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So will schwarz-grün in Schleswig-Holstein Agrarpolitik machen

Die schwarz-grüne Koalition in Schleswig-Holstein teilt Landwirtschaft und Umwelt in zwei Ministerien unter sich auf. Ein wortreiches agrarpolitisches Programm will zwischen Bund und Land vermitteln.

Lesezeit: 7 Minuten

In Schleswig-Holstein haben CDU und Bündnis 90/Die Grünen gut sechs Wochen nach der Landtagswahl ihren Koalitionsvertrag bis 2027 vorgestellt. Sie trennen darin Landwirtschaft und Umwelt in zwei verschiedene Ministerien auf. Künftig gibt es im Norden ein Ministerium für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz, bei dem die CDU die Leitung inne hat. Wer dort Ministerin oder Minister wird, will die CDU erst am Montag bekannt geben.

Landwirtschaft an CDU, Umwelt an Grüne

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Die Grünen bekommen das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur. Umweltminister wird dort der bisherige Staatssekretär Tobias Goldschmidt aus dem vorher gemeinsamen Umwelt- und Landwirtschaftsministerium. Der bisherige Agrarminister Jan Philipp Albrecht von den Grünen ist seit Juni Chef der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Mit der Trennung schafft schwarz-grün mit acht Ressorts nun ein Ministerium mehr als die bisherige Jamaika-Regierung. Es heißt, das die CDU das eigenständige Landwirtschaftsministerium gegen das Plädoyer der Grünen durchgesetzt habe.

Keine höheren Standards

Inhaltlich einigten sich CDU und Grüne in der Agrarpolitik auf einen wortgewaltigen langen Text. Er macht sichtbar, wie die Kompromisse im Bundesrat zwischen der CDU, die im Bund in der Opposition sitzt, mit den im Bund regierenden Grünen aussehen könnten. So verspricht schwarz-grün in Schleswig-Holstein die Bundes- und EU-Standards nicht weiter verschärfen zu wollen. Zudem wollen sie daran arbeiten, die Tierwohlstandards auf Ebene der Europäischen Union zu harmonisieren. Der in der letzten Legislaturperiode begonnene Dialogprozess „Zukunft der Landwirtschaft“ soll fortgeführt und die 24 Thesen als Grundlage des künftigen Handelns beachtet werden.

Offene Formulierung zum Green-Deal

Zum Green-Deal und den Pflanzenschutzzielen aus der EU positionieren sich die neuen Koalitionäre unkonkret. „Wir setzen uns dafür ein, dass die Ziele des Green-Deal und der Farm-to-Fork-Strategy weiter vorangebracht werden, gemeinsam mit der europäischen Agrarpolitik gedacht werden und eine nachhaltige Versorgungssicherheit gewährleistet wird“, heißt es im Koalitionsvertrag. Anpassungen auf Grund von aktuellen Entwicklungen wollen sie „angemessen berücksichtigen“ sowie Umweltleistungen „entsprechend honorieren“. Beides zielt wohl auf die aktuelle Debatte über die Intensität des Anbaus in der EU und die Stilllegungsflächen ab.

Vorbereitung auf Gemeinwohlprämie

Zur Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) verspicht die künftige Landesregierung ein „attraktives und abgestimmtes Angebot“ an Eco-Schemes und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) in der zweiten Säule für alle Betriebstypen, insbesondere für Milchviehbetriebe mit Weidetierhaltung und Ökobetriebe. Für die nächste Agrarreform ab 2027 will die neue Regierung als Modellprojekt das in Schleswig-Holstein konzipierte Punktemodell des Deutschen Verbandes für Landespflege (DVL) zu einer echten Gemeinwohlprämie weiterentwickeln.

Tierwohlabgabe und flächengebundene Tierhaltung

In der Tierhaltung setzt schwarz-grün ganz auf die Borchert-Kommission, die sie auch namentlich im Koalitionsvertrag nennt. Sie spricht sich für ein vereinfachtes Baurecht und Genehmigungsrecht für Tierwohlställe und zur Finanzierung für eine Tierwohlabgabe aus. Dafür will sich schwarz-grün laut dem Koalitionsvertrag im Bund einsetzen. Zudem bekennt sich das Bündnis zu einer „durch Steuer-, Dünge- und Baurecht flächengebundenen Tierhaltung“.

Unterstützung für Schweinebetriebe

Außerdem plädiert die Koalition für eine Haltungs- und Herkunftskennzeichnung, die auch in der Gastronomie und bei verarbeiteten Produkten wirken soll. Für Schweinebetriebe und Ferkelerzeuger verspricht schwarz-grün ein Beratungsangebot und Unterstützung für umfangreiche Investitionsprogramme für die Betriebe, die auf Bundesebene auf den Weg gebracht werden sollen.

Restriktiveres Gänsemanagement

Restriktiver will schwarz-grün gegenüber Wildgänsen vorgehen. So will die Koalition „zeitnah“ einen Antrag bei der EU-Kommission stellen, um den günstigen Erhaltungszustand der Nonnengans feststellen zu lassen, um besser gegen die bisher strenger geschützten Nonnengänse vorgehen zu können. Dieser Antrag soll auch die Frage umfassen, welchen Förder- und Entschädigungsspielraum eine Bejagung der Nonnengänse zulassen würde. Bei der Graugans will die Koalition wie bisher alle Voraussetzungen dafür schaffen, die jagdlichen Instrumente, einschließlich des Eiersammelns, zu nutzen, um den Bestand zu regulieren, ohne den Erhaltungszustand der Art zu gefährden. Zudem will es den Vertragsnaturschutz ausbauen und durch Entschädigungsmodelle ergänzen und dafür auch Finanzmittel zur Verfügung stellen. Den Wolf will schwarz-grün mit ganzjähriger Schonzeit ins Jagdrecht aufnehmen.

