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SPD schäumt vor Wut über Schmidts Glyphosatzustimmung

In der SPD ist man sehr verärgert über den Alleingang von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) am Montag in Brüssel. Es ist die Rede von Vertrauensbruch, Verrat und gezielter Attacke gegen eine mögliche Fortsetzung der Großen Koalition. Die Grünen fordern Schmidts Rücktritt, die FDP Aufklärung.

Lesezeit: 5 Minuten

In der SPD ist man sehr verärgert über den Alleingang von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) am Montag in Brüssel. Dort hatte er im Namen der deutschen Regierung für eine Verlängerung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat für weitere fünf Jahre gestimmt, obwohl der Noch-Koalitionspartner SPD ausdrücklich dagegen war und dies vorher mit dem Minister abgesprochen hatte. Demnach hätte Schmidt – auch laut Geschäftsordnung - mit einer Enthaltung votieren müssen, was die weitere Zulassung verhindert hätte.


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Dementsprechend werten die Sozialdemokraten die Entscheidung Schmidts als Vertrauensbruch, Verrat und gezielte Attacke gegen eine mögliche Fortsetzung der Großen Koalition. SPD- Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles sieht einen "schweren Vertrauensbruch" und einen "Crashkurs". Parteivize Ralf Stegner spricht von einem "Schlag ins Kontor". Er verweist darauf, dass das Verhalten Schmidts nicht den anstehenden Gesprächen zwischen beiden Parteien diene. Stegner verlangt nun ein Signal von der Union und fragt, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) davon gewusst habe.  Merkel hatte zuvor grundsätzlich befürwortet, den Wirkstoff weiter anzuwenden.


Grüne fordern Schmidts Rücktritt


Die Grünen fordern unterdessen Aufklärung über das Zustandekommen des deutschen Votums. Renate Künast nannte es einen „ungeheuren Vorgang“, dass Schmidt zugestimmt habe. „Ich möchte wissen, ob das mit Wissen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) passiert ist“, wird sie von der Deutschen Presse-Agentur zitiert. Ansonsten müsse sie den Minister entlassen, sagte Künast. Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann richtete eine schriftliche Frage an die Regierung, um zu klären, wer welche Weisung an den deutschen Vertreter im zuständigen EU-Gremium erteilt habe.


Und in einem Kommentar des tagesspiegels heißt es: Dies sei "politische Realsatire. Es ist Klientelpolitik von der dümmsten Sorte zum falschesten aller Zeitpunkte." In Brüssel frage man sich nun, ob sie (die Entscheidung) gilt, und ob das der erste Vorgeschmack auf die neue deutsche Bananenrepublik ist, die angesichts des Chaos bei der Regierungsbildung gefürchtet wird."


Rückendeckung aus der Union


Unterstützung bekommt Schmidt dagegen von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Der Minister sei einem Vorschlag der EU-Kommission gefolgt und habe zusätzlich positive umweltrelevante Bedingungen erreicht. „Die Zulassungsverlängerung bringt Klarheit und Sicherheit für die landwirtschaftlichen Betriebe“, sagte Dobrindt.


Die FDP hat unterdessen Bundeskanzlerin Merkel aufgefordert, die Unstimmigkeiten bei der Zulassungsverlängerung rasch aufzuklären. „Die vorsätzliche Verletzung der gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesregierung stellt die Koalitionsfähigkeit als solche in Frage“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, der dpa. Bundeskanzlerin und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) „müssen nun schnell aufklären, was sie davon wussten und welche Konsequenzen dieser Verstoß nach sich zieht“.


„Entscheidung war vernünftig!“


Holger Romann vom ARD-Studio Brüssel meinte in der Tagesschau, Schmidt habe mit seinem tolldreisten Theatercoup dafür gesorgt, dass die mächtige Agrarnation Deutschland, der größte Nettozahler der EU, sich nicht länger feige hinter einer Stimmenthaltung versteckt und so eine ehrliche politische Mehrheit für oder gegen Glyphosat in Brüssel verhindert. Mit der ebenfalls federführenden Ressortkollegin von der SPD, Umweltministerin Barbara Hendricks, war das offensichtlich nicht abgestimmt.


„Lässt man die ohne Frage spannende Berliner Sphäre einmal außer Acht und betrachtet den Fall ausschließlich durch die Brüsseler Brille, kann man die erstaunliche Wendung im vorerst letzten Akt der "Glypho-Saga" nur begrüßen. Denn in der Sache ist die Entscheidung vernünftig und sie war - angesichts des unwürdigen Schwarzer-Peter-Spiels zwischen Kommission und Mitgliedsstaaten - längst überfällig“, so Romann weiter.


Schon im vergangenen Jahr hatte die europäische Lebensmittelbehörde EFSA grünes Licht gegeben. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, und zuletzt die europäische Chemikalienagentur ECHA hatten Glyphosat, bei fachgerechter Anwendung, Unbedenklichkeit bescheinigt. Dass eine Unteragentur der WHO den Wirkstoff als "wahrscheinlich krebserregend" einstuft, stehe dazu nur scheinbar im Widerspruch - denn die prüft nicht das konkrete Risiko für Mensch und Tier, sondern testet, ob ein Stoff prinzipiell und in höheren Dosen gesundheitsschädlich sein könnte, erklärt der ARD-Journalist weiter.


„Dank Deutschland, das seit der Bundestagswahl angeblich handlungsunfähig ist, haben die Mitgliedsstaaten der EU in allerletzter Minute Handlungsfähigkeit bewiesen und die Verantwortung in einer wichtigen Frage nicht wieder auf die Kommission abgewälzt. Die hätte - unter Berufung auf eine entsprechende Empfehlung des EU-Parlaments - ohnehin in Kürze so entschieden, um eine Flut teurer Schadenersatzklagen der Hersteller abzuwenden“, so Romann.


Jetzt hätten alle Beteiligten, inklusive der Wissenschaft, weitere fünf Jahre Zeit, um die Akte Glyphosat noch einmal gründlich durchzugehen und insbesondere die Wechselwirkungen mit sogenannten Beistoffen oder etwaige Zusammenhänge mit dem Artensterben zu prüfen. Auch der Ruf Frankreichs, nach verträglichen Alternativen zu suchen, sei nicht vom Tisch. Das Entscheidende aber: Die Landwirte hätten Planungssicherheit, und die zwischenzeitlich hysterische Debatte, die uns Verbraucher nur verängstigt hat, werde sich hoffentlich beruhigen, sagte Romann in seinem Kommentar.

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