-Lebensmittelstandards hochhalten

Die seit Dezember 2017 angelaufenen Vorbereitungen für den Fall eines ungeordneten Austritts verfolgten das Ziel, sowohl in der Versorgung mit lebenswichtigen Arzneien als auch im Warenaustausch von landwirtschaftlichen Produkten und Lebensmitteln, die europäischen Standards im Bereich Lebensmittelsicherheit weiter zu gewährleisten.

„Die EU verfügt über die höchsten Lebensmittelsicherheitsstandards in der Welt und es ist unser fester Wille, diese auch in Zukunft zu gewährleisten bei Lebensmittelimporten aus dem Vereinigten Königreich“, betonte Katainen. Großbritannien wird nach einem harten Brexit automatisch ab dem 12. April um Mitternacht zum Drittstaat-Exporteur vergleichbar mit Brasilien, China oder der Ukraine.

Brüssel zieht die IT-Stecker beim gemeinsamen Informationssystem für Lebensmittelgefahren

Dann kommen auf den bilateralen Warenaustausch zwischen UK und dem Kontinent erheblich erschwerte Bedingungen zu. Milchprodukte, Fleisch, verarbeitete Lebensmittel, Getränke oder der Export von Lebendtieren in die EU wird nicht nur zollrechtlich, sondern vor allem lebensmittelhygienisch zum enormen Abfertigungsproblem. Im Klartext müssen alle britischen Waren die für den schnellen Verzehr bestimmt sind sowie der Export von Lebendtieren nach ihrer Herkunft zertifiziert und mit EU-Unbedenklichkeitszertifikat versehen werden.

Statt stichprobenartiger Kontrollen wird es künftig hohe Kontrollschlagzahlen geben

Das bedeutet aber, dass UK ohne umfängliche Anerkennung der EU-Lebensmittelsicherheitsstandards und -Kontrollsysteme zum permanenten Kontrollfall wird. Die bisher lediglich stichprobenartigen Kontrollen des Warenverkehrs werden enorm ausgeweitet werden müssen und jenseits der zusätzlichen Zollformalitäten an den Grenzen, Häfen und Warenannahmestellen intensiviert werden. Die EU hat bereits für diesen Fall rund 2.000 zusätzliche Zoll- und Lebensmittelkontrolleure in Marsch gesetzt.

Denn schon am Tag 1 nach dem ungeregelten Austritt kappt die EU-Kommission in Brüssel die Verbindung des „Rapid Alert“-Systems zur gegenseitigen Benachrichtigung über Beeinträchtigungen und Gefahren der Tier- und Pflanzengesundheit sowie epidemischer Krankheiten gegenüber London. Ein kontinuierlicher Informationsaustausch zum Beispiel über einen Ausbruch von Maul- und Klauenseuche, Blauzungenkrankheit, Afrikanischer Schweinepest oder von mit Salmonellen verunreinigten Lebensmitteln wird es dann nicht mehr automatisch geben.

EU-Lebensmittelhandel mit Britischen Inseln wird kein Leichtes mehr sein

Mit erheblichen Beeinträchtigungen müssen aber vor allem Landwirte, Obst- und Gemüse-Erzeuger sowie Lebensmittelproduzenten aus der EU rechnen, wenn sie weiter wie bisher ihre Waren über den Kanal Richtung UK absetzen wollen. „Großbritannien bezieht derzeit fast drei Viertel seiner Lebensmittel (73%) aus der EU“, verdeutlichte Kommissionsvizepräsident Katainen die neue Dimension der künftigen Handelsabwicklung.

Vor allem wenn es nicht zu einer Backstop-Regelung und Offenhaltung der Grenzen im sensiblen Verhältnis zwischen dem großen Agrar-Exporteur Irische Republik als Teil der EU und dem Nordirischen Teil im Hoheitsgebiet von UK kommt, drohen verschärfte Warenkontrollbedingungen an der irischen grünen Grenze, die dann aus EU-Sicht zur Außengrenze wird. Um Wirtschaftskriminalität und Etikettenschwindel im Agrarhandel nicht Tor und Tür zu öffnen, sieht sich die EU-Kommission gezwungen, eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu ziehen mit EU-Kontrollposten für Waren- und Personenverkehr.

Aber Bauern könnten dann auch nicht einfach im Handgepäck oder als persönliche Reise-Utensilien deklariert mit dem Eurostar auch nur ein Liter Milch oder ein Schaf unter dem Tunnel ins französische Calais transportieren. Ja bereits das persönliche Butterbrot oder English breakfast im Kanalverkehr fiele dann unter das Verbot der Mitnahme von Speisen und Getränken.

„Die dann notwendig werdenden Kontrollen sollen in einer möglichst den Warenverkehr nicht unterbrechenden Art und Weise erfolgen“, versuchte Katainen Fragen nach den konkreten Maßnahmen zu beantworten.

Mit diesen sehr technischen und praktischen Fragen über die Auswirkungen von Lebensmittel- und landwirtschaftlichen Produktkontrollen sowie der Einhaltung von Hygiene- und Lebensmittelsicherheitsstandards wird sich der Ständige EU-Ausschuss für Tier- und Lebensmittelgesundheit sowie Pflanzenhygiene (PAFF) am 9. und am 11. April in Sachen Brexit befassen. Dann sitzen britische Experten noch mit am Brüsseler Verhandlungstisch.

Copa Cogeca fordert verstärkte Brexit-Notfall-Vorsorgemaßnahmen

Der EU-Bauernverband und die Genossenschaftsbetriebe (Copa Cogeca) haben sich gemeinsam mit den Organisationen der Lebensmittel- und Getränkeindustrie in einem Eilbrief Ende März an die EU-Kommission gewandt mit der Forderung, die Brexit-Notfallmaßnahmen zu intensivieren.

Die Vertreter der Lebensmittelkette forderten in ihrem Schreiben, „vorübergehend vereinfachte Verfahren für Erzeugnisse der Land- und Lebensmittelwirtschaft der EU vorzusehen, welche eine Abfertigung der Waren vor Ort bei den Marktteilnehmern, die gegenseitige Anerkennung von SPS-Zertifizierung (Lebensmittelsicherheit und Pflanzenschutz) durch die EU und das Vereinigte Königreich sowie die Ausarbeitung eines maßgeschneiderten Plans zur Unterstützung spezifischer Produktionsbereiche wie der Viehzucht“ zu ermöglichen.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.