Digitale Nährstoffüberwachung, vereinheitlichte Gewässerrandstreifen

Für die Umsetzung der Düngeverordnung verspricht die Koalition in den Roten Gebieten perspektivisch für besonders gewässerschonend wirtschaftende Betriebe eine Differenzierung der düngerechtlichen Auflagen zu ermöglichen. Zudem will sie eine digitale Plattform etablieren, die die Landwirtinnen und Landwirte bei einer verbesserten Nährstoffnutzung sowie den Vollzug düngerechtlicher Vorschriften unterstützt. Die vielgestaltigen Regelungen zu Gewässerrandstreifen aus unterschiedlichen Rechtsbereichen will sie landesrechtlich zu einer klaren, vollzugstauglichen Regelung zusammenführen. In Anbetracht der Gewässerdichte in Schleswig-Holstein und zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit soll es weiterhin Erleichterungen für kleine Gewässerläufe geben.

Entbürokratisierung der Agrarverwaltung

Landwirtinnen und Landwirte, die ihre Daten auf freiwilliger Basis den Kontrollbehörden zur Verfügung stellen, sollen davon in der Risikobewertung profitieren. Zudem will schwarz-grün innovative Techniken wie zum Beispiel solarbetriebenen Jätroboter, digital gesteuerte Düngeausbringung, GPS gesteuerte Hack- und Drillmaschinen oder Unkraut- Erkennung durch Künstliche Intelligenz (KI) und Drohnen fördern.

Kollision der Ministerien bei Klimaschutz und Naturschutzrecht

Auch wenn künftig Klimaschutz und Landwirtschaft in getrennten Ministerien ist, will schwarz-grün ein unabhängiges „Kompetenzzentrums für klimaeffiziente Landwirtschaft“ gründen, welches die Landwirtschaft dabei unterstützen soll, Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Auch einen offenen Dissens sprechen CDU und Grüne im Koalitionsvertrag an. „Bezüglich des im Landesnaturschutzgesetz verankerten Vorkaufsrechts haben die Koalitionspartner unterschiedliche Auffassungen. Solange die Ausübung des Vorkaufsrechtes eine Größenordnung von insgesamt 100 Hektar pro Jahr nicht überschreitet, werden wir an der Rechtslage nichts ändern“, heißt es dort.

Flächenverbrauch bis 2030 reduzieren

Die Flächeninanspruchnahme will die neue Koalition auf 1,3 Hektar pro Tag bis 2030 reduzieren. Flächenverbräuche, die der Transformation zur Klimaneutralität dienen, sollen temporär nicht auf das 1,3 Hektar Ziel angerechnet werden. Auf Bundesebene will Schleswig-Holstein eine Initiative starten, dass unter anderem Freiflächen-Solarenergieanlagen als befristete Landnutzungsform nicht als neue Siedlungs- und Verkehrsfläche anzurechnen sind.

Ökolandbau verdoppeln

Schwarz-grün hat das Ziel, den Anteil an ökologisch wirtschaftenden Betrieben zu verdoppeln. Mit einer Ökolandbaufläche von rund 6,5 % an der landwirtschaftlichen Fläche liegt Schleswig-Holstein im Bundesvergleich eher auf einem der hinteren Plätze. Bereits in der Lehre sollen die konventionellen und ökologischen Auszubildenden im 3. Ausbildungsjahr einen spezialisierten und gemeinsamen Unterricht erhalten. Vor dem Hintergrund des europäischen Green Deal und der Ausbauziele des Bundes für die ökologische Landwirtschaft hält das Bündnis eine personelle Stärkung der Ökokontrolle für notwendig.

Mehr regionale Vermarktung und Gemüse

Förderung verspricht schwarz-grün für regionale Wertschöpfungsketten und lokale Absatzmöglichkeiten für Nahrungsmittel. Dafür sollen Genehmigungen für kleine Molkerei- und Fleischerei- oder Schlachtbetriebe vereinfacht und digitale Plattformen unterstützt werden. Zudem soll der regionale Gemüseanbau über Beratungsangebote für die Betriebe und Vermarktungsstrukturen gestärkt werden.

Schulkinder auf Bauernhöfe

Das bestehende Projekt „Schulklassen auf dem Bauernhof“ soll fortgeführt werden. Jedes Schulkind soll in Schleswig-Holstein im Laufe seiner Schulzeit einmal einen Bauernhof besucht haben.

Bauernverband zufrieden

Der Bauernverband Schleswig-Holstein äußerte sich zufrieden mit dem Koalitionsvertrag. „Wir können mit den meisten Aussagen zu den Themen Landwirtschaft und Umwelt gut leben“, sagte der Präsident Werner Schwarz. Allerdings sieh der Verband die Trennung der Ressorts Landwirtschaft und Umwelt skeptisch. Es gebe viele Berührungsflächen von Landwirtschaft, Naturschutz und Gewässerschutz und es habe sich bewährt, dass die Maßnahmen dazu in einem Hause abgewogen und entschieden wurden. Der Prozess würde nun aufwändiger werden, schätzt Schwarz.

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